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AMBERG • HAUSKAPELLE DER PFALZGRÄFLICHEN RESIDENZ
Fig. 41. Amberg, Hauskapelle der Pfalzgräflichen Residenz. Ansicht von Osten.
Geschichte des Baues: Der am Ufer
der Vils gelegene Bau beherbergte bis
zur Fertigstellung des an anderer Stelle
im Jahr 1424 errichteten neuen Schlosses
die Hofhaltung der alten Pfalzgrafenre-
sidenz1. Ruprecht III., von 1398 bis 1410
Pfalzgraf und Kurfürst der Pfalz und seit
1400 römisch-deutscher König, hatte die-
ses Gebäude anstelle älterer Wohnhäu-
ser errichten lassen. Zur Unterscheidung
von der als »vorderes Haus« bezeichneten
Herzogsburg wurde die Hofhaltung auf
der gegenüberliegenden Seite in den Quel-
len als »hinteres Haus« geführt. Noch als
Kurprinz setzte Ruprecht, der sich 1374
in Amberg mit Elisabeth (1358—1411),
Burggräfin zu Nürnberg, vermählt hatte,
in einem 1394 geschlossenen Vertrag für
seine Frau ein besseres Wittum fest und
verlieh ihr zugleich gemeinsam mit seinem
Vater die beiden großen Häuser in Am-
berg zur Wohnung2.
Das zweigeschossige Haus mit hohem
Treppengiebel besitzt einen malerischen,
auf einem Polygonpfeiler ruhenden Erker;
er nimmt den kleinen Chor einer im Ober-
geschoss des Gebäudes befindlichen Ka-
pelle auf (Fig. 41, 43)3 4. Dieser dreiwöchige,
mit Rippen überwölbte Saalbau hat die be-
scheidenen Maße von sechseinhalb auf vier
Meter; seine eingezogene Apsis schließt
mit fünf Seiten eines Achtecks. Chor-
wand und Polygon weisen sieben iden-
tisch gestaltete, hochrechteckige Fenster-
öffnungen auf, in die vierzeilige Lanzetten
1 Maders Bezeichnung des Hauses als Eichenforst ist nicht zutref-
fend und beruht auf einer Verwechslung mit der gegenübergelegenen
Residenz, der auch als Eichenforst bezeichneten Alten Veste. Mader
1909, S. 141.
2 Winkelmann/Koch/Wille 1894, Nr. 5576, S. 333; vgl. auch Ma-
der 1909, S. 6. Der Hinweis von Laipple-Fritzsche 1989a und
Dehio 22oo8, S. 39, die Hauskapelle sei im Jahr 1394 anlässlich des
zwanzigsten Hochzeitstages der Pfalzgräfin Elisabeth eingebaut wor-
den, war nicht zu verifizieren.
3 Die Kapelle des Welschen Hofes in Kutnä Hora, Tschechien, wel-
che als Teil der königlichen Residenz unter König Wenzel IV. in den
Jahren 1390-1400 ausgebaut wurde, steht der Amberger Schlosskapelle
in Aufbau und Gliederung nahe; vgl. Fajt/Boehm 2006, S. 468 und
Abb. VI.16.
4 Der Schlussstein mit dem Antlitz Christi bildet die »stilistische Vor-
stufe zu einer vergleichbaren Darstellung in der Marienkirche«, die zu
Beginn des 15. Jahrhunderts errichtet wurde. Kvapilovä 2010, S. 333.
5 Wiltmaister 1783, S. ii 5: »[...] und stehet in dessen Mitte ein schö-
ner Choraltar, worauf sich die Bildniß des gekreutzigten Heylands
nebst der Mutter Gottes, und St. Johannes unter dem Kreutz von Bild-
hauerarbeit geschnitten überaus schön gefaßt, und vergoldet präsenti-
ren. Auf beeden Seiten aber sind zwey Nebenaltäre zu sehen, auf deren
jeden zwey uralt grosse geschnittene, und gefaßte Mutter Gottesbilder
stehen, und nicht so fast wegen ihrer Schönheit, als Alterthum zu be-
wundern sind [...]. Rings herum sind an der Wand, an jenen Oertern,
wo man gewöhnlicher massen an Kirchweyfesten die Wandlichter mit
den brennenden Kerzen aufzustecken pfleget, die zwölf Apostel ange-
malen«.
6 Robert Giersch, Archivalienforschung zur Geschichte der alten
Residenz zu Amberg, 1993 (Ms.), S. 18. Das Manuskript wird im Bay-
erischen Staatsarchiv Amberg auf bewahrt. StA Amberg, Nr. 443.
2 Niedermayer 1856, S. 362, erwähnt noch in sämtlichen sieben Fens-
tern Figurenfelder. Auf einem älteren Stahlstich mit einer Innenansicht
der Kapelle sind die seitlichen Fenster nur mehr zur Hälfte mit Glas-
AMBERG • HAUSKAPELLE DER PFALZGRÄFLICHEN RESIDENZ
Fig. 41. Amberg, Hauskapelle der Pfalzgräflichen Residenz. Ansicht von Osten.
