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Neue Bücher.
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Die Cheney. Die Werke zweier hervorragender amerikanischer
Stecher — John Cheney und Seth Wells Cheney — hat S. R.
Koehler in sorgfältigster Weise katalogisirt. Sein „Catalogue os the
engraved and lithographed Work of John Cheney and Seth Wells
Cheney" darf als ein Muster für ähnliche Arbeiten hingestellt werden.
Die Bcschreibungen der einzelnen Nummern, die Druck- und anderen
Nachweise sind aussührlich und genau, die verschiedenen Register sebr
zweckrnässig angelegt. Ausstattung und Druck sind vorzüglich. Ein
Porträtstich von S. A. Seh off ist dem geschmackvollen Bande beige-
geben. Erschienen ist der Katalog in Boston bei Lee and Shepard.
Les chefs-d'ceuvre de i'art au XIXc siecle. Unter diesem Titel
gibt die Librairie illustrce in Paris (S, rue Saint-Joseph) eine Reihe wohl-
seiler Bände über moderne, namentlich sranzösische Kunst heraus. Der
erste Band: L'ccole f r a n c a i s e, de David a Delacroix von Andre
Michel liegt vor. Michel's Geschichtserzahlung beruht auf genauer
Sachkenntnis und führt den Leser in anziehender Weise in das Studium
der französischen Malerei unseres Jahrhunderts ein. Gut ausgewählte
Illustrationen zieren den Band. Besonders hingewiesen sei auf die
zwanzig Kupser, welche ausser dem Texte erscheinen. Es sind Radi-
rungen und Stiche, welche zumeist in der Gazette des beaux-arts zuerst
erschienen, darunter vorzügliche Blätter von Flameng, Jasinski,
Gaujean, Waltner, Haussoulier, Gaillard, Henriquel-Dupont,
Bracquemond u. A. Der Quartband (163 Seiten) kostet nur Frcs. 20!
Vier weitere Bände von de Lostal ot (De Delacroix ä Regnault),
Lesort (L'ecole srancaise contemporaine), de Wyzewa (Les ecoles
etrangeres) und Gonse (La sculpture et la gravure en France) sind in
Vorbereitung.
Eugene Müntz, Histoire de l'art pendant la renaissance.
II. Italie, L'äge d'or. — Paris, Hachette et Cie., 1891. 4°. 864 Seiten,
531 Abbildungen im Text, 38 Tafeln ausser Text. — Dem ersten Bande
dieses bedeutenden Werkes, der in Chronik II, S. 68 angezeigt wurde,
steht dieser zweite, welcher "die Blüthe der Renaissance in Italien schildert,
nicht nach. Müntz, dessen selbstständige Forschungen die Wissenschaft
um die Kunst der italienischen Renaissance vielfach gefördert haben,
versteht es wie wenige aus dem überreichen Stoff ein runde Wahrheit
geschichtlicher Erzählung loszulösen. Sein Werk, das sich nicht nur an
Fachgenossen, sondern an die Gebildeten überhaupt wendet, zeichnet
sich aus durch Klarheit der Übersicht und geschmackvolle Art der Dar-
steilung. Der behandelte Zeitraum bespricht die italienische Kunst in
allen ihren Äusserungen bis zum Beginne des XVL Jahrhunderts. Die
Hauptmeister und Hauptschulen werden eingehend geschildert. Dass
streng sachwissensehastliche Kritik bald da bald hier anderer Meinung
sein wird als der Verfasfer, darf auf einem Gebiete, aus dem die Forschung
nicht rastet und ruht und jeden Augenblick mit neuen Thatsachen,
neuen Behauptungen und Hypothesen die Aufmerksamkeit der Fach-
genossen in Athem hält, nicht befremden und thut dem schonen Werke,
wenn man es als Ganzes auffasst, keinen Eintrag. Müntzens Histoire de
l'art pendant la renaissance zieht die Summe unserer gegenwärtigen
Kenntnis der Dinge in so sachgemässer Weise, dass seine Leistung so
leicht und so bald kaum wird überboten werden. Vorzüglich ist die
Illustration auch des zweiten Bandes, überreich und gut, insofern sogar
besser als diejenige des ersten, als die Zahl der Holzschnitte im Ver-
gleich zu der Anzahl der Hochätzungen bedeutend gesteigert erschemt.
