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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 2.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.6484#0015
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— 63 —

deſſen Allerheiligſtes durch einen Vorhang abgeſchloſſen war.
Dieſe Vorhänge wurden bei gewiſſen Theilen der hl. Meſſe ge-
öffnet, bei anderen geſchloſſen, auch wurden einzelne Gebete
außerhalb des Ciboriums verrichtet. Dieſer alte Ritus hat ſich
noch im Pontificalamt erhalten, wo alle vorbereitenden Gebete,
wie Staffelgebet, Jntroitus, Khyrie, Gloria, die Collecten, Epi-
ſtel und Evangelium, Graduale und Credo außerhalb des Al-
tares verrichtet werden. Genau in dieſen Theilen beſtand auch
die Katechumenen-Meſſe. Wie dieſe Vorbereitungs-Gebete ge-
ſprochen waren und der Biſchof zur Opferung zu dem verhüll-
ten Altar einzutreten bereit war, mußten die Katechumenen und
die Ungläubigen ſich entfernen. Es trat der Diacon vor die
Verſammlung und ſprach die Entlaſſungsformel: Ite missa est
oder eine andere. Erſt nach Abtretung der Uneingeweihten trat
der Biſchof in das Heiligthum ein, um das Opfer zu beginnen.
Während des Eintretens betete er die oratio veli. Noch heute
betet der Prieſter ein ſolches Gebet, nur iſt es jetzt vor den
Jntroitus geſchoben. Es iſt nämlich das Gebet beiin Aufſtei-
gen der Altarſtufen: ,, Nimm, wir bitten Dich, o Herr, alle
unſere Sünden von uns hinweg, damit wir mit reinem Herzen
in das Allerheiligſte eintreten.'' Der wiederholte Ausdruck
von Eintreten in den Altar (introibo, introitus) bezieht ſich
auf und erklärt ſich durch die Verhüllung des Altares. Nicht
blos der Hauptaltar, ſondern auch die Nebenaltäre waren mit
ſolchen Ciborien verſehen. Bis tief in das Mittelalter herein
haben ſich ſolche Ciborienaltäre erhalten. Die weſentlichſten
Beſtandtheile der Ciborien ſind Säulen und Bedachung. Die
erſteren ſind bald durch Architraven, bald durch Bogen mit ein-
ander verbunden. Ebenſo verſchieden iſt die Conſtruction des
Daches, bald ſpitz, bald kuppelartig, bald eben mit einer Brü-
ſtung, einem Lettner ähnlich. Jm Mittelalter werden die Re-
geln des Spitzbogens und der gothiſchen Ornamentik angewen-
det. Wenden wir uns nun zur zweiten Periode der Entwick-
lung des Altarbaues, ſo finden wir in derſelben, wie oben
bemerkt, als characteriſtiſches Merkmale die Reliquienaufſätze.

