Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 40.1939

DOI Artikel:
Gabelentz, Hans von der: Burgenfahrt ins Sudetenland: 13. bis 19. Juni 1939
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.35029#0026
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
24

sondern auch des deutschen Volkstums gegen herandrängende Slawen. Ohne diesen Schutzwall von Burgen, der
irn Sudetenland rings an der langen Grenze des Erzgebirges und Böhmer Waldes angelegt wurde, wäre das
Deutschtum in diesen Gauen fraglos von der Überzahl der Tschechen zurückgedrängt oder aufgerieben worden, wie
es ja tatsächlich während der Hussitenkriege versucht, wenn auch glücklicherweise nicht erreicht wurde.
Ein später Frühling breitet seine Farbenpracht vor uns aus. Noch blüht der Flieder in manchen Gärten.
Gleich Kerzen ragen blaue Lupinen aus saftigem Grün. Hier und dort flammt der Ginster golden auf. Schon breiten
sich die weißen Blütendolden des Hollunders aus und auf den Wiesen mischen sich alle Farben zu lustigem Farben-
spiel. Kerzengrade recken sich aus dichtem Unterholz Tannen und Fichten. Zwischen Wäldern und Matten schimmern
vereinzelte Teiche oder kleinere Gebirgsseen. Sanft steigen die Hügel an, schwingen sich zu höheren Gipfeln empor.
Überm Waldgebirge ragt hoch der Arber. Einsam ist die Landschaft, von ernster Größe, fast unberührt von der lauten
Unrast heutigen Verkehrs. Wir selbst stören allerdings mit unsern schnaufenden Autobussen die heilige Stille dieser
erhabenen Landschaft. Eine Nacht im Berghotel Rixi gewährt die wohlverdiente Ruhe nach dem anstrengenden
Tagespensum.
Nach langer Fahrt, die zur Vermeidung schlechter Straßen bis nach Passau und zurück über die alte Reichs-
grenze nach Böhmen führt, erreichen wir am 18. Krummau, ehemals böhmisches Herzogtum. Die alte Bnrg wird
schon vom Minnesänger Ulrich von Lichtenstein erwähnt. Als Herren der Herrschaft Krummau werden die Rosen-
berger, später die Habsburger, danü die Fürsten von Egenberg genannt. Durch Erbschaft fiel Krummau an die Fürsten
Schwarzenberg, ursprünglich einem alten fränkischen Geschlecht, das in Böhmen weitausgedehnten Grundbesitz
erwarb. Bei Krummau bildet die Moldau eine Halbinsel, ähnlich wie die Eger bei Elbogen oder die Tepl bei Petschau,
und wie dort wurde sie zur Anlage einer festen Burg ausgenutzt. Das Schloß von Krummau übertrifst an Größe bei
weitem noch die Burgen Petschau und Elbogen. Es bildet eine Gruppe von Gebäuden, Höfen, Toren, Brücken,
alle überragt von einem gewaltigen runden Bergfried, ein Gemisch verschiedener Stilarten von der Gotik bis zum
Rokoko. Der Hauptturm selbst vereinigt in sich mehrere Stile: auf dem mittelalterlichen Unterbau sitzt ein zierlicher,
säulengetragener Oberbau der Renaissance.
Mehrere Tore und Brücken vermitteln den
Zugang zur Kernburg. In der Vorburg pa-
trouilliert ein uniformierter Posten der fürstlich
Schwarzenbergschen Leibwache, in seiner alter-
tümlichen Tracht wie ein Bild von Spitzweg
anmutend, einzig überlebender Zeuge einer
romantischen Vergangenheit. Um die Burg-
romantik noch zu erhöhen, werden in einem
Zwinger vor der Hauptburg Bären gehalten,
so wie das auch in alter Zeit auf der Wartburg
der Fall war. An den Fassaden der als Be-
amtenwohnungen dienenden Gebäude der Vor-
burg bewundert man reizvolle Renaissance-
ornamente und Figuren, Szenen antikisierenden
Stils, Darstellungen der Tugenden u. a. m. Über
einen: tiefen, nach beiden Seiten zur Moldau
abfallenden Graben gelangt man zur Hochburg.
Zu ihr gehört auch ein ansehnlicher Theaterbau,
von einem Schüler der berühmten Theaterbauer-
Familie Galli gen. Bibbiena erbaut. Die Sitte,
in ihren Schlössern — wenn Raum und Mittel
es erlaubten — Privattheater einzubauen, über-
nahmen die großen Familien Böhmens von
Italien. An Italien erinnert auch der soge-
nannte Redoutensaal, vollständig ausgemalt mit
Figuren und Masken der italienischen Komödie
im illusionistischen Stil (1748). Uber hundert
verschiedene Typen sollen wiedergegeben sein,
eine wahre Fundgrube für die Kulturgeschichte
des Rokoko.
Dem Tal der Moldau aufwärts folgend,
gelangen wir zu der hoch über dem Fluß liegen-
den, dem Grafen Buquoy gehörenden Burg
Rosenberg. Der Besitzer empfängt uns am
Abb. 25. Wasserburg Heidenreichstein, Niederdonau. eshardt. ^^ß Unrg. Auf der höchsten Stelle erhebt
 
Annotationen