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struktiv. Wir werden das Referat noch in
größerem Umfang veröffentlichen, Hier sei
nur betont, daß Or. Wöhrmann in weither-
ziger Weise die neueren Bestrebungen zu
ihrem Rechte kommen ließ. Gerade der nie-
dersächsische Oorfkirchenstil ist so reich an
Motiven der Heimatkunst, daß es sich um
nichts weiter handelt, als der alten Tradition
treu zu bleiben und wieder dorf-echt zu bauen,
wozu die besten Unsätze vorhanden sind. Einer
glücklichen Weiterentwicklung des hannover-
schen Rirchenbaus scheint nichts im Wege zu
stehen. Uuch für die verschiedenen Möglich-
keiten der Grundrißlösungen scheinen keine
Hemmnisse vorzuliegen. Dem von mir ge-
machten Vorschläge der Stellung von Ranzel
und Taufstein massiv rechts und links des
Ultars in der Thorbucht stimmte Or. Mohr-
mann bei.
Die Debatte verlief sehr angeregt: Für
Gestaltung der Rirche nach ihrer landschaft-
lichen Seite und was besonders interessant
und ein novum war: für Bepflanzung der
äußeren Rirchenmauern mit Kletterpflanzen
und Rletterblumen war viel Stimmung da.
Das verlangen nach einer künstlerischen
Vorbildung der Theologen war allgemein.
Zahlreiche Ubbildungen gaben den Worten
klare, praktische Unterlagen.
Eine ernste Stunde erlebte ich in der Rirche
von Urchitekt Wendebourg, die Linda Rögel
mit Fresken zu schmücken begonnen hat: an
die Lhorwand soll ein Abendmahl gemalt
werden. Von links kommt der Zug der
Konfirmanden, von rechts der Zug der Ulten
zum Abendmahl. Diese beiden Gruppen
sind vollendet und leuchten in der Pracht
des Fresko, das die Künstlerin unter Ein-
setzung ihrer Gesundheit durchgeführt hat.
Linda Kögel hat auch die übrige Ausmalung
der in neuzeitlichem Geiste gebauten Kirche
bestimmt. Wenn Linda Kögel ihr Werk
vollendet hat, haben die Hannoveraner ein
Kleinod unter sich, das sich würdig an die
Seite ihrer Lokkum - Wandgemälde von
Eduard von Gebhardt stellt.
Das zweite Referat hat Professor
E. Hoegg, Direktor des Gewerbemuseums
in Bremen gehalten über Fri ed h o f skunst.
Die Rede des Fachmanns war klar und
scharf. Er stand auf dem Boden der im
Kunstblatt vertretenen Anschauungen. Auch
die im Lichtbild gezeigten Grabmäler haben
wir in ihren Münchener Urmotiven, beson-
ders von Professor Gasteiger, vor Jahren
veröffentlicht. An seinen Vortrag knüpfte
sich eine interessante Debatte über Granit-
Grabmalkunst in der Täglichen Rundschau.
Wir kommen auf den Vortrag in unsrer
Architektur-Nummer noch zu reden und em-
pfehlen dringend das von Professor Hoegg
zusammen mit Pastor Holtz - klltengamme
herausgegebene Büchlein: Einfache christ-
liche Grabmäler für Niederdeutsch-
land. (Deutsche Landbuchhandlung. Berlin
8^/. ll).
Nachmittags sprach ich über die gesamten
Fragen unsrer Bewegung. Um den Vorwurf
des Dilettantismus allmählich auszuschalten,
mußte ich auf wissenschaftlicher Grundlage
aufbauen und mich im wesentlichen an das
Manuskript halten, da man auf einem noch
völlig unbekannten Boden nicht leicht so
frisch vom Herzen sprechen mag, wie es manche
von unseren Freunden erwartet hatten. Ich
mußte aus ganz bestimmten Gründen den
rein sachlichen Boden vorziehen, auch auf
die Gefahr hin, die auch eintraf, daß es
manchem zu wissenschaftlich herging. Dieser
Vorwurf ist mir um der inneren Wahrheit
unsrer Bewegung lieber, als der, daß wir
uns nicht klar wären um die letzten Ziele.
Den vielen neuen und alten Freunden in
Hannover aber darf ich zurufen: „Erst die
Arbeit und dann — der Kunstgenuß." Das
rein religiöseproblem herauszustellen, habe ich
absichtlich unterlassen und bin heute doppelt
froh. Unseren Gegnern und den Zögernden
müssen wir auf diesen Tagungen ein doppel-
tes zeigen, und für diesen Fortschritt in
Hannover bin ich sehr dankbar: t. daß
wir auf dem Boden ganz ernster Zeitfragen
stehen. (Siehe den Bericht über meine Vor-
lesungen beim Berliner Ferienkursus); 2. daß
es uns ferne liegt, in das rein religiöse
Gebiet einzubrechen und Religion und Kunst
zu vermengen — schon aus dem Grunde,
weil ich jedes vermengen mit dogmatischen
Erörterungen für ein Unglück für die Sache
der religiösen Volkskunst halten müßte.
