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Bode, Wilhelm; Bertoldo <di Giovanni> [Hrsg.]
Bertoldo und Lorenzo dei Medici: die Kunstpolitik des Lorenzo il Magnifico im Spiegel der Werke seines Lieblingskünstlers Bertoldo di Giovanni — Freiburg im Breisgau, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.16719#0011
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DAS LEBEN BERTOLDOS

Herkules. Museum, Berlin (S. 99)

Kaum von einem anderen Künstler der Renais-
sance, vor allem von keinem der großen Meister,
wissen wir so wenig über sein Leben, wie über
Bertoldo di Giovanni. Schon wer dieser Vater
Giovanni war, was er war, aus welchen Kreisen
er stammte, wann sein Sohn Bertoldo geboren
wurde, ist uns völlig unbekannt. Keine der
Steuererklärungen, die sonst für Herkunft und
Alter der Florentiner gewissenhaft Auskunft
geben, ist bisher gefunden worden. Nur eine
gelegentliche Notiz erwähnt, daß Bertoldo am
28. Dezember J 49 X in Lorenzos Villa Poggio
a Cajano, von dessen Arzt gepflegt, gestorben
sei, jedoch ohne daß über sein Alter etwas
gesagt wird. Daß er besonders früh gealtert
sein sollte oder früh kränklich geworden wäre —
wie von dem mit 65 Jahren verstorbenen
Botticelli, der in seinen letzten zehn Lebensjahren

fast ganz von der Bühne in Florenz verschwindet, angenommen wird —
ist sehr unwahrscheinlich, weil ihm Lorenzo noch in seinen letzten
Jahren die Aufstellung seiner Kunstwerke sowie die Errichtung einer
Art Kunstakademie und deren Leitung in der Villa von Lorenzos
Gattin Ciarice Orsini nach deren Tode 1488 in Auftrag gab. Die
Annahme Vasaris, daß er damals hochbejahrt und arbeitsunfähig ge-
wesen sei, ist also sicher unrichtig, und die gewöhnliche Ansetzung
seines Geburtsjahres um 1420 jedenfalls zu früh, vielleicht viel zu früh.
Ebensowenig haben wir für einen mehrfach angenommenen längeren
Aufenthalt in Padua und Venedig irgendeinen festen Anhalt. Ein
Brief des Künstlers an Lorenzo vom 29. Juni 1479, durch ganz
persönliche Beziehungen und die humoristische Behandlung derselben
schwer verständlich und in bezug auf die äußeren Verhältnisse des
Künstlers von wenig Belang, ist doch von besonderem Wert, weil aus
seinem jovialen Ton und der ganz intimen Kenntnis des täglichen
Lebens des Magnifico hervorgeht, daß ihn geradezu nahe Freundschaft
mit diesem verband. Dies beweist auch der Umstand, daß der Künstler
eine Wohnung in Lorenzos Palast in der Via Larga innehatte, daß er,

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