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Büttner, Nils [Editor]; Koch, Anne-Katrin [Editor]; Zieger, Angela [Editor]; Schneidler, Friedrich Hermann Ernst [Editor]; Ausstellung Buch - Kunst - Schrift: F. H. Ernst Schneidler <2013, Offenbach am Main> [Editor]; Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart [Editor]; Klingspor-Museum Offenbach [Editor]; Bertram, Gitta [Oth.]
Buch Kunst Schrift: F. H. Ernst Schneidler ; [diese Publikation erscheint begleitend zur Ausstellung "Buch - Kunst - Schrift: F. H. Ernst Schneidler", Klingspor-Museum Offenbach, 10. März bis 5. Mai 2013] — Stuttgart, 2013

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.38908#0245

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Primat der Handschrift
Schreiben bedeutete für Schneidler vor allem das Schreiben mit
der Hand, ein Ausdrucksmittel, auf das er äußersten Wert legte
und dem er Vorrang vor der gedruckten Schrift einräumte. Ge-
radezu als Zumutung empfand er an ihn gerichtete Briefe, die
ihn nicht in hand- sondern maschinengeschriebener Form er-
reichten. So beendete er ein als »Versöhnungsbrief« nach einer
beruflichen Auseinandersetzung angelegtes Schreiben im Jahr
1911 an Fritz Helmuth Ehmcke, seinen ehemaligen Professor an
der Kunstgewerbeschule Düsseldorf mit den Worten: »Ich wäre
Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir hierauf ein paar Worte sagen
wollten, besonders wenn sie nicht mit Schreibmaschine geschrie-
ben sind.«3 Die Replik Ehmckes fiel kurz und bündig aus: »Da
ich bei meiner Rückkunft von Berlin ca. 30 Briefe vorfinde, die
ich zu beantworten habe, so werden Sie es mir wohl nicht nach-
tragen, wenn ich trotz Ihrer Antipathie gegen die blaue Schrift
wieder zur Schreibmaschine meine Zuflucht nehme, denn sonst
würden Sie voraussichtlich noch länger auf die Beantwortung
Ihres Briefes warten müssen, als so.«4 Geschäftspost an einen
ehemaligen Schüler und Mitarbeiter zu diktieren und von einer
Sekretärin per Schreibmaschine abfassen zu lassen, war für den
viel beschäftigten Ehmcke schlicht zeitsparender als selbst zur
Schreibfeder zu greifen. 1911 leitete er nicht nur den Fachbereich
für Schrift und Graphik an der Kunstgewerbeschule Düsseldorf,
sondern arbeitete auch seit 1907 für den Eugen Diederichs Ver-
lag, als bevorzugter Buchgestalter. Bei eben diesem Verlag gab er
im Jahr 1911 seine programmatisch zu nennende Schrift Ziele
des Schriftunterrichts heraus, über lange Zeit das »Vademekum
aller deutschen Schriftpädagogen.«5 Hierin fordert er die un-
ermüdliche Übung des eigenen Schreibens, das Voraussetzung
für jeden guten Typographen sei - ein Grundsatz, dem auch
Schneidler in seiner persönlichen Arbeit als Schriftentwerfer
und in seiner Lehre zunächst in Solingen, dann in Barmen und
schließlich an der Württembergischen Kunstgewerbeschule in
Stuttgart anhing.6
Druckschriften sollten sich seiner Meinung nach aus der schö-
nen Handschrift entwickeln. In nahezu jedem Brief, den Schneid-
ler an George Salter, einen nach New York ausgewanderten Schrift-
künstlerkollegen, schrieb, lobte er dessen »herrliche«, »köstliche
Handschrift«, die er als »menschlich bedeutend« klassifizierte und
er riet ihm: »Ein Mann, der von Natur aus so schön schreibt wie Sie,
sollte sich entschließen, für die Schrift-Gießereien zu arbeiten.«7

3
Nachlass F.H. Ehmcke im Klingspor
Museum Offenbach: Brief an F.H. Ehmcke
vom 2. März 1911.
4
WieAnm. 3, Brief von F.H. Ehmcke an
Schneidler vom 19. April 1911.
5
fürgen Eyssen: Buchkunst in
Deutschland - Vom Jugendstil zum
Malerbuch, Hannover 1980, S.42.
Das Lehrbuch Ehmckes befand sich auch
in der Bibliothek Schneidlers.
6
F.H. Ehmcke: Ziele des Schriftunterrichts,
Jena 1911, Einleitung. Siehe zu den beruf-
lichen Stationen als Lehrer und Professor
die Biographie zu F.H. Ernst Schneidler
in diesem Katalog, S. 8.
7
Siehe zu den Äußerungen zur schönen
Handschrift Salters: Brudi 1967
(wie Anm. 2), S. 75,77,79,84 und 89.

Angela Zieger

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