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Bulletin du Musée National de Varsovie: [inkl. Index 1975-1997] — 38.1997

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Urbaniak-Walczak, Katarzyna: Eine kleine Gruppe von Koptischen Textilien in der Sammlung des Nationalmuseums in Warschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.18946#0021
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dieselben stilisierten Vasen-, Pflanzen- und Vogelmotive auf der breiten Borte
zeigt. Neben der gleichartigen Ausführung der Vase bzw. des Kantharos mit
beiderseits herabhängenden Akanthusranken weisen auch die Vogelfiguren
viele Gemeinsamkeiten auf. Allerdings ist das ganze Motiv auf dem Ka-
negafuchi-Stoff, der in das 6.-7. Jh. datiert ist, besser ausgeführt.

Vergleichbare isolierte Vasen mit Vögeln, die ein Gewächs flankieren,
sind in der antiken Kunst sehr verbreitet. Sie lassen sich im Bereich der
Mosaikkunst nachweisen, wie es z. B. die Bodenmosaiken im tetrakonchen
Baptisterium von Stobi02 um die Wende des 4./5. Jhs. (Makedonien), die
Mosaiken in Portikusbogen der Basilika der hl. Jungfrau („Acheiropoietos”)
von Thessalonika” aus dem 5. Jh., und diejenige im Presbyterium von
San Vitale in Ravenna04 aus dem 6. Jh. belegen. Verbreitet ist auch dieses
Schema auf Gefäßen in der sassanidisch-orientalischen Kunst, wobei immer
vier Amphoren mit vier Medaillons abwechselnd auftreten, wie es eine
Bronzeschale aus Dagestan00 aus dem 5.-6. Jh. zeigt. Den Vasen entsprießen
zwei volutenbildende Ranken, die zwei Vögel umkreisen und mit Akant-
husblättern und Granatäpfeln enden.

Interessant sind noch die menschlichen Figuren, die auf dem Winkelclavus
(gammadion) des Warschauer Gewebes und auf der breiten Borte des
Besatzstückes der Kanegafuchi-Kunstgewerbegesellschaft zu sehen sind. Die
Figuren des letzteren könnten auf die Darstellung von Nereiden hindeuten,
die auf Hippocampen (bzw. Seeungeheuern) reiten. Vergleichen lassen sich
Nereidenfiguren auf einem Zierstreifen aus Lyon '’ und wieder auf einem
Zierstreifen im Louvre0 aus dem 10. Jh. Die Figuren auf dem Warschauer
Stoff sind ohne Hippocamp dargestellt, lassen sich demnach nur als stilisierte
Menschenfiguren deuten.

Die stilisierte Blattbordüre mit Punkten und unregelmäßig aufgesetzten
Kreuzen weist auf eine spätere Datierung der Stoffe.

Auf Grund der stärkeren Stilisierung und der gröberen Ausführung sowie
der hier angeführten, ikonographischen Vergleiche von gleicher Motivik
schlage ich eine Datierung in das 7.-9. Jh. vor. 33 34 35 36 37

33 R. F. Hoddinott, Early Byzantine Churches in Macedonia aiid Southern Serbia, A Study of the
Origins and the Initial Development of East Christian Art, London 1963, S. 168f; B. Aleksova,
„The Early Christian Basilicas at Stobi”, Corsi di cultura sull’arte rave7mate e bizantina, 33, 1986,
13-81, insb. 20ff. Abb. 2. Vgl. auch die Bodenmosaiken von der ersten Phase der alten
Bischofsbasilika von Stobi; idem. 14-38; insb. 27-32 Abb. Taf. 4; R. E. Kolarik, „Mosaics of the
Early Church at Stobi”, Dumbarton Oaks Papers 41, 1987, S. 295-306, Abb. 1 u. 5.

33 R. F. Hoddinott, op. cit., S. 155ff., PI. X 35.

34 F. W Deichmann, op. cit., Bd. II.2, Wiesbaden 1976, S.143ff., insbes. 177; B. Brenk, op. cit..
Abb. 34.

35 Bronzenschale, Dagestan, sassanidisch; St. Petersburg, Staatliche Ermitage, nach F. Muthmann,
Der Granatapfel, Symbol des Lebens in der alten Welt, Berlin 1982, S. 159f., Abb. 141 und 142.

36 29 219 (Inv.-Nr. 910. I. 16), Lyon, Musée Historique des Tissus, Y. Bourgon-Amir, op. cit..
Bd. I, S. 73 (117), Bd. II, PI. 55.

37 Inv.-Nr. AC 375, 10. Jh., Paris, Musée National du Louvre, R du Bourguet, Musée National du
Louvre. Catalogue des Etoffes coptes, I, Paris 1964, G 180.

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