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Chronik für vervielfältigende Kunst — 4.1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.3765#0021
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und
/ien,



VERVIELFÄLTIGENDE KUNST.

Die Chronik erscheint Mitte jedes Monats.
Sie kostet jährlich besonders und sosort bezogen 4 fl. = 8 M.
Als Beiblatt unentgeltlich
wird sie geliefert den Abnehmern des Galeriewerkes, der Graphischen Künsl
und der Geschichtswerke. Für sosortige Zusendung werden denselben 80 kr
1 M. 60 Ps. jährlich berechnet.

Briefe und Handschriften für die Graphischen Künste und die Chronik sür vervielsältigende Kunft sind an den Schristleiter
Dr. Richard Graul, Wien, VI., Lustbadgasfe 17, zu richten.
INHALT: Koehler: Das Monotyp. — Hofstede de Groot: Das Kupserstichwerk des Wilhelm Hondius. — Vermischte Nachrichten:
Verein für Originalradirung in München. Stichverein in Berlin, Ausheilungen in Paris. Verweigerung G. M. Kinen. — Anzeigen.

DAS MONOTYP.

TE


G

s gibt nichts Neues unter der Sonne! hat irgend
\ ein alter Weiser gesagt. Man wird an den Aus-
spruch erinnert, wenn man an das „Monotyp"
denkt, — eine künstleriscbe Ausdrucksform, die wohl von
den meisten Leuten, die überhaupt etwas davon wisfen,
als funkelnagelneu betrachtet wird.
Vor nunmehr zehn oder mehr Jahren besuchte mich
ein Bekannter, der Maler, Radirer und Stecher Charles
A. Walker von Boston, und da er mich nicht zu Hause
fand, liess er mich bitten, ihn doch einmal zu besuchen,
er wolle mir etwas zeigen. Als ich, dieser Aufforderung
folgend, bald darauf in Walkers Atelier trat, streifte ich,
ungeschickt genug, gegen eine Stasfelei und wart einen
Bogen Papier herunter, der ein Bild verdeckte, das aus den
ersten Anblick wie ein Mezzotinto aussah. „Sieh' da", rief
ich bei näherer Betrachtung aus, „haben Sie das Ding
auch versucht?" Walker sah mich ganz verdutzt an: „Wie '
meinen Sie das? Wissen Sie denn, was das ist?" — „Natür-
lich weiss ich es!" — „Ja, das habe ich ja aber eben erst
erfunden und deswegen wollte ich es Ihnen zeigen!" —
„Thut mir leid, da kommen Sie zu spät, denn Chase hat
solche Sachen schon vor Ihnen, und zwar erst ganz kürz-
lich gemacht." Das Bild war nämlich ein „Monotyp". Ich
glaubte damals, wie auch die wenigen Anderen, die um
die Sache wussten, William M. Chase in New-York sei
der Erste gewesen, der das Versahren angewendet hätte.
Heute sind wir besser unterrichtet.

Ein Monotyp ist ein Abdruck aus Papier von einem
Bilde, das zu dem Zwecke aus einer Metallplatte ausge-
führt wurde. Da von einem solchen Bilde nur ein Abdruck
gemacht werden kann, so versiel Walker, der das Verfahren
mit besonderer Vorliebe und in sehr ausgedehntem Masse
anwendet, darauf, dem Produkt den Namen „Monotyp"
beizulegen. Freilich war er auch darin, wie bei dem Ver-
fahren selbst, nur ein Nachersinder, denn ich erinnere mich,
irgendwo gelesen zu haben, ohne jetzt gerade die Quelle
nennen zu können, dass derselbe Ausdruck gebraucht
worden ist für das, was man heutzutage „Stereotyp" nennt,
indem durch das Stereotypiren aus vielen Typen gewisser-
massen eine Type gemacht wird. Da der Ausdruck in
dieser Beziehung aber in Vergessenheit gerathen ist, so ist
keine Gefahr vorhanden, dass aus seiner Doppelanwendung
Irrthümer entstehen könnten. Jedensalls ist er für die neue (?)
Kunst gut gewählt.
Um ein Monotyp herzustellen, nimmt man eine
Metallplatte — am besten von NeuOlber oder eine ver-
silberte Kupferplatte, um eine helle Unterlage zu haben
— schwärzt sie mit Druckerschwärze gleichmässig ein und
entwickelt dann einBild aus dieser schwarzen Fläche durch
Wischen mit dem Finger, mit Lappen, mit Stückchen Holz
oder sonst irgend welchen geeigneten Inftrumenten. Man
kann (ich auch eines Borstpinsels bedienen oder man kann
selbst das Bild gleich aus die uneingeschwärzte Platte malen
— kurz, man kann irgend welche Mittel gebrauchen,
 
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