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Brinkmann, Adolf [Bearb.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 33, 2): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Stadt Quedlinburg — Halle, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.41157#0077
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X. Pfarrkirche St. Ägidii.

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X. Pfarrkirche St. Ägidii.
Literatur: Fritsch a. a. 0. I, 332—334, TI, 252 u. ff. — Mülverstedta.a. 0.,
S. 75. — Kleemann, Führer 1912, S. 65. — Kirchenbücher von 1631 an, vollständig
von 1671 an.
Nach einer alten Sage ist diese Kirche die älteste in Quedlinburg1). Wenn
auch die oben ausgeführte Besiedlungsgeschichte dem zu widersprechen scheint,
so ist doch die sonst nicht verbürgte Angabe Winnigstädts, daß ehedem zwei
Dörfer vorhanden gewesen wären, Quitlingen und Nördlingen, und die Ägidii-
kirche die Kirche des letzteren gewesen sei, nicht ohne weiteres als Fabel zu
verwerfen. Die bestimmte Namensform Nördlingen sieht nicht danach aus, als
ob sie aus der Luft gegriffen wäre. Sie würde beweisen, daß Nördlingen später
entstanden ist als Quitlingen. Es muß schon früh wieder eingegangen sein,
während die Kirche stehenblieb und allmählich zerfiel. Für die Ansiedlung in
ihrer Nähe, die dem letzten Stadium der Entstehung der Stadt Quedlinburg an-
gehört, sind die Formen der ältesten nachweisbaren Kirche zu alt (s. u.). Ihre
urkundliche Erwähnuug fällt erst in das Jahr 1179, wo ein Weinberg genannt
wird: gelegen „foris murum juxta eeclesiam beati Egidii“. Der Ägidiuskult hat
sich überhaupt erst im 12. Jahrhundert in Deutschland verbreitet (H. G. Voigt,
Neujahrsblatt 43, S. 38). Auch 1305, 1321, 1327, 1338, 1485 wird sie erwähnt.
1498 und sonst heißt sie Pfarrkirche „sent Illigen“2) (UB. II, S. 78) und „Sunte
Ylgen“ (Erath, S. 420). Sie soll (nach Winnigstädt) anfänglich der heiligen
Katharina geweiht gewesen sein. Vielleicht erhielt deshalb 1439 eine neue Glocke
den Namen Catharina (s. u. S. 91). Noch zu Fritsch’s Zeit hieß sie öfters Siintilgen-
kirche. Die Parochie umfaßt alles, was nördlich von der Goldstraße bis
zur Breitenstraße liegt. Pfarrer werden nur wenige genannt; 1233
Hugolcl als parrochianus, 1267 Hermann als plebanus, 1305 dominus Hinricus
S. Egidii, desgleichen 1327; 1331—1338 dominus Bartholdus, plebanus ecclesie
parochialis; dieser wurde vom Bischof Albert von Halberstadt beauftragt, gegen
die säumigen Schuldner im Banne Quedlinburg mit Kirchenstrafen vorzugehen.
1364 wird Heinrich Raven rector ecclesie genannt; er legte wegen Körper- und
Gesichtsschwäche sein Amt nieder. Demnach hat die* Kirche damals schon
wenigstens zwei Geistliche gehabt.
Die Reformation wurde besonders vom Pfarrer Lorenz Donner „nicht
ohne große Gefahr“ (Kettner) betrieben, wurde aber doch dann ohne besondere
Schwierigkeiten eingeführt. Von den Geistlichen, die später hier wirkten, ist
besonders Job. Heinrich Fritsch zu erwähnen, der Geschichtschreiber des Stiftes,
der bis 1804 hier Pastor gewesen ist. Das Patronat stand der Äbtissin zu.
Über das Vermögen in alter Zeit ist wenig bekannt. Nach dem Visitations-
protokoll vom 18. September 1540 hatte die Pfarre 11 Morgen Acker mit einem
Ertrage von 2 Malter Brotkorn, einem Hopfengarten (mit 1 flor. Ertrag), außer-

0 Winnigstädt, Chron. Quedl. bei Abel S. 479.
-1 Abkürzung von Ägidien, nicht von Ottilien (vgl. Gilg Tschudi).
 
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