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Chronik für vervielfältigende Kunst — 4.1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.3765#0005
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Briefe und Handschriften für die Graphischen Künste und die Chronik für vervielfältigende Kunst sind an den Schristleiter
Dr. Richard Graul, Wien, VI., Luftbadgasse 17, zu richten.
INHALT; Lehrs: Die Publicationen der internationalen chalcographischen Gesellschaft. — W. v. Seidlitz. Rerabrandt's
Radinverk. — Vermischte Mittheilungen: Arundel-Society. Personalien. Ausstellung in St. Petersburg. Verweigerungen. —
Anzeigen.

DIE PUBLICATIONEN

INTERNATIONALEN CHALCOGRAPHISCHEN GESELLSCHAFT.


'eit der Bildung der internationalen chalco-
graphischen Gesellschaft sind nunmehr fünf
Jahre verflossen und die Publicationen dieser
den höchsten wissenschaftlichen Zielen die-
nenden, von dem Ernst ihrer grossen Auf-
gabe durchdrungenen Gesellschaft lasfen sich in einer
Reihe von Jahrgängen überblicken und würdigen.
Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Corpus der
Denkmale des ältesten Kupferstiches, welches sich an
einen kleinen, in Deutschland leider ganz besonders
kleinen Kreis von Kunstfreunden wendet, nicht zu jenen
Werken zählt, welche, wie man zu lagen pflegt, einen
buchhändlerischen Erfolg haben, und obwohl dies in der
Regel nicht die schlechtesten Früchte sind, geht man doch
meist achtlos daran vorüber. Die Kupferstechkunst ist eben
keine Kunst für Alle, und die betrübende Thatsache, dass
sie heutzutage nur noch als eine reproducirende Kunst
gilt, ermuntert begreiflicher Weise den Laien nicht, sich
mit ihren dunkeln Anfängen zu beschäftigen. Um so mehr
scheint es geboten, dass sich in einem Fachblatt wie der
Chronik für vervielfältigende Kunst eine Stimme zu ihren
Gunsten erhebe.
Es gab eine Zeit — vier Jahrhunderte sind seitdem
verrauscht —, wo der Kupferstich sich noch nicht zum
Schleppenträger der Malerei herabgewürdigt sah, eine Zeit,

wo die grössten Künstler, wie Schongauer, Mantegna und
der jugendliche Dürer die Fülle ihrer Gestaltungskraft auf
die Kupferplatte bannten und Werke schufen, welche
dauernd zu den höchsten Meisterwerken menschlicher
Kunst gezählt werden. In jenem goldenen Zeitalter, wo
der Kupferstich in Deutschland wenigstens die führende
Rolle übernommen hatte, war die Tafelmalerei — wie
heute der Linienstich — im Rückgang begriffen und gute
handwerkliche Maler begnügten sich vielfach, die weit-
verbreiteten Kupferstiche Schongauer's und Dürer's mit
mehr oder minder Geschick in's Farbige zu übersetzen.
Was uns aus der Jugendzeit dieser Kunst unver-
stümmelt erhalten ist, beschränkt sich im Wesentlichen
auf das Stecherwerk Martin Schongauer's, welches —
Dank der zu allen Zeiten sich gleich gebliebenen Werth-
schätzung des bekannten Monogrammes — allem An-
scheine nach vollfiändig in 116 Blättern1 auf uns gekommen
ist. Die Arbeiten der Vorgänger und Zeitgenossen des Col-
marer Meisters, unter denen sich grosse Künstler wie E S,
der Meister des Hausbuches, Veit Stoss, Jörg Syrlin u. A.
befinden, stellen sich dagegen nur als dürftige Überbleibsel
1 Schon Bartseh führt 116 Blätter aus, von denen B. 52 und 53 als nicht von
Schnogauer herrührend zu streichen, aber durch zwei Bartseh unbekannte Blätter:
Christus am Kreuz (Gazette des Beaux-Arts 1859. II. p. 334. Galichon) und S. Mag-
dalena (B. VI. 183. 89. B. X. 29. 54. P. II. 114. 89. und 188. 48.) — vergl. Lehrs, Kat.
des Germ. Mufeums p. 33 — zu ersetzen sind.

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