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Nr. 12
Christliches Kunstblatt für Kirche, Zchule und Haus
451

vor Michelangelos Ztatuen.

Wenn ich vor deinen Statuen stehe
Und spüre meine inn're Pein
Und all der Menschheit waches Wehe,
Dann ruf' ich wohl: Was weißt du, Stein,

von uns? von mir? Und doch! wenn wieder
klufatmend ich in's Rüge seh'
von deinem Moses, — oder die Glieder
von „Tag" und „Nacht", das Fieberweh

In ihrem unberuh'gten Leibe,
Dann weiß ich: Wer so Wahres schuf,
Wie du in diesem Mann und Weibe,
Ward selbst ein ew'ger Lebensruf.

Schluß.
Wenn er den Mann erschuf, so löste er die letzte
Der Hüllen von dem stummen Steine nicht'
Er fürchtete, es möcht' zu dunkle Trauer
Sich lagern auf sein eigen Angesicht.
Und wenn das Weib er schuf, so legte er das letzte
Das liebste Lächeln nicht um ihren Mund.
Er mochte ihre ganze Schönheit nicht verraten,
5luf daß die Sehnsucht sich nicht schleppe wund.

Das neue Geschlecht.

Lin weihnachtliches Buch.

^^^eihnacht gehört dem neuen Geschlecht. Uns Ulte erinnert das Fest daran,
II / daß wir jung waren und für die Jugend, das neue Geschlecht, leben
sollen. In unsrer Jugend war Weihnacht Lebenshöhe, Lichthöhe.
Zchon der Dank für diese Erlebnisse muß das alternde Geschlecht antreiben, dem
neuen Geschlecht seine Lebenshöhe zu schenken. Man kann sich fragen, ob man
heute in der Zeit des Massenbetriebs, vereinsgetriebs und Massenvertriebs noch
so patriarchalisch Weihnachten halten kann, wie wir's im stillen Winkel der
alten Reichsstadt oder in der verschneiten Dorfkirche und im kinderdurchjubelten
Dorfpfarrhaus gehalten haben. Uber gerade Weihnacht ist eine Uufforderung
an uns, ins neue deutsche Leben wieder etwas patriarchalisches, altväterlich
Trautes, schlicht wundergläubiges hineinzutragen, das wie weihe klingt hinein
in die zerrissenen Weisen des von der Unrast gepackten neuen Geschlechts. 5o
ein Weihnachtsbuch, von dem eine weihe ausgehen kann auf die pflichtmäßigen
und freiwilligen Erzieher und Erzieherinnen des neuen Geschlechts ist das Ruch
von Richard Rabisch: „Das neue Geschlecht". Ein Erziehungsbuch. —
Mk. 5.60. Verlag vandenhoeck Sc Ruprecht-Göttingen. Man fühlt es diesem Buche
an, daß die Zeit der größeren Menschlichkeit und Natürlichkeit unsrer Jugend-
 
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