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Chronik für vervielfältigende Kunst — 4.1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.3765#0040
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älter wurde wünschte Ziliotti das Beliehen derselben sseher zu ssehen und
vertraute seine Sammlung der Familie Remondini an, und zwar ganz
speciell dem Antonio Remondini, der selbss angesangen hatte, alte werth-
volle Kupferfliche zu sammeln. Ziliotti's angebotener Schatz wurde auf-
genommen. Er beanspruehte dasür eine lebenslängliche Pensson, die ihm
gern bewilligt wurde. Ein Jahr nach der Übergabe seiner Sammlung
ssarb Ziliotti. Bei der Erbschaststheilung zwischen den Brüdern verblieben
die Kupserssiche und Sammlungen im Besitz Antonio's, der die Stiche ver-
mehrte, was er absichtlich mit den Zeichnungen nicht that. Aus Antonio's
Besstz gelangte die Sammlung durch Erbschaft an G. ß. Remondini, der
sie in seinem Testamcnt vom 26. Juni 1849 „seiner geliebten Vaterstadt"
Bassano hinterliess, wo sie sich heutzutage im dritten Saal des Museums,
der „Stanza delle Stampe", befindet.
Die Stiche befinden sich in 79 Mappen, und ihre Zahl beläust
sich aus 8522 Blätter, die [ich folgendermassen vertheilen:
Stiche nach italienischen Malern .... 5.356

„ deutsehen ,,
,, holländischen ,,
,, englischen ,,
,, französischen ,,
verschiedene, in Rahmen

Summe

1.299
1.071
61
620
115

8.522

Diese 8.522 Stiche sind die Werke von 628 Stechern.

In Mailand ifl eine Schule sür Lithographie eröfsnet worden.
Die Schule ifl gratis; es werden alle Lithographen zugelassen, die in
Mailand wohnen und dort wenigstens drei Jahre lang diese Kunst aus-
geübt haben.
* *
Zu dem allgemeinen Ausschwung, den das Studium des Kunst-
gewerbes überall nimmt, bleibt Italien nicht zurück. Abgesehen von
den vielen Schulen, die zur Förderung dieser Studien eingerichtet
worden sind, will ich hier eine Publication des Verlegers Ongania in
Venedig nennen, die mit grosser ssaatlicher Unterssützung in's Leben
tritt. Arte italiana decorative e industriale ifl der Titel dieser
eben begonnenen Veröffentlichung. Vom Gesichfspunkte der graphischen
Reproduaion dars Niemand, der mit unseren Studien Schritt halten will,
sie überl'ehen. L'Arte italiana enthält Folioblätter, thcils in Heliotypie,
theils in Chromolithographie, und C. Jacobi, aus dessen Atelier diese
Vervielsältigungen hervorgehen, verdient für diese Leistungen alles Lob.
Im zweiten Heft sind zum Beispiel einige Broncecandelaber so vortrefslich
reproducirt, wie es gar nicht besser zu wünsehen wräre. Die Genauigkeit
der Umrisszeichnung, die Schönheit und Weichheit der Farbentöne und
die schwungvolle Ausführung besriedigen in diesen und anderen Repro-
duktionen Jacobi's vollfländig.
Auf diesem Wege wird auch Italien sich einen guten Platz in der
modernen Geschichte der mechanischen KunstreproduSion erringen.
Alfredo Melani.

EIN STICH NACH BRUEGHEL ODER BLES.


enri Hymans schrieb vor einiger Zeit einen Artikel über den
älteren Peeter Brueghel für die Gazette des beaux-arts. Im
. Jännerheft von 1891 gibt nun Hymans die Abbildung eines
anonymen Stiches, welcher dem genannten Brueghel zugesehrieben
wird (S. 33). Die ikonographische Deutung, die Hymans beibringt
(S. 38 f.), halte ich gewiss für sehr beachtenswerth, ohne dass ich mich
in dieser schwierigen Angelegenheit schon heute entseheiden möchte.
Was mich veranlasst, auf die Stelle des Hymans'schen Artikels zurück-
zukommen, ist nur die Beobachtung, dass ein mit der Feder gezeichneter
Entwurf zu dem erwähnten Stich in der Albertina bewahrt wird. Die
Zeichnung wird dort unter dem Namen Brueghel geführt. (Nieder-
länder IL Portefeuille.) Die monströse Mittelfigur mit dem EikÖrper und
den baumstammartigen Beinen, die aus kleinen Kähnen herauswachsen,
sammt allem Beiwerk ist der Zeichnung und dem Stich gemeinsam. Sie
erscheint auf dem Stich im Gegensinne. Während wir dagegen auf dem
Stich im Vordergrund und Mittelgrund zahlreiche menschliche Figuren
erblicken, zeigt die Zeichnung ausserhalb des Eies keine solchen. Das
Reh im Mittelgrunde ist von der Zeichnung auf den Stich übergegangen.
Ein Storch, der rechts in der Zeichnung auf einem Beine steht, blieg weg.
Die alte Bezeichnung mit: BRVEG'EL (NB ohne H nach dem G) zeigt

andere Farbe als die Federstriche der Zeichnung, ist also nicht gleich-
zeitig. Sie ist überhaupt nicht echt.
Vor einigen Jahren habe ich die Zeichnung in der Aibertina bei
Gelegenheit eines Vortrages über die Geschichte der Landschaftsmalerei
mit Hendrik Bles inVerbindung gebracht, auf den mich dieBehandlung
der Bäume, das aufsallend liebevolle Eingehen auf das LandschaftHche
und endlich auch das Käutzchen oben im Geäst hinsührte. Der Platz, den
das Vogelmonogramm einnimmt, ist allerdings ein etwas ausfallender,
wogegen Bles sein Käutzchen meist recht verborgen anzubringen pflegt,
was schon van Mander hervorhebt. Ich wüsste aber nicht, wo sonlt als
im Geäst, Meister Bles auf dieser Zeichnung hatte den Vogel unterbringen
können, ohne ihn noch weit auffälliger zu machen. Zudem wüsste ich
die etwas kleinlich behandelte Zeichnung in der Albertina mit Brueghel's
breiterer Manier nicht in Einklang zu bringen. Auch eine Verwechslung
mit Hieronymus Bosch, an den man ja bei derlei Spuk und Fratzen
immer ein wenig zu denken hat, ist hier nach meiner Ansicht gänzlich
ausgeschlossen
Ich hielte also die Zeichnung in der Albertina am liebsten für eine
mit dem Käutzchen monogrammirte Arbeit des H. Bles, nach welcher
unser anon3rmer Stich ausgeführt worden ist. Th. Frimmel.
 
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