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Romanische Epoche.

nach möglichstem Anschlufs an römische Arbeiten, selbst in
der technischen Behandlung überein. Bei der Vereinzelung
dieser Bildwerke liegt es näher, dieselben auf Einflüsse der
Kunst der Pisaner Meister zurückzuführen, als umgekehrt
daraus auf Süditalien als die Heimat der Kunst des Niccolo
Pisano zu schliefsen. Wie roh die grofse Plastik in Süditalien
noch war, dafür giebt die Statue Karl's von Anjou, die jetzt
an der Treppe des Conservatorenpalastes zu Rom steht, augen-
fälligen Beweis.

In Venedig und seiner Umgebung finden wir gleichzeitig
eine der süditalienischen verwandte Entwickelung der Plastik:
auch hier verhindert der byzantinische Einflufs eine freie eigen-
artige Gestaltung; auch hier sind noch lange Zeit byzantinische
Künstler hervorragend thätig und liefern auch später durch ihre
Arbeiten die Vorbilder für die flüchtigen Nachbildungen der
einheimischen Künstler.

Mehr noch als in Süditalien bleibt in Venedig der bildne-
rische Schmuck auf ornamentale Verzierungen beschränkt, die
mit Tierdarstellungen in phantastischer Weise verquickt sind.
Ein charakteristisches Zeichen für die Scheu vor freier Skulptur
ist der Umstand, dafs noch um die Mitte des XIII. Jahrh. für
die Monumente der Dogen antike Sarkophage benutzt wurden.
Wo uns an den Bauten dieser Zeit plastischer Schmuck be-
gegnet, ist er entweder aus dem Orient herübergeholt oder
orientalischen Vorbildern nachgeahmt. Ausnahmen, wie die
Säulen des Tabernakels in San Marco, bestätigen nur die Regel:
sie sind ganz nach Art der Elfenbeinschnitzwerke und der Gold-
schmiedearbeiten eingeteilt und mit ganz kleinen Reliefdarstel-
lungen wie übersponnen, Arbeiten, die in ihrer sauberen, ängst-
lichen Ausführung jeden gröfseren bildnerischen Sinn vermissen
lassen. Das Berliner Museum besitzt eine ganze Sammlung charak-
teristischer venezianischer Dekorationsstücke, wie sie noch heute
das Aeufsere und Innere der romanischen Kirchen und die Fassaden
der gleichzeitigen Paläste Venedigs und der Nachbarorte auf
den Inseln in reicher musivischer Anordnung bedecken. (No. 11 ff.).

Noch ausschliefslicher als in Süditalien und Venedig bleibt
in Rom die Thätigkeit der Bildhauer auf rein dekorative Ar-
beiten beschränkt; ja diese verzichtet selbst auf eigentlich
plastische Ornamentik und bildet dafür ein zierliches und farben-
reiches musivisches Schmucksystem aus, welches mit Anlehnung
an antike Vorbilder aus dem unerschöpflichen Vorrat an römischen
Baustücken in wertvollen Steinen aller Art sein Material herbei-
holt und gerade durch die Fülle und den Wert desselben zur
Ausbildung dieser Dekorationsweise der Cosmatenarbeit so ge-
nannt, weil namentlich der Marmorarius Gosmas und seine
Familie dieselbe ausübte, angeregt wurde. Ein Beispiel dafür,
doch schon aus späterer Zeit bietet die Aschenurne (No. 31).
 
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