fällt und uns zu demſelben Kampfe auffordert u. ſ. w. ,,Wir
verehren die Gräber der Heiligen, ſchreibt Cyrill. v. Alex., um
ihnen an der Stätte ihres ausgezeichneten Heldenmuthes, ihres
errungenen Kampfpreiſes und Verdienſtes ein unſterbliches An-
denken zu widmen.'' Und der hl. Auguſtin ſetzt die Bedeutung
der hl. Begräbnißſtätten mit folgenden Worten auseinander:
,,Aus keinem andern Grunde werden die Grabſtätten mit den
Jnſchriften der Verſtorbenen Gedächtnißorte (memoriae) oder
Denkmale (monumenta) genannt, als weil durch ſie das Ge-
dächtniß derjenigen, die durch den Tod dem Auge der Lebenden
entzogen ſind, unter uns ſtets erhalten bleiben ſoll, damit ſie
nicht auch in unſerm Herzen vergeſſen werden, und weil die-
ſelben uns ſtets an die Hinübergegangenen mahnen. Denn ſo-
wohl durch den Namen Gedächtnißort als durch die Bezeichnung
Denkmal wird dieſes ausgedrückt, indem ſie uns ſtets mahnen,
an ſie zu denken.'' Dieſe wenigen Citate mögen genügen, um
zu erſehen, welchen hohen Werth das chriſtliche Alterthum auf
die Hinterlegung der hl. Gebeine in dem Altare legte und in
welch' innigem und wohlbegründetem Zuſammenhange die Re-
liquien mit demſelben ſtehen.
Wie bereits angedeutet worden iſt, ſtand alſo der eigentliche
Altar über der Confeſſio, der Grabſtätte des hl. Martyrers.
Derſelbe beſtand in einer ſteinernen Platte, die entweder auf
Säulen ruhte, oder auf einem Mauerbau, der aber hohl war,
alſo einem Sarge ähnlich. Sehr häufig, namentlich im Abend-
lande, hatte der Altar eine Bekleidung, d. h. der Unterbau
(nicht die Altarplatte ſelbſt) wurde mit loſtbaren Stein- oder
prachtvollen Gold- und Silberplatten, oder mit golddurchwirk-
ten ſeidenen Vorhängen umgeben, ſo daß durch dieſe die den
Altarſtein tragenden Säulen und Subſtructionen verdeckt wur-
den. Man hieß dieſes: altare vestire, d. i. den Altar beklei-
den, und die ſteinernen oder goldenen und ſilbernen Platten, ſo-
wie die ſeidenen Umhänge hießen: vestes oder vestimenta al-
taris. Der Gebrauch der ſeidenen Bekleidung, welche nach der
Feſtfarbe wechſelten, erhielt ſich noch in den Klöſtern bis auf
unſere Zeit herab, und noch jetzt beſteht die kirchliche Vorſchrift,
daß bei einem Requiem der Altar mit einem ſchwarzen Anti-
pendium bekleidet werden ſoll. Leider wird dieſe Vorſchrift der-
malen ganz außer Acht gelaſſen, und ſtatt deſſen beſtellt und be-
hängt man den Altar rubrikenwidrig mit gemalten Todtenköpfen
und Wappen.
Wie uns Anaſtaſius erzählt, machten Päpſte, Kaiſer, Bi-
ſchöfe u. ſ. w. den Kirchen großartige und werthvolle Schenkun-
gen mit ſolchen Altarumkleidungen.
Die alten Altäre hatten einen ſchützenden Ueberbau, ein
Baldachin, das man Ciborium nannte. Dieſer Ueberbau
ruhte in der Regel auf vier Säulen, der Stoff, aus welchem
die Ciborien gefertigt, waren theils mit Silber- oder Goldblech
überzogenes oder mit Farben geſchmücktes Holz, theils Mar-
mor, theils edle oder unedle Metalle. Dieſe oft mit großer
Kunſt gefertigten und reichlich ausgeſtatteten Ueberdachungen
dienten nicht nur zum beſſern Schutz des Altares, ſondern hat-
ten auch eine ſymboliſche Bedeutung. Die vier Säulen ſinn-
bilden den viereckigen (nach der alten Anſchauung) Raum der
Welt, in deren Mitte der Altar der Verſöhnung aufgerichtet
iſt. Das Gewölbe bedeutet den Himmel. Jn der Mitte des-
ſelben hing an Kettchen die Taube herab, das Symbol des hl.
Geiſtes. Jn dieſem Gefäße wurde das Allerheiligſte
aufbewahrt. Die inneren Giebelfelder und Gewölbekappen wa-
ren oft mit Muſivbildern geziert. Nicht blos der Hauptaltar, ſon-
dern ſämmtliche Altäre einer Kirche waren mit ſolchen Ciborien
verſehen. Sie deckten und ſchmückten als vollſtändige Bauten
das Jnnere der Baſiliken. Dieſe Ciborien waren mit koſtbaren
Vorhängen (Tetra vela) verſehen theils wegen der Arcandis-
ciplin, theils um den Altar durch Verhüllung ehrwürdiger zu
machen. Das Vorbild fand man im Tempel zu Jeruſalem,

JJ. Uleber die Verzierung der Fußböden in Kirchen.
Nachdem wir in einigen Artikeln über die Verzierung der
Kirchenwände, und die Erneuerung der monumentalen Malerei
gehandelt haben, wollen wir jetzt über Verzierungen anderer
Theile der Kirchen handeln unter Hinweiſung auf die harmo-
niſche Ausſchmückung, die wir in den Kirchen aus den beſten
Kunſtepochen finden, wo man darnach ſtrebte, das Gotteshaus
in allen Theilen vor den Profanbauten auszuzeichnen. Wir
beginnen mit dem rubricirten Theile, worüber Reichensper-
ger in den ſchon öfter citirten n Fingerzeigen'' folgende An-
deutungen gibt.
Die Verzierung der Fußböden muß, dem Grundgedan-
ken nach, der Verzierung der Wände und Fenſter entſprechen,
wie ſehr auch der Stoff und die Beſtimmung auf die äußere
Erſcheinung modificirend einwirken.
Jn den alten Baſiliken erglänzte der Boden von Moſaik
aus harten, häufig aus ſehr koſtbaren, teppichartig gefügten
Steinchen (opus alexandrinum); das Mittelalter pflegte ſich
eines weniger koſtſpieligen Materials zu bedienen. Mittelſt ge-
brandter quadratiſcher Platten, die meiſt zu je vier ein Deſſin
ausmachen, bildete man in den gothiſchen Kirchen die Bepfla-
ſterung. Zirkel, Curven, Sterne, Kleeblätter, Roſen, ſymboliſche
Thiergeſtalten, heraldiſche Embleme, belebt durch Borduren und
Sprüche, ſpielen da in einander und gewähren einen eben ſo
zweckentſprechenden als ſinnvollen Reflex der im Ganzen wal-
tenden Formen. Die vorherrſchenden Farben ſind roth und
gelb; und je nach dem Maaße des Aufwandes kommen indeß
auch noch andere Farben, ſelbſt Gold vor; letzteres beſonders
in eingeſchloſſenen Kapellen und der nächſten Umgebung der
Altäre. Jm 14. und 15. Jahrhundert findet ſich dieſer Schmuck,
 
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