Dostojewski: Die Seele Rußlands
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Saal, und wenn auch etwa nur der fünfte Teil der
Anwesenden sich daran beteiligte, so war ihr Klatschen
dafür um so wütender und lauter. Das übrige Publikum
drängte dem Ausgang zu, da aber die Beifallklatschen-
den zur Bühne hinstrebten, entstand eine allgemeine
Verwirrung. Die Damen schrien entsetzt, etliche von
den jungen Mädchen weinten und wollten nach Hause.
Lembke war von seinem Platze aufgestanden und
schaute immer wieder mit finsterem Blicke um sich. Julia
Michajlowna war ganz außer Fassung, zum erstenmal,
seit sie bei uns eingezogen war, sah ich sie so. Was
Stepan Trofimowitsch betrifft, so schien er im ersten
Augenblick durch die Worte des Seminaristen buch-
stäblich niedergeschmettert. Plötzlich jedoch hob er
beide Arme empor, breitete sie wie beschwörend über
das Publikum aus und rief laut über den Saal hin:
„Ich schüttle den Staub von meinen Füßen und
fluche euch! . . . Alles ist zu Ende, zu Ende . .
Dann wandte er sich und lief, drohend mit den
Armen fuchtelnd, hinter die Kulissen.
„Er hat die Gesellschaft beleidigt! . . . Holt ihn her-
aus! Werchowenski!“ schrien sie durcheinander.
Ganz aus Rand und Band waren sie geraten, und
schon wollten sie ihm in die Kulissen nachstürzen, als
plötzlich die endgültige Katastrophe wie eine Bombe
auf die Gesellschaft niederkrachte und mitten in ihr
zerbarst: der dritte Redner, jener Halbverrückte, der
hinter den Kulissen immer die Faust geschwungen
hatte, kam plötzlich auf die Bühne gelaufen. Er machte
ganz den Eindruck eines Irrsinnigen. Mit einem brei-
ten, triumphierenden Lächeln, in dem ein maßloses
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Saal, und wenn auch etwa nur der fünfte Teil der
Anwesenden sich daran beteiligte, so war ihr Klatschen
dafür um so wütender und lauter. Das übrige Publikum
drängte dem Ausgang zu, da aber die Beifallklatschen-
den zur Bühne hinstrebten, entstand eine allgemeine
Verwirrung. Die Damen schrien entsetzt, etliche von
den jungen Mädchen weinten und wollten nach Hause.
Lembke war von seinem Platze aufgestanden und
schaute immer wieder mit finsterem Blicke um sich. Julia
Michajlowna war ganz außer Fassung, zum erstenmal,
seit sie bei uns eingezogen war, sah ich sie so. Was
Stepan Trofimowitsch betrifft, so schien er im ersten
Augenblick durch die Worte des Seminaristen buch-
stäblich niedergeschmettert. Plötzlich jedoch hob er
beide Arme empor, breitete sie wie beschwörend über
das Publikum aus und rief laut über den Saal hin:
„Ich schüttle den Staub von meinen Füßen und
fluche euch! . . . Alles ist zu Ende, zu Ende . .
Dann wandte er sich und lief, drohend mit den
Armen fuchtelnd, hinter die Kulissen.
„Er hat die Gesellschaft beleidigt! . . . Holt ihn her-
aus! Werchowenski!“ schrien sie durcheinander.
Ganz aus Rand und Band waren sie geraten, und
schon wollten sie ihm in die Kulissen nachstürzen, als
plötzlich die endgültige Katastrophe wie eine Bombe
auf die Gesellschaft niederkrachte und mitten in ihr
zerbarst: der dritte Redner, jener Halbverrückte, der
hinter den Kulissen immer die Faust geschwungen
hatte, kam plötzlich auf die Bühne gelaufen. Er machte
ganz den Eindruck eines Irrsinnigen. Mit einem brei-
ten, triumphierenden Lächeln, in dem ein maßloses
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