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März I9N

Dreiundfünfzigster Jahrgang

Nr. 3



hriflliches KuiOAstt

fürMche, schule unüßsus
lsterausgegebm von
D.theol. David Eoch
Erscheint mouvtlich in einem heftzu 82 bis 48
Zeiten und enthält viele rextillustrationen, 1-2
farbige liunstbeilagen und bisweilen Voten.
Preis für bas Vierteljahr 2 fllark. 7u beziehen
durch alle Postämter und Suchhanblungen.

Srgsn des Sundes der fteunde sm Volkskunst.

Lavater und die bildende Uunst.
Von lic. vr. Gustav Lasch-Ltraßburg.
mag es im achtzehnten Jahrhundert ein Pfarrhaus gegeben haben, in
dem die Begeisterung für die Merke der bildenden Nunst so lebendig war,
wie in dem des Pfarrers von 5t. Peter zu Zürich, Johann Naspar Lavater.
Nls Nnabe schon hatte Lavater seine Freude daran, aus weichem Ziegelwachs
von grüner und roter Farbe allerlei Figuren zu formen; späterhin beschäftigte
er sich mit Vorliebe mit Porträtzeichnen und überragte in dieser Nunst bald den
Durchschnitt der Dilettanten. Nuch war er in jungen Jahren bereits eng be-
freundet mit tüchtigen Malern seiner Zeit; so war auf seiner Neise zu dem
berühmten Theologen Lpalding Johann Heinrich Füßli (1742—1825) sein
Gefährte, der um die lvende des Jahrhunderts in England sich durch seine
großzügigen Gemälde zu Zhakespeare, Milton und Dante und durch seine Vor-
lesungen über Malerei einen großen Namen gemacht hat. Nuf einer späteren
Fahrt nach Ems nahm Lavater den Porträtzeichner Zchmoll von Ludwigsburg mit,
um ihn zur Lkizzierung interessanter Näpfe stets zur Leite zu haben. Freilich
stand Lavaters ästhetische Liebhaberei schon damals im Dienste seiner physiogno-
mischen Ztudien, die er in der Mitte der siebziger Jahre spstematisch betrieb.
Wir sind zwar heute mit unserm Urteil über seine Physiognomik bald fertig;
eine Lchrulle, eine Marotte dünkt uns diese wunderliche Deutung der Gesichtszüge
zu sein und das Zchlüsseziehen auf den Charakter will uns recht gekünstelt vor-
kommen. Lavaters umfangreiches Werk über die Physiognomik gehört wohl zu
den wenigst bekannten und gelesenen Büchern der Gegenwart. Immerhin sollte
nicht vergessen werden, daß neben der durchdringenden Menschenkenntnis, die
Lavater in seinen Nusführungen an den Tag legt, er eine Neihe von selbstän-
digen, beachtenswerten Urteilen über die Meisterwerke christ-
licher Nunst hier gebucht hat. Die physiognomische Betrachtung ließ ihn mit
einer Eindringlichkeit auf Gesichtsausdruck, Haltung und Stellung der einzelnen
Gestalten eines Bildes achten, wie es nachher nicht häufig mehr geschehen ist.
Mag er bei seiner Vergötterung Nafaels einem Dürer und Nembrandt nie gerecht
 
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