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Büttner, Nils [Editor]; Koch, Anne-Katrin [Editor]; Zieger, Angela [Editor]; Schneidler, Friedrich Hermann Ernst [Editor]; Ausstellung Buch - Kunst - Schrift: F. H. Ernst Schneidler <2013, Offenbach am Main> [Editor]; Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart [Editor]; Klingspor-Museum Offenbach [Editor]; Bertram, Gitta [Oth.]
Buch Kunst Schrift: F. H. Ernst Schneidler ; [diese Publikation erscheint begleitend zur Ausstellung "Buch - Kunst - Schrift: F. H. Ernst Schneidler", Klingspor-Museum Offenbach, 10. März bis 5. Mai 2013] — Stuttgart, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.38908#0244
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In der Nacht »Übungen« - Die verborgenen
Arbeiten von F.H. Ernst Schneidler
Angela Zieger

I Abb. 11 F.H. Ernst Schneidler,
Der Auszug, undatiert

Aleida Assmann: »Schrift, Gott und
Einsamkeit. Einführende Bemerkungen«,
in: Aleida und Jan Assmann (Hrsg.):
Einsamkeit - Archäologie der literarischen
Kommunikation VI, München 2000, S. 13.
2
Schneidler an George Salter am 31. Ja-
nuar 1953, in: Walter Brudi (Hrsg): Ernst
Schneidler - Briefe, 4. Veröffentlich-
ung des Instituts für Buchgestaltung an der
Staatl. Akademie der Bildenden Künste
Stuttgart,1967, S. 71. Ähnlich im Tenor ein
Auszug aus einem Brief an Imre Reiner:
»Seit 23 Jahren bin ich in Verzweiflung und
in Schaudern der Schrift wie einer ma-
gischen Kraft ausgeliefert.« In: Nachlass Imre
Reiner im Klingspor Museum Offenbach,
Brief Nr. 1947-4.

»Der Mensch ist von Haus aus ein geselliges Wesen, ein animal
sociale. Die Einsamkeit liegt ihm nicht. Zwei fundamentale
>Erfindungen< haben ihm jedoch dazu verholfen, die Einsam-
keit nicht nur zu überleben, sondern geradezu hochzuschätzen
und anstreben zu können: die Schrift und der Monotheismus.
>Schriftgestützte< und >gottgestützte< Formen der Einsamkeit
machen die Absonderung von der menschlichen Gemeinschaft
unter Umständen zu einer heilvollen Erfahrung.«1
Die »schriftgestützte« Einsamkeit, die hier thematisiert wird,
meint die Einsamkeit des Lesers, jenen Rückzug aus dem Rea-
len in die fiktive Welt der Literatur oder das Versenken in einen
geistigen Gegenstand, der die Aufmerksamkeit des Lesenden
vollkommen einnimmt.
F.H. Ernst Schneidler war einer dieser einsamen Leser,
aber mehr noch fühlte er sich einer anderen schriftbezoge-
nen Tätigkeit, der er sich in fast eremitischer Vereinzelung
widmete, geradezu ausgeliefert: dem Schreiben selbst und
dem Schriftmachen. In Briefen an Kollegen und Freunde
spricht er von seiner »Besessenheit«, eine Antwort auf die
Frage »Wie macht man Schrift?« zu finden, die ihn ein Leben
lang nicht los ließ.2

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