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Chronik für vervielfältigende Kunst — 4.1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.3765#0037
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1


IV. Jahrgang.


VERVIELFÄLTIGENDE KUNST


Die Chronik erscheint Mitte jedes Monats,
Sie kostet jährlich besonders und ibfort bezogen 4 ss. = 8 M.
Als Beiblatt unentgeltlich
wird sie geliefert den Abnehmern des Galeriewerkes, der Graphischen Künste
und der Geschichtswerke. Für sofortige Zusendung werden denselben 80 kr. -
1 M. 60 Ps. jährlich berechnet.

Briefe und Handschriften für die Graphischen Künste und die Chronik für vervielfältigende Kunst sind an den Schriftleiter
Dr. Richard Graul, Wien, VI., Luftbadgasfe 17, zu richten.
INHALT: Lehrs: Ein Madonnenbild von Mair von Landshut — Melani: Einige Mittheilungen aus Italien. — Frimmel: Ein Stich nach
Brueghel oder Bles. — Neue Bücher: Lautner, Wer ilt Rembrandti' — Heulhard, Rabelais. — Vives Ciscar, Crisöstomo Martmez y
Sorli. — Gruyer, Voyage autour du salon carre. — Bode, Berliner Malerradirer. — Bilderschatz für das Kunstgewerbe. — Vermischte
Nachrichten. — Anzeigen.

EIN MADONNENBILD VON MAIR VON LANDSHUT.


or einer Reihe von Jahren beschrieb ich ein bis
|( dahin unbekanntes Blättchen von Mair von
Landshut, die heilige Katharina darstellend, ein
Unicum des Schlesischen Museums der bildenden Künste
zu Breslau.1 Heute bin ich in der Lage, dem Werke dieses
Stechers, zu dem überdies noch 5, Bartseh und Passavant
unbekannte Blätter zu rechnen sind,2 ein neues hinzuzu-
fügen, das zwar nicht unbeschrieben, wohl aber unerkannt
bisher unter den Anonymen der Wiener Hofbibliothek
verborgen war.
Die beigegebene Hochätzung kann und soll nur die
stilistische Eigenart des Blättchens widerspiegeln, von dem
eine Beschreibung hier folgen mag:
Die heilige Jungfrau in Halbfigur ist etwas gegen
rechts gewendet und legt die rechte Hand auf die Brust,
während sie am linken Arme das segnende Jesuskind hält.
Ihr Mantel ist kapuzenartig über den Kopf gezogen und auf
der rechten Schulter mit einem strahlenden Stern geziert,
während hebräische Schriftzeichen den Saum des rechten
Ärmels füllen. Ein Scheibennimbus umschliesst ihr Haupt.
Auch das Jesuskind trägt ein langes Kleid mit weiten
1 Jahrbuch der Königl. Preuss. Kunttsammlungen III (1882), p. 216.
2 Diele füns Blätter besanden sich zusammen mit lieben der von Bartsch
und Pattavant besebriebenen Nummern in der Sammlung Durazzo zu Genua, mit
der sie 1873 vertleigert wurden. Vergi. Kat. Durazzo II, Nr. 13—17. Sie gelangten
mit Ausnahme von Nr. 14 sämmllieh in das British Museum.

Ärmeln. Unten halten zwei schwebende Engel die Mond-
sichel, auf welche ein Theil des Mantels der Madonna
herabfällt. Oben bildet gothisches Blattwerk mit Blumen
einen Bogen. Einfassungslinie. Unbezeichnet. 96:66 Mm.
Bl.: Einf. B. X. 11.4. P. II. 224. 97.
Bartsch und Pasfavant führen diesen anmuthigen
Stich ohne Commentar bei den Anonymen auf. Friedrich
von Bartsch erwähnt ihn gar nicht, und nur Waagen rühmt
den Adel der Empfindung wie im Motiv, die vollen Formen
und stilgemässen Gewandfalten, die, wie er sagt, einen
trefflichen Meisier etwa um 1460—1470 verrathen.1
Es unterliegt jedoch keinem Zweifel, dass der Stich
um etwa 30 Jahre jünger und ein Werk des Mair von
Landshut ist. Das Wiener Exemplar ist auf demselben
dunkelbraunen Papier abgedruckt, wie viele andere Stiche
desselben Künstlers. Zeichnung und technische Behand-
lung decken sich gleicherweise in jedem Punkt. Man ver-
gleiche nur das anmuthige Köpfchen der Maria mit jenem
der Dalila auf dem Stich B. 3 in der Wiener Hofbibliothek.
— Da Mair seine sämmtlichen Arbeiten ausnahmslos mit
dem vollen Namen bezeichnete, die Wiener Madonna
aber oben ein wenig und unten beträchtlich verschnitten
ist, so scheint es mir nicht fraglich, dass die Bezeichnung-
einfach abgeschnitten und derStich so unter die Anonymen
1 Kunstdenkmäier in Wien II, p. 268.



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