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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 2.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.6484#0013
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Chriſtliche

Kunſtblätter

Organ des chriſtlichen Knnſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 16.

Domine dilexi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

April 1863.

* Aeber den Altar, die Ausſtattung der Kirchen,
Rirchenbauten und Reſtaurationen.

loren, ſondern nur gewonnen. Jch glaube deshalb kein un-
nützes Geſchäft zu unternehmen, wenn ich in einer Reihe von
Aufſätzen einzelne Winke und Fingerzeige über die angekündigten
Thematen gebe, wobei ich mich jedoch nicht etwa blos auf ei-
gene Studien und Erfahrungen, ſondern namentlich auch auf
die in einzelnen wiſſenſchaftlichen und practiſchen Schriften und
Werken niedergelegten und ausgeſprochenen Grundſätze ſtütze, die
von Männern herrühren, denen wirklich ein competentes Urtheil
zuſteht, und die ſich bereits große Verdienſte um die chriſtliche
Kunſt erworben haben. Jch beginne mit dem Altare, weil
derſelbe das Centrum, das weſentlichſte Stück der innern Aus-
ſtattung der Kirche bildet, und weil dermalen viele Beſtellungen
von Altären gemacht werden.
1. Ueber den Altarbau.
Die künſtleriſche Behandlung des Altares iſt keineswegs der
bloßen Willkür des Künſtlers anheimgegeben, ſondern dieſelbe iſt
bedingt durch den liturgiſchen Zweck des Altares und die tra-
ditionellen Formen. Es dürfte demnach einleuchten, daß zunächſt
die Bedeutung und die Beſtimmung des Altares und deſſen hi-
ſtoriſche Entfaltung und Entwicklung in Betracht gezogen wer-
den muß, ehe von deſſen künſtleriſcher Behandlung die Rede
ſein kann; denn dieſe muß ſich nach der Erſtern richten und
joll nur die Verkörperung, die ſinnliche Darſtellung der geiſti-
gen Jdee ſein.
Der Altar iſt der Opfertiſch, die Opferſtätte für das
ſichtbare, aber unblutige Opfer, das Jeſus Chriſtus in ſeine Kirche
eingeſetzt hat, beſtehend in der Darbringung ſeines myſtiſchen
Leibes und Blutes. Der Altar iſt das Bild jenes Tiſches, auf
welchem der Sohn Gottes am Vorabend ſeines Leidens das hei-
ligſte Sacrament als Opfer eingeſetzt hat, er iſt das Bild des
Kreuzes, des Kalvarienberges, ja jenes heiligſten Leibes ſelbſt,
welcher der eigentliche Altar war, in welchem und auf welchem
Chriſtus ſein Opfer für die Menſchheit darbrachte.') Der Altar
iſt ferner die Wohnſtätte Chriſti, der Aufbewahrungsort ſei-

Ueberall gibt ſich ein erfreulicher Eifer kund, neue Gottes-
häuſer zu erbauen, die alten Kirchen nach Jnnen und Außen
zu reſtauriren, würdig auszuſtatten und mit neuen Altären,
Statuen, Glas- und anderen Gemälden zu ſchmücken. Weni-
ger iſt aber oft die Art und Weiſe der Herſtellungen zu loben,
als die gute Abſicht und der Eifer, womit ſolche unternommen
werden; denn nicht ſelten müſſen die mit verhältnißmäßig großen
Summen bewerkſtelligten Ausſtattungen und Bauherſtellungen
als verunglückte bezeichnet werden, was um ſo bedauernswerther
iſt, als man auf Generationen und Jahrhunderte hinein die
Sache dann verdorben hat. Die Kenntniſſe der chriſtlichen Kunſt
ſind noch zu jung, ſind noch nicht Gemeingut des Klerus und
der Techniker geworden. Die Zahl derer, die wirklich etwas
verſtehen, die durch Studien, Anſchauungen und Erfahrungen
das Verſtändniß derſelben ſich erſchloſſen haben oder doch we-
nigſtens anzueignen bemüht ſind, iſt gering. Dagegen fehlt es
nicht an ſolchen, die lediglich ihr ſubjectives Urtheil als Maß-
ſtab anlegen und das Profane ohne Bedenken in das Heilig-
thum übertragen, als ob das Kirchliche nicht ein ſpecifiſches
Gepräge hätte und nicht auf geiſtigen Principien beruhte, die
zuerſt erfaßt, erkannt und conſequent bis zur kleinſten Anſchaf-
fung feſtgehalten werden müſſen. Wie ſelten verfährt man
z. B. bei Reſtaurationen nach einem durchdachten, einheitlichen
Plane? Bei dem einen Künſtler beſiellt man dieſes, bei dem
andern jenes, ohne daß der eine vom andern etwas weiß. Bald
läßt man eine Statue von Holz machen, bald kauft man ſich
eine von ſog. Maſſe. Jſt das Harmonie, iſt das überlegter
Plan? Ein Anderer läßt mit dem größten Eifer einen ſchonen
Altar und Glasgemälde verfertigen, und wenn der Altar auf-
geſtellt iſt und die Glasgemälde eingeſetzt ſind, ſo findet man,
daß die letzteren zu grell und daß der erſtere dadurch Licht und
Effect verloren hat und völlig in Schatten geſtellt iſt. Wie ſehr
muß man alſo zunächſt wünſchen, daß man ſich nicht übereilen
und daß man auch wirklich Sachverſtändige (was bei Weitem
nicht alle Techniker und Handwerker ſind) vorerſt zu Rath zie-
hen möge. Durch Zuwarten und Zögern wird hier nichts ver-

*) ,,Forma Corporis Christi altare est, et corpus est in altari.''
St. Ambros.
,,Altare in tabernaoulo novo, id est, in ecclesia sancta, imaginem
Oorporis Ohristi et s0pulehri tenet, in quo sanguis veri agni et
immaclati Christi qotidie a fdelibus immolatr.'' Syn. Attrib. a. 1025.
 
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