REGENSBURG • NEUPFARRKIRCHE
Bibliographie: J. Sighart, in: Bavaria II,i, 1863, S. 159 (in der Kirche heraldische Bilder aus der Spätzeit der
Gotik); Sighart 1863, S. 643 (Wappen in der Kirche und Reste in der Sammlung des Historischen Vereins zu Re-
gensburg im Thon-Dittmer-Palais); Walderdorff 41896, S. 441 (»die Fenster sind mit einigen gemalten Wappen aus
dem Jahre 1538 geziert, darunter die Wappen des Hochstiftes Regensburg, der Bischöfe Johann und Pankratz, der
Äbte von St. Emmeram, Walderbach, Reichenbach usw.«); Mader 1933, II, S. 205, III, S. 272 (erwähnt lediglich drei
1542 datierte kleine Wappenscheiben in den Kapellenfenstern, versäumt es jedoch, auf die Reste der originalen Fens-
terverglasung des Chores hinzuweisen); Theobald, I, 1936, S. 269 (als Beförderer der Reformation erhielten Wolf,
Hiltner und Waldmann im Jahr 1542 die Erlaubnis zur Stiftung von Wappenscheiben); Schlichting 1980, S. 462
(wie Theobald 1936); Morsbach 1991, S. 15 (Aufzählung sämtlicher in der Kirche vorhandenen Glasmalereien);
Germann-Bauer 1995 (erstmalige Veröffentlichung der im Historischen Museum der Stadt aufbewahrten Scheiben
aus der Neupfarrkirche mit teils seitenverkehrter Wiedergabe der Wappen); Morsbach 2005, S. 47 mit Abb. (die
»spätmittelalterlichen« Wappenscheiben gehören zur ältesten Ausstattung der Kirche).
Gegenwärtiger Bestand: In der Kirche sind noch drei Glasmalereien aus der Erbauungszeit erhalten, zwei erneu-
erte Wappenrundscheiben in den Chorflankenfenstern und eine kleine, rechteckige Wappenscheibe im nördlichen
Nebenraum der Kirche (Fig. 314-320, Abb. 182-184). Sieben weitere, aus der Kirche stammende Wappenscheiben
befinden sich gegenwärtig im Historischen Museum der Stadt (Nr. 14-20, Fig. 321-327, Abb. 185—191).
Geschichte des Baues: Die Errichtung der Neupfarrkirche steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Regens-
burger Judenpogrom von 15191. In Regensburg war unter maßgeblicher Beteiligung Johanns III. von der Pfalz, des
Administrators des Hochstifts, und des Dompredigers Balthasar Hubmaier ein judenfeindliches Klima entstanden.
Nachdem im Januar 1519 mit Kaiser Maximilian I. deren Schutzherr verstorben war, forderte der Rat die 500 Juden
zum Verlassen der Stadt auf und ließ ihr Wohnviertel mitsamt Synagoge niederreißen. Als ein Steinmetz bei den
Abbrucharbeiten verunglückte und lebendig aus den Trümmern geborgen werden konnte, setzte eine Wallfahrt unge-
ahnten Ausmaßes ein. Anstelle der Synagoge ließ man zunächst eine Holzkirche zur »Schönen Maria« errichten, deren
Gnadenbild man auf einer Säule vor der Kapelle verehrte. Ein Holzschnitt Michael Ostendorfers gibt hiervon eine
anschauliche Vorstellung (vgl. Fig. 8)2. Noch im selben Jahr wurde der Grundstein zu einem ambitionierten Neubau
nach Plänen des Baumeisters Hans Hieber aus Augsburg gelegt3. Gegen den Widerstand des Bischofs und des Abts von
St. Emmeram konnte sich der Rat im Jahr 1522 das Patronatsrecht und damit die reich fließenden Einnahmen dieser
Wallfahrt sichern, während dem Bischof das wenig ergiebige oberhirtliche Aufsichtsrecht zugesprochen wurde4. Doch
schon 1523 mussten die Arbeiten am Bau vorübergehend eingestellt werden. Die einsetzende bischöfliche Kritik an der
Wallfahrt, das Ausbleiben weiterer Wunder und die Ausbreitung der reformatorischen Ideen hatten den Pilgerstrom
binnen Kurzem versiegen lassen. Der Weiterbau erfolgte in stark vereinfachten Formen. Bis 1537 war der Langchor
der Kirche unter Verzicht auf die westlich der Türme befindlichen Joche weitgehend fertiggestellt. Drei Jahre spä-
ter erfolgte die Weihe. 1542 bestimmte der Rat die neue Kapelle zum ersten protestantischen Kirchenbau der Stadt
und stellte ihr einen evangelischen Prediger vor. Danach zogen sich die Baumaßnahmen noch während des gesamten
16. Jahrhunderts hin. Mittelschiff und Nebenräume konnten erst 1586 eingewölbt werden, und an den beiden Türmen
wurde nachweislich noch bis 1595 gebaut. Zwar hatte es im 17. Jahrhundert mehrfach Anläufe zur Vollendung des
Torsos in barocken Formen gegeben, doch erst in den Jahren 1860-1863 erhielt die Kirche nach Plänen des Architekten
Ludwig Foltz ihr heutiges Aussehen mit polygonalem Westchor und einheitlich gestaltetem Turmpaar5.
