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Almanach 1920

werden. Eine kritische Neuausgabe von Fichtes Werken
ist oft gefordert, aber niemals — weder durch eine Aka-
demie, noch durch irgendeine sonstige gelehrte Gesell-
schaft — gemacht worden. Könnte sie jetzt aus privater
Anstrengung und Initiative heraus geleistet werden, so
wäre damit eine wahrhafte Ehrenschuld gegen einen
Denker erfüllt, der wie wenige andere in das geistige
Leben der gesamten Nation eingegriffen und ihm sein
charakteristisches Gepräge gegeben hat. Für das Stu-
dium Fichtes kommen gegenwärtig nur zwei Ausgaben
in Betracht: die ältere von seinem Sohn Immanuel
Hermann Fichte und die neuere von Medicus. Die
Ausgabe von Medicus ist innerhalb ihrer Grenzen
vortrefflich; aber sie beschränkt sich auf eine Aus-
wahl und gibt namentlich von Fichtes Wirksamkeit als
philosophischen Lehrer bei weitem kein erschöpfendes
Bild. Was dagegen die ältere Ausgabe betrifft, so hat
sie sich zwar, neben den gedruckten Werken Fichtes,
auf reiches handschriftliches Material stützen können;
aber sie hat dies Material nirgends in streng konsequenter
und streng kritischer Weise behandelt. Die willkürliche
Anordnung der Fichteschen Schriften, die nirgends ein
festes Prinzip erkennen läßt, hat schon Kuno Fischer
mit Recht getadelt; — aber noch weit bedenklicher ist
es, daß der handschriftliche Nachlaß Fichtes hier nicht
mit wirklicher Treue und Vollständigkeit wiedergegeben
zu sein scheint. Eine Vergleichung mit den Hand-
schriften, die sich in der Königlichen Bibliothek zu
Berlin befinden, führt — wie mehrfache Proben bereits
gezeigt haben — fast durchweg auf Lücken in der
Wiedergabe des Grundtextes, auf willkürliche Aus-
 
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