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Chronik für vervielfältigende Kunst — 4.1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.3765#0041
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,Vo'Jen.

37

aus-

Neue Bücher.

ringen,
elani.
icht gleich-

Max Lautner, Wer ist Rembrandt? Grundlagen zu einem Neu-
bau der holländischen Kunstgeschichte, Mit 7 Tafeln in Photogravure,
1891. Breslau, J. W. Kern's Verlag. -
Georg Hirth führt in seinem kürzlich erschienenen Werke „Auf-
gaben der Kunstphysiologie" eine Stelle ausCesare Lombroso's „Genialem
Menschen" an über die sogenannten Matto'i'den. Es heisst da von
diesen seltsamen Käuzen: „Man würde sie nicht für abnorm halten,
wenn der Schein der Ernsthaftigkeit und die hartnäckige Zähigkeit, mit
der sie an einer vorgefassten Meinung hängen — worin sie den Mono-
manen und Geistreichen ähneln — nicht zu häufig, und zwar in ihren
Schriften mit der Jagd auf abgeschmackte, seichte Dinge, mit Weit-
schweifigkeit and vor allem mit perlonlicher Eitelkeit vereinigt wäre".
Etwas von der Art dieser curiosen Grillenfänger scheint mir auch der
kühne Mann an sich zu haben, der seiner dickleibigen Schrift dreist die
sensationssüchtige Frage auf die Stirn gedrückt hat: „Wer ist Rem-
brandt?" In langen breitspurigen Erörterungen, deren dialektisches
Gediftel einem alten Scholastiker Spass machen würde und deren gesin-
nungstüchtige Banalität dem Philister weidlich imponiren mag, glaubt
der Verfasser der Welt weiss machen zu können, Rembrandt sei nie und
nimmer der Genius gewesen, als den wir ihn bewundern, ehren und
lieben! Als Mensch sei er vielmehr ganz „Hinterhaus" gewesen: ein
Schuldenmacher, gemeiner Betrüger und ehrloser Wicht, und als Künstler
habe er weit mehr Ruf als Werth besehlen, denn er verstand es Reclame
zu machen; alle die Meisterwerke, die seinen Namen tragen, rührten
nicht von ihm her, sondern ein bisher gründlich von den Kunstgelehrten
und Kennern verkanntes Genie, Ferdinand Bol, sei ihr wahrer Urheber,
wie das deutlich hervorgehe aus den vielen „latenten" Bezeichnungen
Bol's auf der Nachtwache, auf der Anatomie etc. etc., welche zu ent-
decken Lautner vorbehalten blieb. Jeder, der nur einigermassen seine
Kenntnis Rembrandt's aus dem Studium der emschlägigen Quellen-
literatur und der Werke selbst geschöpst hat, weiss zu ermessen, wie viel
gelehrter Unverstand und welche Entstellungssucht dazu gehören, um so
ungereimtes Zeug an die Stelle gesicherter Forschungsergebnisse setzen
zu können. Zu diesen Mängeln geseilt sicb eine Kunstausfassung von so
unglaublicher Naivetät, dass der Verfasser im Ernst dafür hält, Bol —
sein Klassiker, sein Heros der holländischen Kunstgeschichte — sei der Ur-
heber nicht nur der vorzüglichsten Werke Rembrandt's und der von
altersher Bol zugeschriebenen Bilder — wie jener Traum Jakob's in
Dresden, den Lautner mit unerhörtem Tiessinn deutet — sondern auch
von Werken der Art wie jenes Opser Salomon's in Breslau, das Besser-
unterrichtete dem Leipziger Knupser zuweilen. Welch ein Proteus dieser
gute Bol gewesen sein müsste!
Wir würden von diesen nichtsnutzigen „Grundlagen zu einem
Neubau der holländischen Kunstgeschichte" (die übrigens die Radirungen
Rembrandt's nur streifen, doch so, dass die Unvertrautheit des Verfassers
mit dem Gegenstände in die Augen springt) an dieser Stelle keine Notiz
genommen haben, wenn sie nicht hier und da Lobredner gefunden
hätten. Für die gerade jetzt eifrig betriebene Rembrandtforschung, an
der Kenner und Gelehrte aus aller Herren Länder erfolgreich arbeiten,
hat das leider subventionirte Buch Lautner's gar keinen Belang. Vielleicht
aber bietet es ein gewisses psychiatrisches Interesse als eine bemerkens-
werthe Geistesblüte eines jener eingangs gedachten Grillenfänger. R. G.
Arthur Heulhard, Rabelais ses voyages en Haue, son exil ä
Metz, Paris 1891, Librairie de l'art. — Dieses umfängliche Werk bringt