1 Hierzu Staber 1966, S. 96-119.
2 Der zugehörige Druckstock ist im BNM in München erhalten. Vgl.
Kat. Ausst. Landshut 2007, Nr. 9, S. 134L
3 Von diesem Bau sind ein Holzmodell und eine Präsentationszeich-
nung Michael Ostendorfers erhalten, das Holzmodell im Histori-
schen Museum der Stadt Regensburg. Kat. Ausst. Regensburg 1992,
Nr. 24, S. 241-243 (Renate Staudinger). Zuletzt Dittscheid 2012.
4 Für den Verzicht auf seinen Anteil erhielt Johann III. jedoch eine
einmalige Zahlung in Höhe von 5400 Gulden. Vgl. Staber 1966,
S. 101.
5 Kat. Ausst. Regensburg 1992, Nr. 70-74, S. 280-282 (Ulrike
Meyer).
Bibliographie: J. Sighart, in: Bavaria II,i, 1863, S. 159 (in der Kirche heraldische Bilder aus der Spätzeit der
Gotik); Sighart 1863, S. 643 (Wappen in der Kirche und Reste in der Sammlung des Historischen Vereins zu Re-
gensburg im Thon-Dittmer-Palais); Walderdorff 41896, S. 441 (»die Fenster sind mit einigen gemalten Wappen aus
dem Jahre 1538 geziert, darunter die Wappen des Hochstiftes Regensburg, der Bischöfe Johann und Pankratz, der
Äbte von St. Emmeram, Walderbach, Reichenbach usw.«); Mader 1933, II, S. 205, III, S. 272 (erwähnt lediglich drei
1542 datierte kleine Wappenscheiben in den Kapellenfenstern, versäumt es jedoch, auf die Reste der originalen Fens-
terverglasung des Chores hinzuweisen); Theobald, I, 1936, S. 269 (als Beförderer der Reformation erhielten Wolf,
Hiltner und Waldmann im Jahr 1542 die Erlaubnis zur Stiftung von Wappenscheiben); Schlichting 1980, S. 462
(wie Theobald 1936); Morsbach 1991, S. 15 (Aufzählung sämtlicher in der Kirche vorhandenen Glasmalereien);
Germann-Bauer 1995 (erstmalige Veröffentlichung der im Historischen Museum der Stadt aufbewahrten Scheiben
aus der Neupfarrkirche mit teils seitenverkehrter Wiedergabe der Wappen); Morsbach 2005, S. 47 mit Abb. (die
»spätmittelalterlichen« Wappenscheiben gehören zur ältesten Ausstattung der Kirche).
Gegenwärtiger Bestand: In der Kirche sind noch drei Glasmalereien aus der Erbauungszeit erhalten, zwei erneu-
erte Wappenrundscheiben in den Chorflankenfenstern und eine kleine, rechteckige Wappenscheibe im nördlichen
Nebenraum der Kirche (Fig. 314-320, Abb. 182-184). Sieben weitere, aus der Kirche stammende Wappenscheiben
befinden sich gegenwärtig im Historischen Museum der Stadt (Nr. 14-20, Fig. 321-327, Abb. 185—191).
