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Abb. 22. Burg zu Tortosa. Altes unterirdisches Mühlrad.
Aus Bodo Ebhardt „Spanische Burgenfahrt".
Hinter Perello erscheinen stattlichere Höfe. Die
Fahrstraße schwingt sich in unendlichen Kurven durch die
Berge. Links blitzt hin und wieder das Meer auf im
Sonnenglast. Quer fuhren über oder besser durch die
Wege zerrissene Flußbetten — jetzt trocken — wasserreich
nur, wenn Unwetter kommen —. Brücken fehlen.
Vor Tortosa sahen wir die ersten Volkstrachten.
Dorö hat in seinen köstlichen Zeichnungen zu Daviliers
Reise durch Spanien 1871 auch das heutige Spanien viel-
fach noch sehr treffend wiedergegeben. Haltung von Mensch
und Tier sind vorzüglich. Ich erinnere mich auch seines
Bildes eines von Maultieren gedrehten Schöpfrades mit
Olbaum, Palme und Steinumfassung, genau wie wir sie
hier vor Tortosa in Mengen sehen.
Tortosa ist eng und winkelig gebaut.
Die Stadt liegt am Ebro wohl zwanzig Kilometer
landeinwärts oberhalb seiner deltaartigen Mündung. Die
große Straße führt heute dreizehn Kilometer stromab
oberhalb der sumpfigen Flußmündung weiter nach Süden.
Wir fahren am linken Ufer stromauf bis zur malerischen
Stadt. Die Kathedrale kann neben der von Tarragona
nicht bestehen, sie ist weicher und spielerischer als Tarragonas herrliches Gotteshaus. Auch der Kreuzgang ist liebens-
würdig, aber nicht groß.
Auf einer sehr bedenklich schwanken Eisenbrücke geht es über den Ebro, die schmale Fahrbahn ist durch
zahllose hochbeladene zweirädrige Maultierfuhrwerke überfüllt. Wir wenden uns um — da sehen wir die gewaltige
Stadtburg mit zahlreichen spitz vorgeschobenen Mauertürmen (Bügeleisenform), die oben ebenso wie die mächtige
Mantelmauer der Burg für spätere Geschützverteidigung gleichmäßig abgeflacht und mit Kanonenscharten versehen sind.
Wir suchen den Aufstieg, geraten aber in eine
Sackgasse und an deren Ende durch ein Tor in ein
ehemaliges Kloster, das heute militärischen Zwecken
dient.
Freundliche Soldaten führen uns einen merkwür-
digen Weg durch Höfe uud Wohnsäle, danu auf einer engen,
offenen Treppe auf den alten Burgweg. Ein geschlossenes
Tor wird auf unser Schellen an langem Draht aufgezogen.
Eine Frau, die die einzige Besatzung der einstmals hoch-
berühmten Burg zu sein scheint, weist uns voin Fenster eines
im inneren Beringe liegenden Wohnbaues aus, kurz in
den unendlich großen Burgbering. Fast waagerecht liegt
die weite, grasbewachsene Flüche — wohl noch unlängst
Waffenplatz der Beste — vor uns. Die wogende, jetzt im
Februar noch grüne Grasnarbe bietet einigen Ziegen
karge Nahrung. Jetzt erst übersehen wir wie groß, wie
gewaltig die alte Veste war. Heute freilich sind alle hoch-
ragenden Türme und Wohnbauten niedergelegt, aber aus-
gedehnte unterirdische Gewölbe bergen nicht nur die alte
Getreidemühle.
Eine gewaltige Brunnen- oder Zisternenanlage liegt
im vorderen Teile des Burghofes, heute nur ein gefährlich
gähnender, runder Schlund, in dem anscheinend ein ring-
artiger Weg um einen wohl zehn Meter breiten, offenen
Zylinder in Spiralen in eine unsichtbare Tiefe hinabführte.
Ein kleiner Stein fiel lange lautlos, bis er fast unhörbar
aufschlug.
In den Kämpfen Ludwigs desFrommen im Anfänge
des 9. Jahrhunderts schon hat diese wichtige Burganlage
eine bedeutende Rolle gespielt. Ludwig entriß Stadt und
Burg auf kurze Zeit den Mauren, denen sie aber erst Graf ^ ^ Stadtbum über Tortosa Einer der Mauertürme
Rmmund Berengar IV. um 1150 endgültig abgewann. A.^Bud° Ebhardt „Spanns B»rgenf°hrt". '
Abb. 22. Burg zu Tortosa. Altes unterirdisches Mühlrad.
