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Bode, Wilhelm; Bertoldo <di Giovanni> [Hrsg.]
Bertoldo und Lorenzo dei Medici: die Kunstpolitik des Lorenzo il Magnifico im Spiegel der Werke seines Lieblingskünstlers Bertoldo di Giovanni — Freiburg im Breisgau, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.16719#0019
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DAS WERK BERTOLDOS

IR sahen, daß es drei Bronzearbeiten sind, auf denen das
Studium von Bertoldos Bildwerken sich aufbauen muß:
die mit seinem Namen bezeichnete Medaille des Sultans
Soliman IL, die gleichfalls voll bezeichnete Bellerophon-
gruppe im Wiener Museum und das große Bronzerelief
der „Reiterschlacht", das aus dem Palazzo Medici in das
Museo Nazionale zu Florenz gekommen ist. Letzteres ist zwar nur durch
Vasari bezeugt, ist aber dem Bellerophon so verwandt, daß schon danach
kein Zweifel an der Zuschreibung an Bertoldo sein kann. Obgleich
es nur freie Kopie eines römischen Sarkophags ist, den heute noch
das Campo Santo in Pisa birgt, hat der Künstler darin doch in allen
Einzelheiten seine Eigenart so stark zur Geltung gebracht und so manches
Eigene hinzugefügt, daß gerade dieses überfüllte Relief — wenn auch
nicht im Reliefstil, der durch das römische Vorbild gegeben war und
durch den fremden Gießer noch mit beeinflußt wurde — doch durch die
Fülle der verschiedenartigen Gestalten zur Beurteilung von Bertoldos
Auffassung und Bildung der Figuren den besten Anhalt bietet. Ich
hatte diese Eigenart des Künstlers auf Grund dieses Reliefs der „Schlacht"
schon in meinem ersten Aufsatz über den Meister im „Jahrbuch" (1895)
in folgenden Sätzen zu kennzeichnen gesucht: „Bei der typischen Bil-
dung seiner Figuren ist besonders auffallend das Bestreben, die Anatomie
der Körper scharf zum Ausdruck zu bringen. Das Knochengerüst ist stark
betont, namentlich der Brustkasten mit den Rippen, wogegen der Leib
eingezogen erscheint; der Thorax tritt regelmäßig über die Oberschenkel
heraus und bildet hier, je nach der Bewegung, einen mehr oder weniger
vorspringenden Wulst; die Muskulatur des Halses ist scharf hervor-
gehoben und auch sonst bei starker Bewegung übertrieben gebildet. Die
Extremitäten sind klein. Der Kopf ist viereckig, meist mit starkem Hinter-
haupt; kleiner Mund, zierliche Nase, kleine und zu weit nach hinten
sitzende Ohren sind typisch. Die Haare sind in breiten Massen gegeben,
der Bart leicht gelockt, meist in der Form der kurzen barbe caree. Das
Haar der Frauen ist in langen parallelen Strähnen geordnet, der Falten-
gebung der Gewänder des Künstlers verwandt, für welche die großen
parallelen Langfalten charakteristisch sind, die bei bewegten Figuren
wie breite Bänder den durchscheinenden Körper umflattern; ähnlich,
aber nicht so manieriert, wie bei seinem etwa gleichaltrigen Landsmann

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