Unter den Taseln besinden sich vorzügliche Blätter, wie Gaillard's
Liller Mädchenkopf, die farbige Heliogravüre nach einer Büste des
Scipio (XV. Jahrh.), welche kürzlich aus der Sammlung Rattier in den
Louvre gelangt ist, dann die Tafeln mit Reproduktionen von Handzeich-
nungen und Gemälden,
Ch. Yriarte, Autour des Borgia (4°. Paris, J. Rothschild). Der
Biograph des Herzogs von Valentinois Cäsar Borgia gibt in diesem reich
illustrirten Werke eine Ergänzung zu seinem früheren biographischen
Werk. In anregender Weise bespricht Yriarte alle Monumente, an denen
die Erinnerung an die Borgia haften geblieben ist, führt uns in die
Gemächer des Vaticans, welche Alexander VI. inne hatte und die er
schmücken liess, nicht ohne uns mit den Ergebnissen neuer und selbst-
ständiger Forschungen bekannt zu machen. Scharfe Kritik übt der Ver-
fasser bei dem Nachweis der Bildnisse Alexander VI., von Cäsar Borgia
und der Lucrezia und vielfach Neues weiss er mitzutheilen über Cäsars
berühmten Degen, den gegenwärtig der Herzog Onorato da Lermoneta,
das Haupt der Familie Gaetani in Rom bewahrt. Wie wir es bei Ver-
öfsentlichungen des Rothsehüd'schen Verlages gewohnt sind, erscheint
auch dies neue Werk Yriarte's in gefälliger Ausstattung; mehrere der
18 Tafeln ausser Text sind gute farbige Photolithographien.
Le Repas ä travers les äges betitelt sich ein Album, in dem
A. Guillaume als witziger Caricaturist schildert, in wie verschiedener
Weise im Lause der Zeiten die Mahlzeit eingenommen wurde. Mit einem
Göttermahl auf dem Olymp beginnt er, geht über zu den Causes celebres
alter Gastronomie: zu Esau's Linsengericht, dem Mannahimbiss in der
Wüste, zu Belsazar's gestortem Feste, zur rothen Suppe der Spartaner,
er führt uns ein bei Pythagoras, zeigt uns des Lucullus Schlemmerei,
der Cleopatra Perlenlösung und des Trimalchio grobe Üppigkeit. Überall
weiss der Zeichner seine Darstellung mit Witz zu würzen, im Mittelaltar
und durch die neue Zeit hinab oder herauf bis zum five o'clok tea der
Weltdame und zum kannibalischen Wohlleben der Carai'ben, die vergnügt
an die Zubereitung eines wohlgenährten Reisenden gehen. Das lustige
Album ist nicht nur für den verwöhnten Magen ästhetischer Fein-
schmecker. Es prasentirt sich in der colorirten Ausgabe am besten. Verlag
von Ch. Delagrave, Paris (15 rue Sousflot).
Von Ernst Brücke ist im Verlage von Wilh. Braumüller in Wien
erschienen: Schönheit und Fehler der mensehlichen Gestalt,
ein vortrefssiches Buch, das wie die früheren kunsttheoretischen Studien
des berühmten Physiologen Künstler und Kunstfreunde fesseln wird.
Es enthält 29 gute Holzschnitte von Hermann Paar.
Gustavo Frizzoni hat eine Anzahl seiner in verschiedenen
italienischen Zeitschriften veröffentlichten Renaissancestudien heraus-
gegeben unter dem Titel: Arte Italiana del Rinascimento. Die
Aussatze (über die Renaissance in Neapel, über Sodoma, Peruzzi, über
die Italiener in der Londoner National Gallery und die Fresken von
S. Cecilia in Bologna) sind sorgfältig überarbeitet worden. 30 meist gute
Lichtdrucke sind dem Buche, das wir empfehlen, beigegeben. Verlag
von Fratelli Dumolard in Mailand. Bei dieser Gelegenheit sei auch an
dieser Stelle hingewiesen auf den zweiten Band der Kunstkritische n
Studien über italienische Malerei (Die Galerien in München und
Dresden) von dem verstorbenen Senator Morelli (Ivan Lermolieff).
Er ist mit vielen Autotypien im Verlage von F. A. Brockhaus in Leipzig
erschienen.