Aus Bodo Ebhardt „Spanische Burgenfahrt".
Hinter Perello erscheinen stattlichere Höfe. Die
Fahrstraße schwingt sich in unendlichen Kurven durch die
Berge. Links blitzt hin und wieder das Meer auf im
Sonnenglast. Quer fuhren über oder besser durch die
Wege zerrissene Flußbetten — jetzt trocken — wasserreich
nur, wenn Unwetter kommen —. Brücken fehlen.
Vor Tortosa sahen wir die ersten Volkstrachten.
Dorö hat in seinen köstlichen Zeichnungen zu Daviliers
Reise durch Spanien 1871 auch das heutige Spanien viel-
fach noch sehr treffend wiedergegeben. Haltung von Mensch
und Tier sind vorzüglich. Ich erinnere mich auch seines
Bildes eines von Maultieren gedrehten Schöpfrades mit
Olbaum, Palme und Steinumfassung, genau wie wir sie
hier vor Tortosa in Mengen sehen.
Tortosa ist eng und winkelig gebaut.
Die Stadt liegt am Ebro wohl zwanzig Kilometer
landeinwärts oberhalb seiner deltaartigen Mündung. Die
große Straße führt heute dreizehn Kilometer stromab
oberhalb der sumpfigen Flußmündung weiter nach Süden.
Wir fahren am linken Ufer stromauf bis zur malerischen
Stadt. Die Kathedrale kann neben der von Tarragona
nicht bestehen, sie ist weicher und spielerischer als Tarragonas herrliches Gotteshaus. Auch der Kreuzgang ist liebens-
würdig, aber nicht groß.
Auf einer sehr bedenklich schwanken Eisenbrücke geht es über den Ebro, die schmale Fahrbahn ist durch
zahllose hochbeladene zweirädrige Maultierfuhrwerke überfüllt. Wir wenden uns um — da sehen wir die gewaltige
Stadtburg mit zahlreichen spitz vorgeschobenen Mauertürmen (Bügeleisenform), die oben ebenso wie die mächtige
Mantelmauer der Burg für spätere Geschützverteidigung gleichmäßig abgeflacht und mit Kanonenscharten versehen sind.
Wir suchen den Aufstieg, geraten aber in eine
Sackgasse und an deren Ende durch ein Tor in ein
ehemaliges Kloster, das heute militärischen Zwecken
dient.
Freundliche Soldaten führen uns einen merkwür-
digen Weg durch Höfe uud Wohnsäle, danu auf einer engen,
offenen Treppe auf den alten Burgweg. Ein geschlossenes
Tor wird auf unser Schellen an langem Draht aufgezogen.
Eine Frau, die die einzige Besatzung der einstmals hoch-
berühmten Burg zu sein scheint, weist uns voin Fenster eines
im inneren Beringe liegenden Wohnbaues aus, kurz in
den unendlich großen Burgbering. Fast waagerecht liegt
die weite, grasbewachsene Flüche — wohl noch unlängst
Waffenplatz der Beste — vor uns. Die wogende, jetzt im
Februar noch grüne Grasnarbe bietet einigen Ziegen
karge Nahrung. Jetzt erst übersehen wir wie groß, wie
gewaltig die alte Veste war. Heute freilich sind alle hoch-
ragenden Türme und Wohnbauten niedergelegt, aber aus-
gedehnte unterirdische Gewölbe bergen nicht nur die alte
Getreidemühle.
Eine gewaltige Brunnen- oder Zisternenanlage liegt
im vorderen Teile des Burghofes, heute nur ein gefährlich
gähnender, runder Schlund, in dem anscheinend ein ring-
artiger Weg um einen wohl zehn Meter breiten, offenen
Zylinder in Spiralen in eine unsichtbare Tiefe hinabführte.
Ein kleiner Stein fiel lange lautlos, bis er fast unhörbar
aufschlug.
In den Kämpfen Ludwigs desFrommen im Anfänge
des 9. Jahrhunderts schon hat diese wichtige Burganlage
eine bedeutende Rolle gespielt. Ludwig entriß Stadt und
Burg auf kurze Zeit den Mauren, denen sie aber erst Graf ^ ^ Stadtbum über Tortosa Einer der Mauertürme
Rmmund Berengar IV. um 1150 endgültig abgewann. A.^Bud° Ebhardt „Spanns B»rgenf°hrt". '