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FRANKREICH SEIT DFR RENAISSANCE.

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der Formensprache der italienischen Renaissance machte, lagen
in seinem noch stark gotischen Raumgefühl. Hier war Frank-
reich im Vorteil. Einmal war das gotische Raumempfinden
nicht bis zu den äußersten Konsequenzen entwickelt worden
wie in Deutschland; die horizontalen Gliederungen waren nie
zugunsten eines allbeherrschenden Vertikalismus aufgegeben
worden, und besonders Südfrankreich hatte viel von der roma-
nischen Raumentwicklung bewahrt, die an der Antike erzogen
war. Eine Verbindung mit Italien war gebend und nehmend
stets bald lebhafter, bald lauer unterhalten worden, seit dem
XIV. Jahrhundert hatte dann eine beständige Infiltration italie-
nischer Kunst stattgefunden und selbst erste italienische Künstler
wie Fra Giocondo, Domenico da Cortona, Lionardo weilten
längere Zeit in Frankreich. Die französische Renaissance war,
weniger die modische Einführung einer fremden Formgebung
aus Italien, wie die Übernahme leicht umzugestaltender Aus-
drucksformen für das sich wandelnde architektonische Grund-
gefühl. Erscheinen anfangs noch starke Reste gotischen Em-
pfindens, so entwickelt sich doch schneller wie in Deutschland
ein neuer konsequenter Architekturstil, dem die abgeänderten
italienischen Formen zur eignen Raumgestaltung dienen. Frank-
reich tritt hiermit an die Stelle Italiens und wird dem übrigen
Europa maßgebend in der neuen Entwicklungsperiode der Archi-
tektur.
23. Die Stadt Paris.
Die Residenz der Könige, das Zentrum der französischen
Kultur, Paris, hat für die Entwicklung des französischen, ja
des europäischen Städtebaus die größte Bedeutung. Von Pariser
Architekten werden zuerst neue Ideen verwirklicht, wird die
typische Anlage gefunden, deren Prinzipien die begleitende
ästhetisch-literarische Würdigung und Kritik feststellt. Wenn
andere Städte die aufgenommenen Anregungen oft mit Hilfe
Pariser Architekten schneller und zu größerer Wirkung ver-
arbeiten konnten, so lag es daran, daß sie nicht durch die
Riesigkeit des Stadtkörpers behindert wurden, daß ein neuer
 
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