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Bock, Franz
Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters: oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung (Band 1) — Bonn, 1859

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https://doi.org/10.11588/diglit.26750#0134
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gewiesen werden , wodurch diese gesteigerte Production bedingt
wurde. Mit dem XIII. Jahrhundert war die Blüthezeit des Rit-
terthums eingetreten; die frühere herkömmliche Einfachheit in
häuslicher Einrichtung und Kleidung war, nachdem man den Reich-
thum und die Schätze des Orients kennen gelernt hatte, einem
Streben nach Aufwand und Prunk gewichen.

Dass man jetzt zu einzelnen Eeierkleidern , so wie zu wohn-
lichen Zwecken 1) sich des Sammets seiner Solidität und seines
reichern Effectes wegen oft bediente, geht aus vielen Stellen der
Troubadours und Minnesänger hervor, wo sie den Anzug ihrer
Helden oft mit ängstlicher Genauigkeit beschreiben.2) Auch in den
Gedichten der deutschen Minnesänger, des Wolfram von Eschen-
bach, des Günther von der Vogelweide, fehlt es nicht an solchen
Beschreibungen. So heisst es in der Eneidt des Heinrich von
Veldecke:

Manche turen horten
Mochte man do schowen
Die trugen die vrowen
Wol mit Golde genat
Uff die pheleline wat
Uff samit u. uff side.

Myller’s Sammlung 1. B. Seite 98.

Bei den vielfachen Handelsverbindungen der Venetianer, Ge-
nueser und der übrigen norditaliänischen Freistädte mit dem Oriente,
dem Hauptstapelplatze für Sammet Webereien bis zum XIV. Jahr-
hundert, o'elanote der Sammet im Occident zu ausgedehnterm Ge-
brauche, so dass derselbe besonders im XIII. und XIV. Jahrhun-
dert fast ausschliesslich bei der hohen Aristokratie als Luxusstoff
in Mode kam.

So berichtet, um nur eines anzuführen, ein Schriftsteller, dass
bei Gelegenheit der Heirath Alphons’, Bruder Ludwig’s IX., die
Barone und Ritter gekleidet waren in Sammet und in Seide. 3)
Es scheint sogar, dass um diese Zeit ein Sammetgewand für den
Grossen - und Ritterstand bezeichnend wurde. Ein Historien-
schreiber damaliger Zeit erzählt uns nämlich von seinem Heros:
„dass er gar sehr vom Volke angestaunt wurde; denn er trug

5) Yergl. die Rechnungen des Gottfried von Fleuri, seiner Inventaire des biens
meubles de Pouis Hulin etc.

2) Li Romans d’Alexander S. 18 v. 36; ferner Parteuspeus de Blois I B. S.
37 v. 1069; ferner Hartmann’s Gedicht vom Glauben, herausgegeben von
Massmann v. 24l4.

3) Histoire de samt Louis, edit, du Louvre, pag. 181.
 
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