neue Beiträge zur Kritik der von der Legende vielumwobenen Lebens-
geschichte Rabelais', deren nähere Prüfung Sache des Literarhistorikers
ist. Die Anzeige des Buches an diesem Orte rechtsertigt seine reiche,
meist alten Illustrationswerken entnommene Illustration. Auch eine Radi-
rung von Ch. Giroux, das Bildnis Rabelais', ist dem Werke beigegeben.
In gewöhnlicher Ausstattung kostet der Band 40 Frcs., die Luxusaus-
gaben, in der Abdruckanzahl beschränkt, kosten 80, 150 und 200 Frcs.
D. J. Vives Ciscar, Bosquejo biografico del pintor y
grabador Valenciano Crisöstomo Marti'nez y Sorli, -— Diese
von der Real Academia de Bellas Artes de San Carlos de Valencia
herausgegebene Rede ihres Mitgliedes, des Dr. D. J. Vives Ciscar, schil-
dert auf Grund urkundlicher Forschungen das Wirken des Malers und
Stechers Crisöstomo Marti'nez y Sorli, eines valencianischen Künstlers,
der am 27. November 1638 geboren wurde und von dessen Lebenslauf
nur weniges überliesert ist. Ein paar mässige Zinkographien nach Stichen
des Meisters sind der Schrist beigegeben.
F. A. Gruyer, Voyage autour du Salon Carre au Musee
du Louvre. Mit 40 Heliogravüren von Braun. Paris, 1891. Firmin-
Didot et Cie. — In der Weise wie einst Eugene Fromenttn die Meister-
werke niederländischer Malerei zum Gegenstände feinsinniger Erörte-
rungen machte, will der bekannte französische Kunsthistoriker Gruyer
die bauptsächlichen Werke der Malerei, welche der Louvre bewahrt, dem
Gebildeten erläuternd vorführen. Gruyer trifft vorzüglich in seiner Erzäh-
lung, die sich nicht bloss streng an die Schätze des Salon Carre hält, den
Ton gefälliger Causerie, und er weiss seine Kennerschaft und kunsthisto-
rische Belesenheit mit so viel feiner Empfindung und anregendem Denken
vorzutragen, dass nicht nur jeder kunstfreundliche Gebildete, sondern
auch der Fachmann mit Vortheil und Genuss seiner Führung folgen
wird. Eine mächtige Stütze findet der Louvre-Perieget in dem schönen
Bilderschmucke seines Quartbandes. Die vorzüglichsten Meisterwerke
alter Malerei, Italiener, Niederländer, Deutsche, Franzosen, Spanier sind
in wirklich ausgezeichneten Heliogravüren reproducirt, so dass es dem
geschmackvollen Buche gewiss nicht an Käufern fehlen wird. Diese
Galeriepublication, der wir in Deutschland nichts ähnliches zur Seite zu
stellen haben, ist nach Auswahl, literarischer Behandlung und künstle-
rischer Ausstattung ein Muster, das wir trotz unserer riesigen Galerie-
werke, deutschen Verlegern zur Nachahmung empfehlen möchten.
Wilhelm Bode's Studie über die Berliner Malerradirer (Max
Klinger, Moritz Geyger und Stausfer-Bern) ist soeben in zweiter ver-
mehrter Auflage erschienen. Dieser Sonderabdruck aus den Graphischen
Künsten enthält 5 Tafeln und 11 Textabbildungen. Die Auflage ist auf
nur 70 Exemplare beschränkt worden. Das geschmackvoll ausgestattete
Hest kostet M. 9.
Bilderschatz für das Kunstgewerbe. In Monatsheften zu M. 1-20.
Verlag von Julius Hofsmann in Stuttgart. — Wir begrüssen es als ein
nützliches Unternehmen, künstlerisch werthvolle Proben besonders aus-
ländischer Illustrationskunst, in guten Abdrücken als einen Motiven-
schatz dem deutschen Buchgewerbe und allen, die an der Illustrationskunst
Antheil haben, darzubieten. Die beiden Hefte, welche uns zur Beurthei-
lung vorliegen und denen wir die geschmackvollen französischen
Vignetten (Holzschnitte) auf den Seiten 35 und 36 entlehnt haben,
erwecken für den Versolg des wohlfeilen Werkes, ein gutes Vorurtheil:
sie enthalten in der That eine Anzahl geschmackvoller nnd anregender
Motive.
 
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