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Büttner, Nils [Hrsg.]; Koch, Anne-Katrin [Hrsg.]; Zieger, Angela [Hrsg.]; Schneidler, Friedrich Hermann Ernst [Hrsg.]; Ausstellung Buch - Kunst - Schrift: F. H. Ernst Schneidler <2013, Offenbach am Main> [Hrsg.]; Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart [Hrsg.]; Klingspor-Museum Offenbach [Hrsg.]; Bertram, Gitta [Bearb.]
Buch Kunst Schrift: F. H. Ernst Schneidler ; [diese Publikation erscheint begleitend zur Ausstellung "Buch - Kunst - Schrift: F. H. Ernst Schneidler", Klingspor-Museum Offenbach, 10. März bis 5. Mai 2013] — Stuttgart, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.38908#0212

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39
Dr. Konrad F. Bauer: Wie eine Buchdruck-
schrift entsteht, Frankfurt a.M 295#; S. 18.
Bei der Galvanoplastik (oder auch »Zeug-
schnitt« genannt, eine Technik, die es seit
1837 zur Stempelerstellung gibt) wird im Ge-
gensatz zum Stahlstempelschnitt die
»Patrize«, d. h. der Stempel statt in Stahl
in ein weicheres Material wie Zink oder
Blei geschnitten und dann durch ein galva-
nisches Nickelbad hiervon eine Abformung
hergestellt. Ein Vorteil dieses Verfahrens ist nicht
nur der leichtere Schnitt, sondern auch
die Möglichkeit, feinere Linien herzustel-
len. Vgl. Welle 1337 (wie Anm. 12), S.21.
40
Soweit ein Entstehungsjahr angegeben
wird, ist durchgehend 1936 genannt und
F.H. Ernst Schneidler als Designer. Die
Ausnahme bildet Linotgpe. Hier wird F.H.
Ernst Schneidler und Linotype Staff, sowie
zusätzlich zu dem fahr 1936 das Jahr 1982
genannt. Die von fast allen durchgehend
als Lizenzhalter genannten Bauer Type SA.,
bzw. Fundiciön Tipogrdfica Neufville in
Barcelona bieten auf ihrer eigenen Homepage
drei Varianten an: Schneidler in vier
Schnitten und zwar in Regular, Italic, Bold
und Bold Italic sowie die Schrift Stempel
Schneidler in zehn Schnitten: Light, Light
Italic, Roman, Italic, Medium, Bold, Bold
Italic, Black, Black Italic, und die Stempel
Schneidler Std in den Schnitten: Black,
Black Italic, Bold, Bold Italic, Roman, Italic,
Light, Light Italic, Medium und Medium
Italic. Auf der Seite von neufville.com
der Firma Neufville Digital wird jedoch
nur die Schneidler Mediaeval verkauft
und als Trademark genannt.
41
Vgl. Michael Karner: »Ein Ende. Und ein
neuer Anfang«., in: Graphische Revue
Österreichs 02/2009; httpZ/www.typographie.
co.at/pdfs/Bauersche_4.pdf (05. 09.2012).

Palle der Folgeprodukte der Schneidler-Mediaeval aussieht, ist
nicht ganz klar festzumachen.40 Als Lizenzgeber werden entwe-
der Bauer Type, S.A. bzw. Fundiciön Tipografica Neufville S.A.,
eine ehemalige Tochterfirma der Bauerschen Gießerei, genannt,
bei denen es sich um ein und dieselbe Firma handelt. Nach der
Schließung der Bauerschen Gießerei 1972 übernahm die Fun-
diciön Tipografica Neufville S.A. alle Matrizen - es scheinen
noch immer die meisten Lizenzen für die digitalen Varianten
bei dieser Firma zu liegen.41 Fundiciön Tipografica Neufville
brachte, vermutlich in den 1940er Jahren, Schneidlers Legende
ebenfalls heraus, woraufhin eine Schriftmusterprobe in Spa-
nisch hinweist, die wahrscheinlich in den 40er Jahren von dem
Schriftanbieter veröffentlicht wurde.
Eine weitere Grauzone in der Urheberschaft von Schriften ist die
Erweiterung um zusätzliche Schriftzeichen, aber auch Schrift-
schnitte. Die Schriftanbieter sind hier sehr zurückhaltend mit
Informationen. Neue Anforderungen binrgen Überarbeitungen
von klassischen Schriften mit sich, zum Beispiel die Erweite-
rung von Schriftzeichen. Im Alltag findet eine Umnutzung
mancher Zeichen statt, so hat zum Beispiel das (sD-Zeichen 1936
noch keine Rolle gespielt, ist jedoch heute unverzichtbar. Die
Bleisatzschrift der Schneidler-Mediaeval besitzt keinen Schnitt
mit Kapitälchen. Es ergibt sich die Frage, wer diesen kompletten
Schnitt für die Fotosatz- und die Digitalschrift gezeichnet hat.
Heiderhoff geht hierauf in seinem Artikel nicht ein. Eine aktu-
elle Anfrage bei Linotype blieb erfolglos.
Heute wird bei den Schriften nur F.H.Ernst Schneidler als
Designer genannt, aber nicht, wer die Schriften erweiterte und
für die neuen Formate überarbeitete. Ein Mitarbeiter der Fir-
ma URW++ gab in einer E-Mail auf meine Anfrage an, dass sie
die digitalen Schriftdaten 1995 von ihrer Vorgängerfirma URW
Software & Type GmbH erworben hätten und dass sie davon
ausgingen, dass diese die Schriftdaten nicht selbst digitalisiert,
sondern 1985 von der Stempel AG (Linotype) übernommen habe,
was bedeutet, dass deren Version jener Schrift entsprechen soll-
te, die 1982 von Linotype digitalisiert wurde. Designänderun-
gen seien von URW und URW++ nicht vorgenommen worden,
eventuell wurden lediglich fehlende Zeichen hinzugefügt. Wer
wann welche Änderungen vornahm, ist undurchsichtig, nicht
nur bei URW++, sondern bei allen digitalen Anbietern. Überar-
beitungen muss es bei den verschiedenen Transferprozessen in
die neueren Formate gegeben haben. Teilweise sind die Ände-

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Vom Bleisatz zur digitalen Schrift
 
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