Geschichte des Baues: Die Errichtung der Neupfarrkirche steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Regens-
burger Judenpogrom von 15191. In Regensburg war unter maßgeblicher Beteiligung Johanns III. von der Pfalz, des
Administrators des Hochstifts, und des Dompredigers Balthasar Hubmaier ein judenfeindliches Klima entstanden.
Nachdem im Januar 1519 mit Kaiser Maximilian I. deren Schutzherr verstorben war, forderte der Rat die 500 Juden
zum Verlassen der Stadt auf und ließ ihr Wohnviertel mitsamt Synagoge niederreißen. Als ein Steinmetz bei den
Abbrucharbeiten verunglückte und lebendig aus den Trümmern geborgen werden konnte, setzte eine Wallfahrt unge-
ahnten Ausmaßes ein. Anstelle der Synagoge ließ man zunächst eine Holzkirche zur »Schönen Maria« errichten, deren
Gnadenbild man auf einer Säule vor der Kapelle verehrte. Ein Holzschnitt Michael Ostendorfers gibt hiervon eine
anschauliche Vorstellung (vgl. Fig. 8)2. Noch im selben Jahr wurde der Grundstein zu einem ambitionierten Neubau
nach Plänen des Baumeisters Hans Hieber aus Augsburg gelegt3. Gegen den Widerstand des Bischofs und des Abts von
St. Emmeram konnte sich der Rat im Jahr 1522 das Patronatsrecht und damit die reich fließenden Einnahmen dieser
Wallfahrt sichern, während dem Bischof das wenig ergiebige oberhirtliche Aufsichtsrecht zugesprochen wurde4. Doch
schon 1523 mussten die Arbeiten am Bau vorübergehend eingestellt werden. Die einsetzende bischöfliche Kritik an der
Wallfahrt, das Ausbleiben weiterer Wunder und die Ausbreitung der reformatorischen Ideen hatten den Pilgerstrom
binnen Kurzem versiegen lassen. Der Weiterbau erfolgte in stark vereinfachten Formen. Bis 1537 war der Langchor
der Kirche unter Verzicht auf die westlich der Türme befindlichen Joche weitgehend fertiggestellt. Drei Jahre spä-
ter erfolgte die Weihe. 1542 bestimmte der Rat die neue Kapelle zum ersten protestantischen Kirchenbau der Stadt
und stellte ihr einen evangelischen Prediger vor. Danach zogen sich die Baumaßnahmen noch während des gesamten
16. Jahrhunderts hin. Mittelschiff und Nebenräume konnten erst 1586 eingewölbt werden, und an den beiden Türmen
wurde nachweislich noch bis 1595 gebaut. Zwar hatte es im 17. Jahrhundert mehrfach Anläufe zur Vollendung des
Torsos in barocken Formen gegeben, doch erst in den Jahren 1860-1863 erhielt die Kirche nach Plänen des Architekten
Ludwig Foltz ihr heutiges Aussehen mit polygonalem Westchor und einheitlich gestaltetem Turmpaar5.
1 Hierzu Staber 1966, S. 96-119.
2 Der zugehörige Druckstock ist im BNM in München erhalten. Vgl.
Kat. Ausst. Landshut 2007, Nr. 9, S. 134L
3 Von diesem Bau sind ein Holzmodell und eine Präsentationszeich-
nung Michael Ostendorfers erhalten, das Holzmodell im Histori-
schen Museum der Stadt Regensburg. Kat. Ausst. Regensburg 1992,
Nr. 24, S. 241-243 (Renate Staudinger). Zuletzt Dittscheid 2012.
4 Für den Verzicht auf seinen Anteil erhielt Johann III. jedoch eine
einmalige Zahlung in Höhe von 5400 Gulden. Vgl. Staber 1966,
S. 101.
5 Kat. Ausst. Regensburg 1992, Nr. 70-74, S. 280-282 (Ulrike
Meyer).