Geschichte des Baues: Der am Ufer
der Vils gelegene Bau beherbergte bis
zur Fertigstellung des an anderer Stelle
im Jahr 1424 errichteten neuen Schlosses
die Hofhaltung der alten Pfalzgrafenre-
sidenz1. Ruprecht III., von 1398 bis 1410
Pfalzgraf und Kurfürst der Pfalz und seit
1400 römisch-deutscher König, hatte die-
ses Gebäude anstelle älterer Wohnhäu-
ser errichten lassen. Zur Unterscheidung
von der als »vorderes Haus« bezeichneten
Herzogsburg wurde die Hofhaltung auf
der gegenüberliegenden Seite in den Quel-
len als »hinteres Haus« geführt. Noch als
Kurprinz setzte Ruprecht, der sich 1374
in Amberg mit Elisabeth (1358—1411),
Burggräfin zu Nürnberg, vermählt hatte,
in einem 1394 geschlossenen Vertrag für
seine Frau ein besseres Wittum fest und
verlieh ihr zugleich gemeinsam mit seinem
Vater die beiden großen Häuser in Am-
berg zur Wohnung2.
Das zweigeschossige Haus mit hohem
Treppengiebel besitzt einen malerischen,
auf einem Polygonpfeiler ruhenden Erker;
er nimmt den kleinen Chor einer im Ober-
geschoss des Gebäudes befindlichen Ka-
pelle auf (Fig. 41, 43)3 4. Dieser dreiwöchige,
mit Rippen überwölbte Saalbau hat die be-
scheidenen Maße von sechseinhalb auf vier
Meter; seine eingezogene Apsis schließt
mit fünf Seiten eines Achtecks. Chor-
wand und Polygon weisen sieben iden-
tisch gestaltete, hochrechteckige Fenster-
öffnungen auf, in die vierzeilige Lanzetten
1 Maders Bezeichnung des Hauses als Eichenforst ist nicht zutref-
fend und beruht auf einer Verwechslung mit der gegenübergelegenen
Residenz, der auch als Eichenforst bezeichneten Alten Veste. Mader
1909, S. 141.
2 Winkelmann/Koch/Wille 1894, Nr. 5576, S. 333; vgl. auch Ma-
der 1909, S. 6. Der Hinweis von Laipple-Fritzsche 1989a und
Dehio 22oo8, S. 39, die Hauskapelle sei im Jahr 1394 anlässlich des
zwanzigsten Hochzeitstages der Pfalzgräfin Elisabeth eingebaut wor-
den, war nicht zu verifizieren.
3 Die Kapelle des Welschen Hofes in Kutnä Hora, Tschechien, wel-
che als Teil der königlichen Residenz unter König Wenzel IV. in den
Jahren 1390-1400 ausgebaut wurde, steht der Amberger Schlosskapelle
in Aufbau und Gliederung nahe; vgl. Fajt/Boehm 2006, S. 468 und
Abb. VI.16.
4 Der Schlussstein mit dem Antlitz Christi bildet die »stilistische Vor-
stufe zu einer vergleichbaren Darstellung in der Marienkirche«, die zu
Beginn des 15. Jahrhunderts errichtet wurde. Kvapilovä 2010, S. 333.
5 Wiltmaister 1783, S. ii 5: »[...] und stehet in dessen Mitte ein schö-
ner Choraltar, worauf sich die Bildniß des gekreutzigten Heylands
nebst der Mutter Gottes, und St. Johannes unter dem Kreutz von Bild-
hauerarbeit geschnitten überaus schön gefaßt, und vergoldet präsenti-
ren. Auf beeden Seiten aber sind zwey Nebenaltäre zu sehen, auf deren
jeden zwey uralt grosse geschnittene, und gefaßte Mutter Gottesbilder
stehen, und nicht so fast wegen ihrer Schönheit, als Alterthum zu be-
wundern sind [...]. Rings herum sind an der Wand, an jenen Oertern,
wo man gewöhnlicher massen an Kirchweyfesten die Wandlichter mit
den brennenden Kerzen aufzustecken pfleget, die zwölf Apostel ange-
malen«.
6 Robert Giersch, Archivalienforschung zur Geschichte der alten
Residenz zu Amberg, 1993 (Ms.), S. 18. Das Manuskript wird im Bay-
erischen Staatsarchiv Amberg auf bewahrt. StA Amberg, Nr. 443.
2 Niedermayer 1856, S. 362, erwähnt noch in sämtlichen sieben Fens-
tern Figurenfelder. Auf einem älteren Stahlstich mit einer Innenansicht
der Kapelle sind die seitlichen Fenster nur mehr zur Hälfte mit Glas-