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einen reichen Schatz davon zu enthalten scheinen.3 Unter den Nachfolgern ChampoIlion’s ist keiner,
der grofse Textstücke, in irgend einer der drei Schreibarten der Aegypter abgefafst, zu entziffern
unternommen hätte; oder es waren Versuche, die nur als verunglückte bezeichnet werden konnten
und die mich daran mahnten, mich mit um so gröfserer Vorsicht der Entzifferung eines Monumentes
wie der Inschrift von Rosette, zu unterziehen, der ich wenige Worte zur Einleitung voranzu-
schicken mir erlaube.4
Schon seit meiner Jugend war mir das Studium dieser Inschrift, insbesondere des demotischen
Textes derselben, welche allen späteren ägyptischen Forschungen Leben und Nahrung gegeben hatte,
zu einer der belohnendsten Arbeiten in meinen Mufsestunden geworden und da sie am wesentlichsten
zu den Resultaten beigetragen hatte, welche ich in der Folge als kleinen Versuch zu einer demotischen
Grammatik zusammengestellt, veröffentlichte, so kann ich selbst von ihr behaupten, dafs sie es auch
war, welche den Grund zu meinen eigenen Forschungen, so gering sie auch sein mögen, gelegt hat.
Sowohl der deinotische wie der hieroglyphische Theil erwarten noch in ihrem ganzen Zusammenhänge
ihre Ausleger; und wenn ChampoIlion, namentlich was das hieroglyphische Stück anbetrifft, in seinen
Werken bald längere bald kürzere Beispiele daraus entlehnt hat, so lassen grade diese um so mehr
fühlen, was die gelehrte Welt von ihm über die ganze Inschrift erwartet haben dürfte. Die unvollendet
gebliebene Arbeit Salvolini’s über denselben Gegenstand, welcher den hieroglyphischen Text zum
erstenmale analytisch behandelte, gestatte man uns mit Stillschweigen zu übergehen, da ein böser
Vorwurf das Andenken des Mannes schmälert.5 De mortuis nil nisi bene. Den demotischen Theil
der Inschrift haben viele und zwar bedeutende Gelehrte zu entziffern versucht.6 Durch eine genaue
mathematische Vergleichung, gestützt auf den griechischen Text des Steines von Rosette, ist es ihnen
gelungen, die bedeutsamsten Gruppen erkannt und richtig von einander gesondert zu haben. Keiner
unterzog den demotischen Text einer grammatischen Analyse. Mit um so gröfserem Danke mufste
daher die geistreiche Arbeit des Herrn de Saulcy aufgenommen werden, in welcher den ersten fünf
Zeilen eine genaue analytische Untersuchung gewidmet ist, wenngleich das Resultat nicht immer das
erwünschte ist. Die nicht zu verhehlende Schwierigkeit einer derartigen Untersuchung wird bedingt
durch das complicirte Wesen des Demotischen, als einer Cursivschrift, welche dieselbe in ihrer seltneren
Anwendung als Lapidarschrift noch mehr steigern mufs, und wir können dem Uriheile nur beistimmen,
welches Herr Emmanuel de Rouge in seinem Briefe an Herrn de Saulcy über die Elemente der
demotischen Schrift der Aegypter in dieser Beziehung gefällt hat.7 Schon bei dem einfachen Alphabete
unserer Schrift wird es schwer, all und jede Handschrift mit derselben Leichtigkeit zu lesen, und man
denke sich mehr als fünfhundert Zeichen in mannigfaltigster Composition von der schnellen Hand eines
ägyptischen Schreibers hingemalt, die dem Forscher zur Entzifferung vorgelegt sind, wobei die Indi-
vidualität des Schreibenden, das Material, die chronologische Verschiedenheit der Abfassung u. a. dazu
beitragen, die Schwierigkeiten bedeutend zu mehren. Es ist kaum denkbar, nicht selbst oft da die
gröbsten Fehler zu begehen, wo man den sichersten Weg betreten zu haben glaubt.
Wenn es uns geglückt ist, einerseits gestützt auf das System der Hieroglyphen, anderseits auf
die Neu - ägyptische oder die koptische Sprache, aus den Inschriften und Papyrusrollen den bedeutend-
sten Theil der demotischen Grammatik hergestellt zu haben, so sind wir doch noch lange nicht so
 
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