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Sechstes Kapitel.
Frankreich seit der Renaissance.

22. Raumgefühl und Formausdruck.
Das Primäre alles architektonischen Gestaltens ist das Raum-
gefühl, das wiederum seinen Ursprung in der Empfindung
des Menschen für eine bestimmte Körperlichkeit hat, also
psychophysisch ist. Die Strukturformen, Gliederungen und
Details sind nur Sichtbarmachung dieses Gefühles im Material
durch künstlerische Tätigkeit. Versucht man die Wandlungen
der architektonischen Formensprache von einander abzuleiten, so
müht man sich um etwas Sekundäres, das kein tieferes Ver-
stehen belohnt, man reiht Symptome äußerlich aneinander und
führt die neue Form auf etwas Unbegriffenes zurück, anstatt
sie als ein Einfaches vom Allgemeinen bedingt zu erkennen.
Das besondere Raumgefühl einer Zeit gibt ihr die archi-
tektonische Schöpferkraft, ihr dienen die baulichen Formen als
Ausdrucksmittel. Das Verhältnis zwischen Raumgefühl und
Formausdruck gleicht dem zwischen Denken und Sprechen: man
wird sich in einer fremden Sprache nur mangelhaft ausdrticken,
wenn man in ihr nicht zu denken vermag. Die Erziehung des
architektonischen Denkens durch die Form wird selbstverständ-
lich niemand bestreiten, wenn aber die fremde Form sogleich
vorteilhaft übernommen wird, so muß das eigene Raumgefühl
dem fremden verwandt sein
Die Schwierigkeiten, die für Deutschland die Übernahme
 
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