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Bröndsted, Peter Oluf
Reisen und Untersuchungen in Griechenland: nebst der Darstellung und Erklärung vieler neu entdeckter Denkmäler griechischen Styls, und einer kritischen Übersicht aller Unternehmingen dieser Art, von Pausanias bis auf unsere Zeit (Band 1) — Paris, 1826

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https://doi.org/10.11588/diglit.680#0014
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XII

VORREDE.

ckelberg aus Esthland, ihrer ruhigeren und schönen Thätigkeit in Rom auf
längere Zeit entsagend, mit uns entfernten Aufschlüssen und Erfahrungen nach-
zugehen.

Nichts konnte uns erwünschter seyn. Denn nicht nur viele Kenntnisse und
Fertigkeiten, die Koes und mir abgingen, traten dadurch gleichsam in unse-
ren Bund, sondern gegenseitige Hülfe von fünf gleichgesinnten und treuen Män-
nern schien wohl mit Recht jedem einzelnen, gegen etwanige Gefahren und
materielle Beschwerlichkeiten, einen stärkeren Muth einflössen zu können.
Auch bewährte sich diese Hoffnung vollkommen in den folgenden erfahrungs-
reichen Jahren unseres, bald leichten und fröhlichen, bald schwierigen und
nicht gefahrlosen Treibens. Reinem von uns gebührt aber, auch in dieser Hin-
sicht , ein schöneres Lob, als dem edlen Haller, einem deutschen Manne solchen
Charakters, der sich wohl eher bei Plutarch und Tacitus, als in der Wirklich-
keit des jetzigen Lebens wieder findet. Sein Zartgefühl, seine Hingebung und
Aufopferung für seine Freunde, war ohne Gränzen; aber leider war es ebenfalls
die mehr als stoische Härte, womit er gegen sich selbst verfuhr, und Pflicht-
erfüllung mit der grössten Strenge auch da forderte, wo es dem billigeren
Gefühle und Verstände des Freundes zweifelhaft blieb, ob das Bezweckte wirk-
lich seine Pflicht sey. Diese Überspannung des Pflichtgefühls — eine Krankheit
die überhaupt nur schöne Seelen anwandeln kann — war oft der Gegenstand
freundschaftlichen Streits und Verweises, und wir Anderen nannten zuweilen
unseren theuren Haller scherzhaft einen Heautontimorumenos. Aber nie hätten
wir damit scherzen sollen, denn das Übel war leider ein organisches, und weder
durch Scherz noch durch milden Vorwurf zu beseitigen; es wurde ernsthaft,
indem es Haller in zu grosse Thätigkeit verwickelte, und ihn zu einem gar zu
langen Aufenthalte in Griechenland bewog. Überhäufte Geschäfte — auch von
Seiten einer hohen Person*, die mit gleicher Neigung Wissenschaft und Kunst
umfasst, und den Werth dieses vortrefflichen Mannes zu schätzen wusste — und
zu angestrengter Fleiss schwächten seine ursprünglich starke Gesundheit, und
sein sonst sehr abgehärteter Körper unterlag einer schleichenden Fieberkrank-
heit. Auf diesen Unvergesslichen lässt sich das schöne Lob, welches Xenophon
dem Lacedämonier Diphridas giebt, in vollem Maasse anwenden : «Die Lüste
des Körpers hatten keine Gewalt über ihn, sondern jedwedes Werk, woran er
ging, das that er mit ganzer Seele*.»

* Seines, nicht blos von allen Deutschen hoch
gefeierten Fürsten (Sr M. des jetzigen Königs,
Ludwig's des Ersten von Baiekn).

3Xenophon,H.el\enic. 1. lV,cap.VIII, § 22:...
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