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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Editor]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 2.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.6484#0040
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— 88 —

Und hinter ihm ist Engelbert erstanden,
Sein Nerk zu zeigen Vtern und Propheten,
Er, der zuerst diess achte under dachte:
,,Ein Abbild ist's, das Menschen nieht erfanden,
Der lichten Höhn, die wir mit Ehrfurcht treten;
Ein Engel wars, der mir den Aufriss brachte.'
K. S1mroekE.

hat, verhält ſich in ſeiner Breite zur Breite des Chores und
der Fortſetzung desſelben, wie 100: 150' oder wie 2:d,
und ſeine Breite zu ſeiner Länge wie 100: 250, alſo wie
2: 5. Die Länge des Domes, 450 römiſche Fuß betragend,
verhält ſich zur Länge des Querſchiffes, der größten Breite des
Ganzen, wie 450: 250', alſo wie 9: 5, und zur Breite der
Kirche in den fünf Schiffen, wie 450': 150', alſo wie 3: 1.
Die Höhe der Thürme ſoll der Länge des Domes gleich er-
ſcheinen, und iſt daher auf dem aufgefundenen, urſprünglichen
Bauriß, indem die perſpectiviſche Verkürzung in Anſchlag 8
bracht iſt, in der Wirklichkeit größer genommen. Die 124
mächtigen Pfeiler, auf welchen die Gewölbe ruhen, ſind aufge-
pflanzt in Reihen zu6 oder 10 und ſtellen ſich im Chor in
einfacher Rundung. So gruppiren, trennen und einen ſich die
koloſſalen Entfernungen zur Höhe, Länge und Breite nach ein-
fachen Verhältniſſen, die ſich innerhalb der erſten Dekade un-
ſeres Zahlen⸗Syſtems vollziehen.
Wir werden dabei erinnert an die Auffaſſung des alten
Weiſen, der, wie Plato die Jdeen, ſo ſeinerſeits die Zahlen
für die Keime und gleichſam Mütter aller Dinge hielt; und
wenn wir auch keineswegs wollen, daß der die Kunſteindrücke
Genießende die Zahlenſcala gleichſam zum Lattenwerk mache,
an welches er die Kunſtanſchauungen annagelt, ſo iſt es doch,
um in dem großen Ganzen das einfache Grundgeſetz zu erken-
nen, und um in der Fülle die Einheit zu ergreifen, von Wich-
tigkeit, ſich jene Proportionen im Geiſte gegenwärtig zu halten,
damit, wie in der Wirklichkeit die Krhſtalliſationspuncte, um
welche der lebendig gewordene Stein ſich anſchließt, durch Ziehen
proportionaler Linien gewonnen werden, ſo auch bei der e
conſtruction dieſer großartigen Kunſtidee im beſchauenden Geiſte
das einfache Schema unſerer Vorſtellung Halt und unſerem
Gedächtniſſe eine feſte Stütze verleihe. Jn dieſer Abſicht ſind
für diejenigen, welche als Freunde der Kunſt in dieſen Wochen
das Denkmal alten und neuen Kunſtbeſtrebens durchwandern
oder bei dem bevorſtehenden Dombaufeſte in den Gefühlen für
Religion, Vaterland und Kunſt erſtarken wollen, zur mathe-
matiſchen Orientirung die vorſtehenden Zeilen geſchrieben.

