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Künstleranekdoten

I7I
in einem der besten Hotels ein Fremder abgestiegen,
fast ohne Gepäck, doch führe er eine Anzahl bemalter
Leinwände bei sich, worauf sehr wenig zu sehen sei
und die er mit hunderttausend Mark versichert habe.
Die Hotelverwaltung fürchte nun, es mit einem Brand-
stifter zu tun zu haben, der die Versicherungssumme
gewinnen wolle. Vorher wolle die Polizei aber doch
anfragen, da es immer peinlich sei, Künstlern gegen-
über Mißgriffe zu begehen. Der Kunsthändler begab
sich mit dem Polizisten in das bezeichnete Hotel, blickte
in das Zimmer hinein und sagte lachend: „Es ist alles
in Ordnung — guten Tag, Herr Munch.“
Whistler und Wilde
Viele der funkelnden Paradoxe über Kunst, die man
in Wildes „Intentions“, in seinem „Verfall der Lüge“
und seinem „Dorian Gray“ lesen kann, stammen nicht
von Wilde selber, sondern von Whistler. Dieser, der
ebenfalls sehr eitel war, ärgerte sich darüber, schwieg
aber. Einst saßen beide bei einem Diner einander
gegenüber und Whistler ließ wieder einmal ein Brillant-
feuerwerk von Paradoxen steigen. Wilde war begeistert
und registrierte das Neue schnell in seinem Gehirn. Bei
einem besonders schlagenden Ausspruch rief er aus :
„Schmetterling, der Witz ist gut, der ist sehr gut, den
möchte ich selbst gemacht haben.“ Whistler entgegnete
ruhig: „Keine Angst, Oskar, ich bin sicher, du wirst ihn
machen.“

Aus „Kunst und Künstler'
 
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