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stein, fehlt eine solche; hier bilden lediglich die Häuser die Umwehrung.
Der östliche Theil der Landmauer vom Main bis zum Affenthor zeigt
zwei Reihen Thürme: eine auf der Stadtmauer, die zweite in Verbindung
mit der Grabenmauer, davor den Graben; im westlichen Theile vom Affen-
thor bis zum Ulrichstein sehen wir nur noch die innere, mit Thürmen
besetzte Stadtmauer und ausserhalb derselben bereits Erdwälle und Gräben,
sowie ein in den Graben vortretendes Bollwerk.
Eine Abbildung der hier beschriebenen gesammten Befestigung ist uns
in dem Belagerungsplane von 1552 erhalten, einer Quelle ersten Ranges,
welche von unschätzbarem Werthe ist. Von Vielem haben wir überhaupt
nur durch diesen Plan sichere Kunde. Das, was in der folgenden Bau-
periode vom Alten bestehen geblieben war, ist auch auf dem — besser
und genauer ausgeführten — Plane des Matthaeus Merian zu ßnden.
Diese Pläne geben uns ein Bild von jener Frische und Natürlichkeit, mit
welcher das Mittelalter auch diejenigen Bauwerke erfand und gestaltete,
welche rein praktischen Zwecken dienten.
Es sei an dieser Stelle die Bemerkung gestattet, dass ein eingehen-
des Studium der mittelalterlichen Befestigungsarchitektur für unsere Zeit
einen direkten praktischen Werth zwar nicht mehr besitzt, dass dieselbe
jedoch, aus der eisernen Nothwendigkeit der Verteidigung entstanden
und aus rein konstruktiven Elementen zusammengesetzt, ihre künstlerische
Durchbildung in einem sehr gesunden Sinne erfahren hat. Wenn irgendwo,
so gilt hier das Wort Sempers: „Nur einen Herrn kennt die Kunst: das
Bcdürfniss; sie artet aus, wo sie der Laune des Künstlers, mehr noch, wo
sie mächtigen Kunstbeschützern gehorcht." Ein prächtiges Bild muss das
alte Frankfurt mit seinen Thürmen, Mauern und Erkern, welche im
Anfänge unseres Jahrhunderts mit grosser Eilfertigkeit und Rücksichts-
losigkeit entfernt wurden, abgegeben haben, die Grösse und die Macht
der freien Reichsstadt verkündend. Die Konstruktionen sind von innen
heraus entwickelt, ästhetisch durchgearbeitet, und in scharfsinnigerWeise
dazu verwendet, den Ansprüchen, welche der Zweck des Bauwerks an sie
stellt, in vollkommenstem Maasse gerecht zu werden. Der Reiz wurde
gesteigert durch die damals gebräuchliche Art, die Steinhauerarbeiten mit
rother Farbe anzustreichen, Knäufe zu vergolden, Wappen und Adler in
ihren Farben darzustellen, die Thorßügel und Holzläden mit verschieden-
farbigen Streifen zu beleben oder gar einzelne Wandffächen in ihrer
ganzen Ausdehnung mit Malereien zu versehen. Leider besitzen wir von
dem, was wir auf den alten Stadtplänen erblicken, nur noch sehr wenig:
einen Rest der Landmauer im Garten des Senckenbergischen Instituts
und den Eschenheimer Thorthurm, an der Mainseite den Renten-Thurm
und in Sachsenhausen den Kuhhirten-Thurm sowie zwei Stümpfe der
benachbarten Thürme mit einzelnen Stücken der Stadtmauer zwischen
der alten und der Obermain-Brücke und die Ruine des Ulrichsteins am
eisernen Steg.
 
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