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DRITTES KAPITEL.
wie es einst auch der perikleische Städtebau anstrebte, ist Ziel
der Renaissance. Das Verhältnis des Stadtganzen zu seinen
Teilen gleiche dem des menschlichen Körpers zu seinen Gliedern13),
die Straßen seien die Venen desselben14).
Die regelmäßige Anlage, die mit dem Hausbau für den
Stadtgrundriß notwendig wird, muß die Ebene suchen, für die
einzig spätere Idealentwürfe berechnet sind. Dagegen noch
bei Alberti13) die ganz moderne Forderung, daß die Form der
Stadt sich der Örtlichkeit anpassen müsse, daß diese Form also
nicht absolut, sondern individuell ist. Unter dem Einfluß des
Barock wird dann die Lage auf einem sanften Abhang oder
das Ansteigen der Stadtmitte aus praktischen und ästhetischen
Rücksichten verlangt16). Mit dem Aufgeben des natürlichen
Schutzes aber wächst die Notwendigkeit einer künstlichen
Sicherung: die Befestigung, bedingt durch die Einführung der
Feuerwaffe, wird eine wichtige Aufgabe des Städtebaus, wie
denn ja auch die Schriften über Festungsanlagen und Kriegs-
baukunst weit zahlreicher sind als die über Privat- und Stadt-
architektur. Scamozzi glaubt ausdrücklich hervorheben zu
müssen, daß die Stadt ein künstlerisches Werk des Architekten
und nicht eine rein militärische Anlage sei.
Der früheste bekannte Entwurf für eine Idealstadt findet
sich auf einem Blatt in der Sammlung von M. Destailleur-Paris.
In ihm erkennt H. v. Geymüller (Les Du Cerceau. Paris-Londres
1887) die Hand des Fra Giocondo, nimmt aber an, daß es nur
eine rasche Skizze nach der Zeichnung eines anderen ist
(vgl. Abschnitt 30). In der Mitte der runden Stadt ein Kreisplatz
mit zentraler Kuppelarchitektur, von dem die Straßen strahlig
auslaufen. Die ein Haus tiefen Grundstücksstreifen mit Giebel-
häusern (!) bebaut. Freie Ringmauer mit Toren und Türmen und
ls) Francesco di Giorgio Martini, Trattato dell’ Architettnra
civile e militare. Um 1500. Ed. Saluzzo, Torino 1841.
u) Scamozzi, a. Anm. 12 a. O. I, lib. II, cap. 20.
15) A. Anm. 8 a. O. lib. IV, cap. 3.
I0) Scamozzi, a. Anm. 12 a. O. I, lib. II, cap. 17. Weitere An-
gaben über Städtebau in cap. 18, 20 u. 21.
DRITTES KAPITEL.
wie es einst auch der perikleische Städtebau anstrebte, ist Ziel
der Renaissance. Das Verhältnis des Stadtganzen zu seinen
Teilen gleiche dem des menschlichen Körpers zu seinen Gliedern13),
die Straßen seien die Venen desselben14).
Die regelmäßige Anlage, die mit dem Hausbau für den
Stadtgrundriß notwendig wird, muß die Ebene suchen, für die
einzig spätere Idealentwürfe berechnet sind. Dagegen noch
bei Alberti13) die ganz moderne Forderung, daß die Form der
Stadt sich der Örtlichkeit anpassen müsse, daß diese Form also
nicht absolut, sondern individuell ist. Unter dem Einfluß des
Barock wird dann die Lage auf einem sanften Abhang oder
das Ansteigen der Stadtmitte aus praktischen und ästhetischen
Rücksichten verlangt16). Mit dem Aufgeben des natürlichen
Schutzes aber wächst die Notwendigkeit einer künstlichen
Sicherung: die Befestigung, bedingt durch die Einführung der
Feuerwaffe, wird eine wichtige Aufgabe des Städtebaus, wie
denn ja auch die Schriften über Festungsanlagen und Kriegs-
baukunst weit zahlreicher sind als die über Privat- und Stadt-
architektur. Scamozzi glaubt ausdrücklich hervorheben zu
müssen, daß die Stadt ein künstlerisches Werk des Architekten
und nicht eine rein militärische Anlage sei.
Der früheste bekannte Entwurf für eine Idealstadt findet
sich auf einem Blatt in der Sammlung von M. Destailleur-Paris.
In ihm erkennt H. v. Geymüller (Les Du Cerceau. Paris-Londres
1887) die Hand des Fra Giocondo, nimmt aber an, daß es nur
eine rasche Skizze nach der Zeichnung eines anderen ist
(vgl. Abschnitt 30). In der Mitte der runden Stadt ein Kreisplatz
mit zentraler Kuppelarchitektur, von dem die Straßen strahlig
auslaufen. Die ein Haus tiefen Grundstücksstreifen mit Giebel-
häusern (!) bebaut. Freie Ringmauer mit Toren und Türmen und
ls) Francesco di Giorgio Martini, Trattato dell’ Architettnra
civile e militare. Um 1500. Ed. Saluzzo, Torino 1841.
u) Scamozzi, a. Anm. 12 a. O. I, lib. II, cap. 20.
15) A. Anm. 8 a. O. lib. IV, cap. 3.
I0) Scamozzi, a. Anm. 12 a. O. I, lib. II, cap. 17. Weitere An-
gaben über Städtebau in cap. 18, 20 u. 21.