I Abb. 21 Der Wassermann
Julius Hoffmann Verlag, Stuttgart
gedruckt wurden. Diese Blätter stammen von Schneidler selbst
sowie von seinen Mitarbeitern und Schülern.7 Schneidlers ur-
sprüngliche Absicht war es, ein »Lehrbuch für Büchermacher« in
fünf Bänden zu entwerfen.8 In der Einleitung zur ersten Kassette
erklärt er selbst, »Die Drucke, die diese vier Kästen enthalten,
sind Fragmente eines Werkes, das ich im Jahre 1925 zu drucken
angefangen habe. Ich hatte die Absicht, aus diesen Drucken in
fünf Bänden ein >Lehrbuch für Büchermacher< zusammenzustel-
len.« Es sollte als Anschauungsobjekt für die Lösung bestimmter
graphischer Aufgabenstellungen dienen. So schreibt er in seinem
Text des Titelblattes der ersten Kassette:
»Der Wassermann sollte in fünf Bänden im einzelnen und im
ganzen nachdrücklich bekunden, daß er auf folgende drei Ein-
sichten gegründet ist:
1) Der künstlerisch begabte Mensch denkt anders als andere
Leute. [...]
2) Ein geschultes Auge und eine geschulte Hand schützen vor
jeder Sturheit. [...]
3) Wahrscheinlich ist auf die Dauer nur der Mensch lebendig-
fruchtbar, der nie ein >Arrivierter< zu werden vermag, der oft an
der Güte seiner Leistung zweifeln, ja verzweifeln muß und bis
an sein Ende wieder versuchen kann, noch einmal von vorne
anzufangen.«
9
Zitiert nach Caflisch 2002 (wieAnm. 4), S. 91.
10
Caflisch 2002 (wieAnm. 4), S.29.;
Siehe ebenfalls das Vorwort der dritten
Kassette (hier zitiert auf S.158), Schneidler
selbst spricht hier von »Studienblättern«.
11
Caflisch 2002 (wieAnm. 4), S. 91.
Über die Arbeit am Wassermann äußerte sich Schneidlers Schü-
ler Hermann Bentele: »Es wurden endlose Versuche angestellt
- Farbe, Stellung etc. - bis Schneidler zustimmte.« Wenn et-
was nicht wie geplant klappte, konnte Schneidler sehr wütend
werden, wie Eugen Funk sich erinnerte: »Schneidler hat in der
Druckerei getobt, weil ein Rot nicht gestimmt hat.« Die Schüler
selbst, wie Eugen Funk berichtet, konnten ihren Lehrer kaum
einschätzen: »Keiner wusste, was warum von Schneidler in den
Wassermann aufgenommen wurde und was nicht.«9
So entstanden im Laufe der Jahre in der Graphischen Werkstatt
der Kunstgewerbeschule viele »Studienblätter«, die gesammelt
und zu einem Gesamtwerk wurden.10 Die Durchmischung
unsignierter Schüler- und Fachlehrerarbeiten mit Werken von
Schneidler selbst macht es heute schwierig, die Urheberschaft
vieler Blätter genau zu bestimmen. Schneidler wurde deshalb
sogar vorgeworfen, er habe mit Absicht keine Blätter signieren
lassen, um sie für seine eigenen ausgeben zu können.11 Doch
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