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Neue Bücher.
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Die Cheney. Die Werke zweier hervorragender amerikanischer
Stecher — John Cheney und Seth Wells Cheney — hat S. R.
Koehler in sorgfältigster Weise katalogisirt. Sein „Catalogue os the
engraved and lithographed Work of John Cheney and Seth Wells
Cheney" darf als ein Muster für ähnliche Arbeiten hingestellt werden.
Die Bcschreibungen der einzelnen Nummern, die Druck- und anderen
Nachweise sind aussührlich und genau, die verschiedenen Register sebr
zweckrnässig angelegt. Ausstattung und Druck sind vorzüglich. Ein
Porträtstich von S. A. Seh off ist dem geschmackvollen Bande beige-
geben. Erschienen ist der Katalog in Boston bei Lee and Shepard.
Les chefs-d'ceuvre de i'art au XIXc siecle. Unter diesem Titel
gibt die Librairie illustrce in Paris (S, rue Saint-Joseph) eine Reihe wohl-
seiler Bände über moderne, namentlich sranzösische Kunst heraus. Der
erste Band: L'ccole f r a n c a i s e, de David a Delacroix von Andre
Michel liegt vor. Michel's Geschichtserzahlung beruht auf genauer
Sachkenntnis und führt den Leser in anziehender Weise in das Studium
der französischen Malerei unseres Jahrhunderts ein. Gut ausgewählte
Illustrationen zieren den Band. Besonders hingewiesen sei auf die
zwanzig Kupser, welche ausser dem Texte erscheinen. Es sind Radi-
rungen und Stiche, welche zumeist in der Gazette des beaux-arts zuerst
erschienen, darunter vorzügliche Blätter von Flameng, Jasinski,
Gaujean, Waltner, Haussoulier, Gaillard, Henriquel-Dupont,
Bracquemond u. A. Der Quartband (163 Seiten) kostet nur Frcs. 20!
Vier weitere Bände von de Lostal ot (De Delacroix ä Regnault),
Lesort (L'ecole srancaise contemporaine), de Wyzewa (Les ecoles
etrangeres) und Gonse (La sculpture et la gravure en France) sind in
Vorbereitung.
Eugene Müntz, Histoire de l'art pendant la renaissance.
II. Italie, L'äge d'or. — Paris, Hachette et Cie., 1891. 4°. 864 Seiten,
531 Abbildungen im Text, 38 Tafeln ausser Text. — Dem ersten Bande
dieses bedeutenden Werkes, der in Chronik II, S. 68 angezeigt wurde,
steht dieser zweite, welcher "die Blüthe der Renaissance in Italien schildert,
nicht nach. Müntz, dessen selbstständige Forschungen die Wissenschaft
um die Kunst der italienischen Renaissance vielfach gefördert haben,
versteht es wie wenige aus dem überreichen Stoff ein runde Wahrheit
geschichtlicher Erzählung loszulösen. Sein Werk, das sich nicht nur an
Fachgenossen, sondern an die Gebildeten überhaupt wendet, zeichnet
sich aus durch Klarheit der Übersicht und geschmackvolle Art der Dar-
steilung. Der behandelte Zeitraum bespricht die italienische Kunst in
allen ihren Äusserungen bis zum Beginne des XVL Jahrhunderts. Die
Hauptmeister und Hauptschulen werden eingehend geschildert. Dass
streng sachwissensehastliche Kritik bald da bald hier anderer Meinung
sein wird als der Verfasfer, darf auf einem Gebiete, aus dem die Forschung
nicht rastet und ruht und jeden Augenblick mit neuen Thatsachen,
neuen Behauptungen und Hypothesen die Aufmerksamkeit der Fach-
genossen in Athem hält, nicht befremden und thut dem schonen Werke,
wenn man es als Ganzes auffasst, keinen Eintrag. Müntzens Histoire de
l'art pendant la renaissance zieht die Summe unserer gegenwärtigen
Kenntnis der Dinge in so sachgemässer Weise, dass seine Leistung so
leicht und so bald kaum wird überboten werden. Vorzüglich ist die
Illustration auch des zweiten Bandes, überreich und gut, insofern sogar
besser als diejenige des ersten, als die Zahl der Holzschnitte im Ver-
gleich zu der Anzahl der Hochätzungen bedeutend gesteigert erschemt.
