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Der Sarkophag ist einer von denen, auf welchem drei Seiten (die vordere
Längsseite und die beiden Seitenflächen) mit Bildwerken bedeckt sind. Die Längsseite
ist ein Rechteck, dessen Seiten sich Verhalten wie 3:1, die Seitenflächen sind quadratisch.
Die Darstellungen sind im Halbrelief ausgeführt. Auf der vorderen Längsseite sehen
wir vierzehn Personen, unter denen wir fünf Gruppen unterscheiden können. Die
beiden ersten Gruppen von links gerechnet beziehen sich auf die Geburtsgeschichte.
Links vom Beschauer sehen wir zunächst ein Haus in einfachster Form.
Es besteht aus drei oder vier Säulen und einem Dach. Zwischen zwei Säulen
erblickt man im Innern eine Erhöhung, auf der ein in Binden gewickeltes Kind
liegt. Links vor dem Hause sehen wir einen Esel, rechts einen Ochsen mit dem
Vorderleib in die Scene ragen. Rechts über dem Dach erblicken wir den oberen
Teil einer männlichen Figur. — Die nähere Betrachtung ergiebt nun noch folgen-
des: Von den Säulen des Hauses sind nur anderthalb sichtbar. Sie haben die
Form der korinthischen Säulen. Mit einem Wulst sitzt die Säule auf einer
Platte auf, der Schaft ist glatt und mit einem Kapitäl von Akanthusblättern ge¬
krönt. Auf solchen drei oder vier Säulen erhebt sich das Strohdach in Form
einer Pyramide, deren je zwei Flächen bei einer Säule an einander stoßen.
Dicht unter dem Dache erblicken wir in einer korbartigen Krippe, über die ein
herabhängendes Tuch gebreitet ist, (nicht wie M. Schmid: Die Darstellung der
Geburt Christi, Stuttgart 1890 S. 5 sagt: auf einem Felsblock) ein unverhält-
nismäßig großes Kind mit elf Bindenumläusen vom Kopf bis zu den Füßen
umwunden, so daß nur das Gesicht frei bleibt. Der Esel links vor dem Hause
hat das linke Bein scharrend oder ausschreitend erhoben, das Rind sieht nach
vorn, die Hörner find in eigentümlicher Weise gegen einander gedreht.
Das Ausfallendste für den Beschauer ist wohl die halb sichtbare Gestalt eines
bartlosen Mannes, rechts über dem Dache. Die Figur ist in ihren Proportionen
nicht größer als das Kind. Die rechte Hand ist erhoben, so daß die innere
Handfläche sichtbar wird. Die linke Hand hält ein Instrument, welches ver-
stümmelt ist und daher für die Erklärung große Schwierigkeiten macht. Beklei-
det ist die Figur mit der gewöhnlichen Handwerkertunika, der Tunika oxorni8.
Der erste Blick auf diese Gruppe zeigt, daß wir eine Darstellung der Ge-
burt Jesu Christi vor uns haben. Ohne Maria ist allein das Kind dargestellt,
wie es in Binden gewickelt in der Krippe des Stalles zu Bethlehem liegt. Daß
die Scene im Stalle ist, zeigen die Tiere. Dieselben symbolisch zu deuten, wie
dies schon Ambrosius u. A. thaten, indem er die Stelle Jes. 1, 3: Ein Ochse
kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn, aber Israel kennet
es nicht und mein Volk vernimmt es nicht — auf Juden und Heiden bezog, dafür
liegt gar kein Grund vor. Die Volkskunst hat weiter nichts dadurch andeuten
wollen, als daß die Scene in einem Stalle vor sich geht. Es ist aber eine künst-
lerische Eigentümlichkeit, daß von Anfang an bis auf den heutigen Tag sich Ochs
und Esel auf den Geburtsdarstellungen finden, obwohl doch in den Evangelien selbst
kein Anlaß dazu gegeben ist. Schwierigkeiten für die Erklärung bietet nur die
Figur rechts über dem Dache. Die Annahme, daß dieselbe eitlen Engel aus der
Verkündigung darstelle, auf welche Erklärung jemand durch die Stellung verfallen
 
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