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Bodmer, Johann Jacob [Hrsg.]; Manesse, Rüdiger [Hrsg.]
Sammlung von Minnesingern aus dem schwaebischen Zeitpuncte: CXL Dichter Enthaltend (Band 1) — Zürich, 1758

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https://doi.org/10.11588/diglit.4110#0020

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GESCHICHTE DER MANESSISCHEN HANDSCHRIFT.
Wahrscheinlickeiten vor Augen. Das Schiksal befoederte unsere Absicht', Herr
Canonicus Schxpflin tnuste im Jahr 1746 in wichtigen Gcichseften nach Paris
gehen, wo es ihm bey seiner persbenlichen Gegenwart um £0 viel leichter'ward,
die Sache nach Wunsche auszufahren. ' Der Herr von Maurepas vvyrkte' ihm bey
dem Monarchen eine Lettre de Cachet aus, daß der Codex an ihn nach Strass-
burg und von| da weiter an uns nach -Zürich geschikt vvyrde. Wir !erhielten
ihn durch ihre Excellenz Herrn de Courteille, Ihrer Maj. Abgesandten bey den
Cantons. Das Vergnygen das fein Anblik bey Uns erwekete, und noch in hce-
herm Grade der Inhalt dieses Werkes, war von den empfindlichslen. Erst da-
mals entdeketen wir aus den Strophen des Hadloubs, dass wir diese schcene Samm-
lung den Manejfen zu danken hsetten, und dass unser Zürich seine Geburts-Stadt
vvaere. Wir nahmen in der Entzykung ünserer Herzen keinen Ansbnd eine ge-
treue und sorgfadtige Abschrift davon zu nehmen , womit wir in der That in
kurzer Zeit zum Ende kamen. Mehr war nicht in unserm Vermcegen unlere
dankbare^ Empfindungen fyr die kcenigliche Gnade , die uns das Werk in diese
große Entfernung hat folgen lauen, an den Tag zu geben. Hernach sorgeten
vvir , dass einige starke Auszyge davon unter dem Tirel: Proben der alten fchtoabi-
fchen Poesie des dreizehnten Jahrhunderts, an das Licht'gessellt wurden. Wir hatten
damit die unschuldige Absicht, den Geschmak der Deutschen an dieser Art von
Literatur auszuforschen und gewisser masfen vorzubereiten. Es war uns nicht
mceglich, ihn auf den Grad zu erheben, auf welchen vvir -ihn gerne gesehen
hatten, damit wir eine vollstaendige Herausgabe des ganzen Werkes unterneh-
men kcennten. Es isl izt in dem zehnten Jahre , dass vvir mit diesem Vorhaben
umgehen, und ohne den wichtigen Vorschub einer ansehnlichen Anzahl von
Gcennern, die vvir ihm in seiner Heimath gefunden haben, hsette leicht ein ganzes
Jahrhundert dahinssiesTen kcennen , ehe vvir dieses fyr uns sehr empfindliche Ver-
gnygen erhalten hatten. In dem Briefe des Herrn von G. von dem alten Sieges-
Liede an den Fraenkischen Kcenig Ludewig wird gesagt, dass die herrlichsten
Werke der alten Dichtkunst der Deutschen durch Rechtsgelehrte aus der Dunkel-
heit gezogen wurden, welche kaum einen Gedanken hatten etwas anders als
verschimmelte Urkunden zu entdeken, und dass sie yber diese Werke des Wizes
nur in dieser Absicht einige Freude empfunden\ weil sie die Spuren von den alten
Rechtsybungen darinne bemerketen. Unser Vergnygen daryber entstand von ihrem
innerlichen und poetischen Werthe, von den Empfindungen, Bildern und Gedan-
ken; und diese Art von Freude ist es, die wir durch unsere Bemyhungen gerne
unter unsern vvizigen Landsleuten weiter ausbreiten machten.

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