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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Editor]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 2.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.6484#0033
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Chriſtliche

Kunſtblätter

Organ des chriſtlichen Knnſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 21.

Domine dilexi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

September 1868.

Statuen von gleichem Holz gefertigt ſind, oder mit Ausnahme
des Tabernakels und Antipendiums nur ganz mäßig. Letztere
ſollen aber deßhalb mit Auszeichnung behandelt werden, ſei es
nun durch reiche Faſſung oder reiches Schnitzwerk, weil Taber-
nakel und Menſa die Hauptbeſtandtheile des Altares und der
Opferhandlung und Liturgie gewidmet ſind. '*)
Will man Altäre von anderm Holz machen, ſo bedürfen
dieſe der durchgängigen Faſſung, weil ſie den Eigenſchaften des
an ſich majeſtätiſchen Eichenholzes, insbeſondere auch der Gleich-
heit und Ebenmäßigkeit ſeiner Naturfarbe, entbehren. Aber
wie ſoll dieſe Faſſung beſchaffen ſein? Man ſollte ganz den
Muſtern der Alten folgen, welche ihre Altarſchreine an
der Außenſeite mit Kreidegrund überzogen und mit farbigen
Pflanzendeſſins u. dgl. bemalten und zwar in kräftigem jedoch
keineswegs ſchreiendem Tone gehalten, weil die Rahme eine
bloße Einfaſſung der Gemälde oder Statuengruppen ſein, aber
nicht ſelbſtſtändig auftreten ſoll. Die Maler und Bildhauer
ſollten darauf ausgehen, ſolche alte Muſterfaſſungen anzu-
ſchauen, um ein Abſehen davon zu nehmen. Nicht zu billigen
iſt, die Altäre nach Art der profanen Zimmermeubles zu be-
handeln und denſelben einen Eichenholzanſtrich oder den Heiligen-
ſtatuten einen ſ.g. Stein- oder Elfenbeinton zu geben. Ganz
abgeſehen davon, daß ſolche Heiligenbilder nicht ſo zum Zwecke
der Erbauung für das Volk dienen, wie die polychromirten
Bilder, widerſpricht eine derartige, wenn auch auf der einen
oder andern Academie beliebten Faſſung dem Princip der
Wahrheit. Jn der Kirche ſoll alles Scheinwerk vermieden
werden. Was nicht wirklich von Stein oder Elfenbein iſt ſoll
nicht als ſolches erſcheinen wollen.
2. Welchen Styl, welche Form und Conſtruction ſoll man
für die Altäre wählen? Man unterſcheidet bekanntlich einen
romaniſchen, einen gothiſchen (früh- und ſpätgothiſchen), einen
Rococo- und Zopfſtyl. Nachdem wir beſonders den letzteren als
eine Ausartung des Kunſtſinnes, als eine Repriſtinirung des
heidniſchen Bauſtyles mit geſchmackloſer Zugabe kennen gelernt
haben, ſo bleiben uns nur die beiden erſten als Muſterſtyle

J. * Aeber den Altar, die Ausſtattung der Kirchen,
Kirchenbauten und eſtaurationen.
Nachdem in den vorhergehenden Artikeln (Nr. 16u. 17) eine
gedrängte Skizze über die hiſtoriſche Entwicklung des chriſtlichen
Altarbaues gegeben worden iſt, ſo bleiben noch einige ſehr wichtige
practiſche Fragen übrig, nemlich die, wie man die neuen Altäre
conſtruiren und anfertigen ſoll, nach welchem Styl, aus welchem
Material u. ſ. w.? Manche Stiftungscommiſſionen machen
ſich nicht viel Kopfzerbrechens darüber, der nächſte beſte Schrei-
ner oder Dilettant in der Schnitzerei bekommt den Auftrag,
eine Altarzeichnung anzufertigen und einzureichen. Ein Milch-
käſtchen als Tabernakel, zu beiden Seiten einige Staffeleien
von Tannenbrettern mit Eichenholzfarbe angeſtrichen, oder als
Aufbau eine Art Bildrahme im Rund- oder Spitzbogenſtyl
mit einigen griechiſchen Kapitälen oder mit Krabben, Gold-
ſtreifen und ſonſtigen Ornamenten — und der ſchönſte romaniſche
oder gothiſche Altar ſteht fix und fertig da! Und was die
Hauptſache iſt, ein ſolches Kunſtwerk koſtet blos 300 oder
400 fi. An einen ordentlichen Künſtler ſich zu wenden, iſt zu
umſtändlich, noch einige Jahre zuzuwarten, bis man über mehr
Mittel verfügen könnte, läßt der ungeduldige Eifer nicht zu.
Ein Altar iſt aber doch nicht ein Gegenſtand, den man ſobald
wieder ändern kann; man baut ihn auf Generationen hinein,
darum muß man von dem Grundſatze ausgehen, immer etwas
Stylgerechtes herzuſtellen. Die nachfolgenden Zeilen ſollen den
Zweck haben, hierüber Winke und Fingerzeige zu geben.
1. Welches Material ſoll der Bildhauer zu den Altären
verwenden?*) Der Altar als der Thron Gottes, als die Stätte,
wo das allerheiligſte Opfer dargebracht wird, ſoll ein würdiges,
ernſtes, erhebendes und ſolides Ausſehen haben, ohne plump
zu ſein; darum eignet ſich das Eichenholz, welches dieſe
Eigenſchaften vermoge ſeiner natürlichen Beſchaffenheit in
hohem Grade repräſentirt — ganz beſonders zum Altarbau.
Durch Anwendung eines guten Firniſſes bekömmt das Eichen-
holz eine ſchöne braune Farbe, zugleich iſt aber auch der Firniß
ein Mittel, dasſelbe vor dem Eindringen der Würmer zu be-
wahren. Ein geſchnitzter Altar von Eichenholz braucht ent-
weder gar nicht gefaßt zu werden, beſonders wenn auch die

*) Die Menſa mit einer Rahme umgeben zur Befeſtigung des Altartuches
iſt nicht nur unſchön, ſondern verboten. Fruͤher waren Antipendien von
Seidenſtoff mit Stickerei, die nach den Kirchenfarben wechſelten, häufig und
ſind auch jetzt empfehlenswerth.

*) Weil Altäre von Stein ſelten ſind, iſt hier nicht davon die Rede
 
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