Zu weiterm Verſtändniß dieſes ſinnigen Gedichtes fügen
wir aus Nro. 18. des köln. ,,Organ für chriſtliche Kunſt vom
15. September 1863 nachſtehende Mittheilungen bei.
Die Maaß- Verhältniſſe im Kölner Dome.
Göthe, der ſowohl in der Zeit der jugendlichen Unmittel-
barkeit des Kunſt-Jnſtinctes, als in der Zeit gereifter Kunſt-
Anſchauung in ältern Tagen für die Wiedererweckung deutſcher
Baukunſt und ihres Verſtändniſſes mitgewirkt hat, rief, da die
monumentale Pracht des Straßburger Münſters vor ſeinen
wundernden Blicken aufſtieg: ,,Man verſteht dich auch
ohne Deuter!'' Ein ähnlicher Gedanke erfüllt unſern Geiſt
in dieſen Tagen, wo durch Beſeitigung der Mittelwand und
des Holzgewölbes im Querſchiffe des Domes die großartigen
Verhältniſſe in der Verkörperung der erhabenſten Kunſt-Jdee,
die je in eines Menſchen Geiſt empfangen worden, aus allen
einengenden Schranken und Hinderniſſen ſich rein und ganz
herausſchälen und an dem großen Rieſenleibe des Tempels, in
welchem Genie, Begeiſterung, Opferſinn und Kunſtfleiß zweier
Zeitalter, der um ſechs Jahrhunderte entlegenen Vorzeit und
der in regem Schaffen fortſtrebenden Gegenwart, zu einhelligem
Thun ſich verbinden, die letzte, den Geſammt-Eindruck beein-
trächtigende Hülle fallen ſoll. ,Man verſteht dich auch
ohne Deuter! Das ſpricht Jeder zu ſich ſelbſt, der in
dieſen Tagen des Kölner Domes Hallen durchwandelt, und die
Eindrücke der reinſten und höchſten Kunſt-Empfindung auf ſich
einſtrömen läßt.
Dieſe Empfindung iſt ein Einfaches, Urſprüngliches und
Unzerlegliches. Gleichwohl gewinnt dieſe Empfindung durch
eine detaillirende Deutung zwar nicht an Umfang, doch an Tiefe
und Jntenſität. Dazu bleibt es auch Aufgabe des Nachden-
kens, wie das Werk, das mit geheimnißvoller Macht ſeine
Zauberfäden um die Seele des Beſchauers ſpinut, dieſem die
Empfindung abgewinnt und als unveräußerliche Wirkung in
ihm hervorbringt. Darum iſt es vielleicht für den Beſchauer
dankenswerth, wenn man jetzt, wo das ganze Werk unverhüllt
und undurchbrochen in ſeiner reinen Fülle ſich ausdehnt, an die
harmoniſch ſchönen Verhältniſſe erinnert, in welchen das Ganze
fich leicht und ſchlank emporthürmt, ja, wenn man die geo-
metriſch einfachen, wohldurchdachten und zuſammengefügten Pro-
portionen vorführt, durch welche nach der Auffaſſung des Sä-
cularmenſchen Görres nRhythmus in den Stein gedrungen'';
damit man bei der Betrachtung nicht auf den Wogen einer
uferloſen Empfindung zum Begriffe ſich abkläre und das künſt-
leriſche Geheimniß auf der Baſis der einfachſten Zahlen-Ver-
hältniſſe erſcheine.
Die Räume des Domes ſind in den größten Abmeſſungen
eingetheilt. Der Meiſter maß nach dem zehnzölligen römiſchen
Fuße, der etwas kleiner iſt als der geltende preußiſche. Dem-
gemäß hat das Mittelſchiff 50 Fuß Breite von Mitte zu Mitte
der Pfeiler, worin das Grundmaaß des Gebäudes gegeben iſt.
Jedes der Seitenſchiffe mißt die Hälfte, ſo daß die ganze
Breite des Hauptſchiffes mit den beiden Nebenſchiffen zu bei-
den Seiten 150 Fuß beträgt. Zu eben dieſem Maaß der
ganzen Breite ſteigt die Höhe des kühnen Mittelſchiffes hinan,
während die Seitenſchiffe zwei Fünfttheile dieſer Höhe und
jener Breite erreichen. Die Höhe des Mittelſchiffes verhält
ſich alſo zu ſeiner Breite wie 3: 1. Der Querbau des Kreu-
zes, der zu jeder Seite ſeines Hanptſchiffes nur ein Nebenſchiff

v. Edt.

V. Correſpondenz
Für den chriſtlichen Kunſtverein ſind von auswärts fol-
gende weitere Beiträge eingegangen:
Von Hrn. Pfr. Honikel zu Landshauſen Eintritts- und
Jahresbeitrag 2 fl. 15 kr.; oon Hrn. Stattpfarrer Kuttruff
in Wolfach Jahresbeitrag 1 fl. 15 kr.; von dem hochw. Cap.
Villingen 9 fl. und zwar als Eintritts- und Jahresbeitrag
von Hrn. Pfr. Burger in Hüfingen; von Hrn. Cammerer
Brunner in Pfohren; von Hrn. Pfr. Amman in Fürſten-
berg; von Hrn. Pfr. Einhart in Döggingen; vom hochw.
Capitel Waibſtadt 18 fl. und zwar als Cintritts- und Jah-
resbeitrag von den Herren Pfv. Morgenſtern in Obergim-
pern, Rochels in Sinsheim und Vogt in Neunkirchen; als
Jahresbeitrag von Hrn. Deean Bihler in Spechbach, von
Hrn. Pfr. Büttner in Siegelsbach; von Hrn. Pfr. Fleuch-
aus in Balzfeld; von Hrn. Decan Gleichmann in Mühl-
hauſen; von Hrn. Decan Gugert in Zuzenhauſen; von Hrn.
Pfr. Knöbel in Richen; von Hrn. Pfr. Moßbacher in Bar-
gen; von Hrn. Decan Nüßle in Waibſtadt; von Hrn. Dec.
Schmidt in Dielheim; für ein Exemplar der Kunſtblätter von
1862 36 kr. — zuſammen 31 fl. 6 kr. Mit den in Nro. 1
angezeigten 206 fl. 2 kr. ergibt die Geſammtſumme von 237fl.
8kr. Die inzwiſchen auch in Freiburg für 1863 eingezo-
genen Beiträge werden mit dem Verzeichniſſe ſämmtticher Mit-
glieder des chriſtlichen Kunſtvereins in Nro. 24 dieſer Blätter
angezeigt werden.

Verantwortliche Redaction: Repetitor Stephan Braun. Verlag und Druck von J. Dilger in Freiburg-
 
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