Die Richtigkeit dieser Voraussetzung hat
sich dann ergeben, als wir in Diez an der
Lahn auf der Konferenz der nassauischen
Geistlichen zusammenkamen. Von beiden
Seiten wurde mir die Freude geäußert,
daß die Freunde der Sache aus allen dog-
struktiv. Wir werden das Referat noch in
größerem Umfang veröffentlichen, Hier sei
nur betont, daß Or. Wöhrmann in weither-
ziger Weise die neueren Bestrebungen zu
ihrem Rechte kommen ließ. Gerade der nie-
dersächsische Oorfkirchenstil ist so reich an
Motiven der Heimatkunst, daß es sich um
nichts weiter handelt, als der alten Tradition
treu zu bleiben und wieder dorf-echt zu bauen,
wozu die besten Unsätze vorhanden sind. Einer
glücklichen Weiterentwicklung des hannover-
schen Rirchenbaus scheint nichts im Wege zu
stehen. Uuch für die verschiedenen Möglich-
keiten der Grundrißlösungen scheinen keine
Hemmnisse vorzuliegen. Dem von mir ge-
machten Vorschläge der Stellung von Ranzel
und Taufstein massiv rechts und links des
Ultars in der Thorbucht stimmte Or. Mohr-
mann bei.
Die Debatte verlief sehr angeregt: Für
Gestaltung der Rirche nach ihrer landschaft-
lichen Seite und was besonders interessant
und ein novum war: für Bepflanzung der
äußeren Rirchenmauern mit Kletterpflanzen
und Rletterblumen war viel Stimmung da.
Das verlangen nach einer künstlerischen
Vorbildung der Theologen war allgemein.
Zahlreiche Ubbildungen gaben den Worten
klare, praktische Unterlagen.
Eine ernste Stunde erlebte ich in der Rirche
von Urchitekt Wendebourg, die Linda Rögel
mit Fresken zu schmücken begonnen hat: an
die Lhorwand soll ein Abendmahl gemalt
werden. Von links kommt der Zug der
Konfirmanden, von rechts der Zug der Ulten
zum Abendmahl. Diese beiden Gruppen
sind vollendet und leuchten in der Pracht
des Fresko, das die Künstlerin unter Ein-
setzung ihrer Gesundheit durchgeführt hat.
Linda Kögel hat auch die übrige Ausmalung
der in neuzeitlichem Geiste gebauten Kirche
bestimmt. Wenn Linda Kögel ihr Werk
vollendet hat, haben die Hannoveraner ein
Kleinod unter sich, das sich würdig an die
Seite ihrer Lokkum - Wandgemälde von
Eduard von Gebhardt stellt.
Das zweite Referat hat Professor
E. Hoegg, Direktor des Gewerbemuseums
in Bremen gehalten über Fri ed h o f skunst.
Die Rede des Fachmanns war klar und
scharf. Er stand auf dem Boden der im
Kunstblatt vertretenen Anschauungen. Auch
die im Lichtbild gezeigten Grabmäler haben
wir in ihren Münchener Urmotiven, beson-
ders von Professor Gasteiger, vor Jahren
veröffentlicht. An seinen Vortrag knüpfte
sich eine interessante Debatte über Granit-
Grabmalkunst in der Täglichen Rundschau.
Wir kommen auf den Vortrag in unsrer
Architektur-Nummer noch zu reden und em-
pfehlen dringend das von Professor Hoegg
zusammen mit Pastor Holtz - klltengamme
herausgegebene Büchlein: Einfache christ-
liche Grabmäler für Niederdeutsch-
land. (Deutsche Landbuchhandlung. Berlin
8^/. ll).
Nachmittags sprach ich über die gesamten
Fragen unsrer Bewegung. Um den Vorwurf
des Dilettantismus allmählich auszuschalten,
mußte ich auf wissenschaftlicher Grundlage
aufbauen und mich im wesentlichen an das
Manuskript halten, da man auf einem noch
völlig unbekannten Boden nicht leicht so
frisch vom Herzen sprechen mag, wie es manche
von unseren Freunden erwartet hatten. Ich
mußte aus ganz bestimmten Gründen den
rein sachlichen Boden vorziehen, auch auf
die Gefahr hin, die auch eintraf, daß es
manchem zu wissenschaftlich herging. Dieser
Vorwurf ist mir um der inneren Wahrheit
unsrer Bewegung lieber, als der, daß wir
uns nicht klar wären um die letzten Ziele.
Den vielen neuen und alten Freunden in
Hannover aber darf ich zurufen: „Erst die
Arbeit und dann — der Kunstgenuß." Das
rein religiöseproblem herauszustellen, habe ich
absichtlich unterlassen und bin heute doppelt
froh. Unseren Gegnern und den Zögernden
müssen wir auf diesen Tagungen ein doppel-
tes zeigen, und für diesen Fortschritt in
Hannover bin ich sehr dankbar: t. daß
wir auf dem Boden ganz ernster Zeitfragen
stehen. (Siehe den Bericht über meine Vor-
lesungen beim Berliner Ferienkursus); 2. daß
es uns ferne liegt, in das rein religiöse
Gebiet einzubrechen und Religion und Kunst
zu vermengen — schon aus dem Grunde,
weil ich jedes vermengen mit dogmatischen
Erörterungen für ein Unglück für die Sache
der religiösen Volkskunst halten müßte.
Die Richtigkeit dieser Voraussetzung hat
sich dann ergeben, als wir in Diez an der
Lahn auf der Konferenz der nassauischen
Geistlichen zusammenkamen. Von beiden
Seiten wurde mir die Freude geäußert,
daß die Freunde der Sache aus allen dog-