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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 2.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.6484#0014
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— 62 —

nes hl. Leibes und Blutes, darum iſt er das Bild des Aller-
heiligſten, des hl. Gezeltes und Berges Gottes, des Altares
im himmliſchen Jeruſalem, des Thrones, auf dem das gött-
liche Lamm ruht und unter dem die mit ihm getödteten Gerech-
ten ihrer Verherrlichung entgegenharren. *) Endlich iſt der
Altar nach dem Katech. Rom. auch der geiſtige Opferaltar,
auf welchem die Gebete, die Entſchlüſſe und die guten Werke
der Gläubigen in Vereinigung mit dem Opfer Chriſti darge-
bracht werden, er iſt ſomit auch das Bild des chriſtlichen Her-
zens. Dem Altar, welcher einer ſo heil. Beſtimmung dient,
gebührt deshalb auch in jeder Beziehung die größte Aufmerk-
ſamkeit, wie er denn wirklich von jeher ein Gegenſtand heil.
Ehrfurcht für die Chriſten geweſen iſt; er participirt gleichſam
an der Heiligkeit des Opfers, das auf ihm dargebracht wird.
Kein Wunder, daß der Altar ein Gegenſtand kirchlicher Geſetz-
gebung geweſen iſt und noch iſt! Wenn ſchon die Altäre des
alten Bundes unter göttliche Vorſchrift fielen, ') ſo konnte doch
wahrlich die Kirche den Altar des neuen Bundes nicht der be-
liebigen Behandlung Einzelner überlaſſen.
Was die Geſchichte des Altares anlangt, ſo unterſcheidet
man gewöhnlich drei Entwicklungsperioden, nämlich: die der
erſten Zeit bis in das 9. Jahrhundert, wo die Tiſchform
vorherrſchte, dann von da dis zum 14. Jahrh., wo die Reli-
quienauf ſätze aufkommen und allgemein werden, und endlich die
Zeit, wo an deren Stelle die mit aller Kunſt der Sculptur und
Malerei gefertigten Altarſchreine und Aufſätze von Holz
treten bis zum Beginne der Renaiſſance, d. i. bis zum Ver-
falle der Kunſt. Man darf ſich jedoch die Sache nicht ſo vor-
ſtellen, als ob jedesmal mit dem Anbruch einer neuen Periode
die frühere Form gänzlich verlaſſen und die Neubildung zur
Alleinherrſchaft gelangt wäre; ſondern es haben ſich Altäre
alter Conſtruction noch bis in das Mittelalter herein erhalten.
Welches war nun die Form und Beſchaffenheit der älteſten
Altäre? Sie waren Tiſche nach dem Vorbilde des erſten
Altares, auf welchem der göttliche Hoheprieſter das erſte Opfer
darbrachte. Darum fagt der Apoſtel Paulus IKor. 10, 21:
,Jhr könnet nicht Antheil am Tiſche des Herrn haben und am
Tiſche der Teufel.'' Und bis auf den heutigen Tag iſt der
Ausdruck geblieben: zum Tiſche des Herrn gehen. Jndeſſen
bedient ſich auch der heil. Paulus gleichzeitig der Bezeichnung
,,Opferſtätte.'' Hebr. 13, 10. Bemerkenswerth iſt, daß man
ſchon in den älteſten Zeiten den Altar auch nach den Heiligen
benannt hat. So nennt der hl. Auguſtin den auf dem Grabe
des hl. Cyprian errichteten Altar den , Tiſch des hl. Cyprian.''
Die erſten Altäre waren alſo Tiſche von Holz. Jn Rom wird
der Tiſch des Herrn und der des hl. Petrus aufbewahrt, beide
befinden fich im Lateran. Erſterer hat gar keinen Schmuck, iſt
12 Schuh lang, 6 Schuh breit und 1 Zoll dick; letzterer beſteht
nur aus einigen tannenen Brettern, auf welchen vornen ein
Kreuz eingeſchnitten iſt. Die morſche Holztafel iſt ſpäter mit
einem ſteinernen Altare überkleidet worden, welcher noch heute
den päpſtlichen Altar in der lateraniſchen Baſilica bildet. Nach
den Reſultaten der neueſten Forſchungen iſt es Papſt Evariſtus
geweſen, der um 100— 109 verordnete, daß die Altäre von
Stein ſein und vom Biſchof conſecrirt werden ſollen. Jm
Brevier (26. Oct.) iſt von ihm geſagt, daß er Rom in Pfar-
reien eingetheilt habe, die er , Titel' nannte. Titulus iſt dem-
nach die Bezeichnung für die Kirche, näherhin für den ſteiner-
nen Altar geweſen. Es heißt alſo ,,titulus Pastoris,' ,,titu-
lus Pudentianae'' u. ſ. w. nach der urſprünglichen Bedeutung
nichts anderes, als der Altarſtein des Paſtors, der Pudentiana,