Unter den Taseln besinden sich vorzügliche Blätter, wie Gaillard's
Liller Mädchenkopf, die farbige Heliogravüre nach einer Büste des
Scipio (XV. Jahrh.), welche kürzlich aus der Sammlung Rattier in den
Louvre gelangt ist, dann die Tafeln mit Reproduktionen von Handzeich-
nungen und Gemälden,
Ch. Yriarte, Autour des Borgia (4°. Paris, J. Rothschild). Der
Biograph des Herzogs von Valentinois Cäsar Borgia gibt in diesem reich
illustrirten Werke eine Ergänzung zu seinem früheren biographischen
Werk. In anregender Weise bespricht Yriarte alle Monumente, an denen
die Erinnerung an die Borgia haften geblieben ist, führt uns in die
Gemächer des Vaticans, welche Alexander VI. inne hatte und die er
schmücken liess, nicht ohne uns mit den Ergebnissen neuer und selbst-
ständiger Forschungen bekannt zu machen. Scharfe Kritik übt der Ver-
fasser bei dem Nachweis der Bildnisse Alexander VI., von Cäsar Borgia
und der Lucrezia und vielfach Neues weiss er mitzutheilen über Cäsars
berühmten Degen, den gegenwärtig der Herzog Onorato da Lermoneta,
das Haupt der Familie Gaetani in Rom bewahrt. Wie wir es bei Ver-
öfsentlichungen des Rothsehüd'schen Verlages gewohnt sind, erscheint
auch dies neue Werk Yriarte's in gefälliger Ausstattung; mehrere der
18 Tafeln ausser Text sind gute farbige Photolithographien.
Le Repas ä travers les äges betitelt sich ein Album, in dem
A. Guillaume als witziger Caricaturist schildert, in wie verschiedener
Weise im Lause der Zeiten die Mahlzeit eingenommen wurde. Mit einem
Göttermahl auf dem Olymp beginnt er, geht über zu den Causes celebres
alter Gastronomie: zu Esau's Linsengericht, dem Mannahimbiss in der
Wüste, zu Belsazar's gestortem Feste, zur rothen Suppe der Spartaner,
er führt uns ein bei Pythagoras, zeigt uns des Lucullus Schlemmerei,
der Cleopatra Perlenlösung und des Trimalchio grobe Üppigkeit. Überall
weiss der Zeichner seine Darstellung mit Witz zu würzen, im Mittelaltar
und durch die neue Zeit hinab oder herauf bis zum five o'clok tea der
Weltdame und zum kannibalischen Wohlleben der Carai'ben, die vergnügt
an die Zubereitung eines wohlgenährten Reisenden gehen. Das lustige
Album ist nicht nur für den verwöhnten Magen ästhetischer Fein-
schmecker. Es prasentirt sich in der colorirten Ausgabe am besten. Verlag
von Ch. Delagrave, Paris (15 rue Sousflot).
Von Ernst Brücke ist im Verlage von Wilh. Braumüller in Wien
erschienen: Schönheit und Fehler der mensehlichen Gestalt,
ein vortrefssiches Buch, das wie die früheren kunsttheoretischen Studien
des berühmten Physiologen Künstler und Kunstfreunde fesseln wird.
Es enthält 29 gute Holzschnitte von Hermann Paar.
Gustavo Frizzoni hat eine Anzahl seiner in verschiedenen
italienischen Zeitschriften veröffentlichten Renaissancestudien heraus-
gegeben unter dem Titel: Arte Italiana del Rinascimento. Die
Aussatze (über die Renaissance in Neapel, über Sodoma, Peruzzi, über
die Italiener in der Londoner National Gallery und die Fresken von
S. Cecilia in Bologna) sind sorgfältig überarbeitet worden. 30 meist gute
Lichtdrucke sind dem Buche, das wir empfehlen, beigegeben. Verlag
von Fratelli Dumolard in Mailand. Bei dieser Gelegenheit sei auch an
dieser Stelle hingewiesen auf den zweiten Band der Kunstkritische n
Studien über italienische Malerei (Die Galerien in München und
Dresden) von dem verstorbenen Senator Morelli (Ivan Lermolieff).
Er ist mit vielen Autotypien im Verlage von F. A. Brockhaus in Leipzig
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