wie man denn auch bis zu Ende des Mittelalters die Beneficien
auf die Altäre gegründet und darnach benannt hat. Wenn auch
nach der Verordnung des hl. Evariſtus noch hölzerne Altäre
vorkamen, ja ſelbſt bis in das 9. Jahrh. herein ſich welche
vorfinden, ſo erklärt ſich das wohl daraus, daß man eben die
alten, ſo lange ſie dauerten, hat beſtehen laſſen, ſowie aus dem
Umſtand, daß zur Zeit der Verfolgungen, ſowie auch ſpäter
den Miſſionären zum Gebrauche ſolche ſind geſtattet worden.
Der Altar beſtand aus drei Haupttheilen: der Confeſfio
dem eigentlichen Altartiſch, und dem Ciborium. Bekannt-
lich hat man gerne auf den Gräbern der hl. Martyrer Kirchen
und Altäre erbaut. Wo ſich keine hl. Leiber vorfanden, hat
man auch ſolche aus den Katakomben übertragen, und die hl.
Ueberreſte in koſtbare und reichgeſchmückte Särge verſchloſſen.
So iſt von Kaiſer Conſtantin dem Großen erzählt, daß er in
der von ihm erbauten vaticaniſchen Baſilica habe eine Con-
feſſio bauen und die hl. Ueberreſte der Apoſtelfürſten in ei-
nen ehernen vergoldeten Sarg, worauf ein goldenes Kreuz von
150 Pfd. geſtellt wurde, habe verſchließen laſſen. Was war
dieſe Confeſſio? Nichts anderes als eine größere oder kleinere
unterirdiſche Kapelle oder Kirche, die Grabſtätte, die Gruft des
hl. Martyrers. Wer ſchon die Krypten der Münſter zu Con-
ſtanz, Baſel, Straßburg oder des hl. Ulrich in Augsburg ge-
ſehen hat, kann ſich leicht einen Begriff von der in Rede ſtehen-
den Confeſſio machen. Der Name Confeſſio iſt gleichbedeutend
mit dem griechiſchen Martyrium und heißt nichts anderes, als
Bekenntniß, Zeugniß. Die Verbindung der Reliquien mit
dem Altare findet ſeine Begründung ſchon in der Offenbarung
Johannis Cap. 6, 9. Dort ſieht der hl. Seher, als das fünfte
Siegel eröffnet wird, ,,unter dem Altare'' die Seelen der-
jenigen, die getödtet worden ſind um des Wortes Gottes und
Zeugniſſes willen, an dem ſie hielten.'' Sie findet ihre Be-
gründung in der kathol. Anſchauung vom Martyrerthum und
von dem Verhältniſſe der Martyrer zu Chriſtns und zu den
Gläubigen auf Erden.
Die Reliquien der hl. Martyrer ſind gleichſam die Sieges-
trophäen des Glaubens an Chriſtus, wie denn auch die hl. Vä-
ter dieſes Moment beſonders hervorheben. Sie ſind eine Ver-
herrlichung des hl. Opfers, und das ehrenvolle Grab unter dem
Altare iſt zugleich ein Theil des dem hl. Martyrer gebührenden
Lohnes. Zugleich iſt darin die Gemeinſchaft mit der triumphi-
renden Kirche ausgedrückt und ein Beiſpiel der Nachahmung vor
Augen geſtellt. So ſagt der hl. Ambroſius: ,,Jch verehre im
Fleiſche der Martyrer die um Chriſti willen empfangenen Wund-
male; ich verehre das Andenken an einen Heldenmuth, der nie
ſtirbt. Jch verehre die Aſche, welche durch das Bekenntniß
Chriſti geheiligt wurde; ich verehre den Leichnam, der mir zeigt,
wie ich den Herrn lieben ſoll, und der mich lehrt, ſelbſt den
Tod des Herrn wegen nicht zu ſcheuen.'' Ebenſo ſchön und
begeiſtert ſpricht ſich der hl. Chryſoſtomus (Orat. in Julian.
mart.) aus: ,, Gott hat ſich mit uns in die Martyrer getheilt,
und während er die Seelen zu ſich genommen, hat er uns
gleichſam die Leiber zugetheilt, damit wir die hl. Gebeine der-
ſelben als Ermahnungsmittel zu beſtändiger Tugend bei uns
behalten ſollen. Denn, wenn der, welcher die blutigen Waffen
eines Kriegers erblickt, den Schild, den Spieß, den Panzer,
und wäre er auch ſonſt unter Allen am wenigſten kampfluſtig,
ſogleich aufſpringt, in ſich entbrennt und begierig zum Kampfe
hinauszieht und ſo aus dem Anblicke der Waffen ſchon den
Muth empfängt, dieſelben Thaten zu vollbringen: wie ſollten
wir, die wir nicht etwa blos die Waffen, ſondern den Leib des
Heiligen, der gewürdigt worden, für das Bekenntniß Chriſti
ſein Blut zu vergießen, ſelbſt erblicken, wie könnten wir uns,
und wären wir auch noch ſo zaghaft, nicht zur Nacheiferung
ermuthigt fühlen, da dieſer Anblick wie Feuer in unſere Seele

*) Offenb. Joh. 5, 6; 7, 17; 6, 19. ,,Quid est enim altare, isi
sedes Corporis et sanguinis Christi?' Optat. de Milev. Catech. Rom.
P. 2. o. 9.
2 Moſ. 25, 23 ff.: 27, 1ff.; 40, 1ff.
 
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