REGENSBURG • DOMINIKANERKIRCHE ST. BLASIUS
Bibliographie: Vogl Ü672, S. 152 (in den Kirchenfenstern Wappen der Zünfte und Handwerker); Niederma-
yer 1856, S. 577 (beim Brand der Kirche zu Beginn des 19. Jahrhunderts ging die Verglasung des Chores wie auch
des Westfensters zugrunde; das Maßwerk letzteren Fensters habe Reste alter Glasmalerei bewahrt); Niedermayer
1857, S. 65, 68 (zitiert aus älteren Aufzeichnungen, die mehrere Fensterstiftungen für den Kreuzgang und das große
Westfenster erwähnen); Lotz 1863, S. 405 (Reste im großen Westfenster); Walderdorff 1869, S. 93E (wie Nieder-
mayer 1857); Busch 1932, S. 140 und Anm. 472 (verbindet die heute im Bayerischen Nationalmuseum zu München
aufbewahrten Verglasungsreste der Minoritenkirche fälschlich mit der Dominikanerkirche und weist auf die durch
Brand zerstörte Chorverglasung hin); Bosl 1962, S. 8, 29 (zitiert aus einem Aktenvermerk über die Einsendung von
Glasmalereien aus dem Kreuzgang der Dominikaner an die Zentralgalerie in München im Jahr 1810); Hubel 1981,
S. 146 (die verlorene Verglasung der Dominikanerkirche könnte ein Werk des um 1300 am Südchor des Regensburger
Domes tätigen Ateliers gewesen sein); Kühl 1986, S. 101, 104, 108 (Hinweise zu weiteren, in den Quellen erwähnten
Glasmalereien); Fritzsche 1987,1, S. 165 (folgt Hubel 1981); Hubel 2000, S. 1112 (Reste mittelalterlicher Farbver-
glasung im südlichen [sic!] und im mittleren Fenster der Westfassade); Dehio 22oo8, S. 515 (wie Hubel 2000).
Gegenwärtiger Bestand: In einigen wenigen Maßwerkzwickeln des großen, sechsbahnigen Prachtfensters über
dem Westportal sind Reste der ursprünglichen Farbverglasung erhalten (Fig. 132, Abb. 56).
Geschichte des Baues: Im Jahr 1229 übertrug Bischof Siegfried den Dominikanern die Kapelle St. Blasius mit
zugehöriger Hofstatt aus dem Besitz des Domkapitels. Bereits im folgenden Jahr wurde ein erster Ablass erteilt, der
die Absicht der Mönche zur Errichtung von Kirche und Kloster bekundet1. Ein weiterer Ablass von 1246 bezeugt,
dass mit dem Bau der Kirche bereits begonnen worden war. 1254 erfolgte eine Weihe, im darauffolgenden Jahr tagte
das Provinzkapitel im Kloster. All diese Angaben sind möglicherweise mit dem Vorgängerbau der heutigen Kirche
zu verbinden, worauf ein 1271 datierter Ablass Bischof Ottos von Minden hindeutet. In diesem wird mitgeteilt, dass
die Brüder von Neuem zu bauen begonnen hätten; zudem ist 1273 von einem vetus Oratorium die Rede, obschon das
novum monasterium bereits im Bau war2. Die dendrochronologisch erschlossene Eindeckung des Chores für das
Jahr 1279 wäre demzufolge auf den Kirchenneubau zu beziehen, der kaum mehr als ein Jahrzehnt zuvor begonnen
worden war3. Offenbar war aufgrund des enormen Zuspruchs des Ordens innerhalb kurzer Zeit die Neuerrichtung
der Anlage in größeren Dimensionen notwendig geworden. Weitere Ablässe in den 1270er- und 8oer-Jahren lassen
auf einen raschen Baufortgang schließen, der in der Einheitlichkeit der Bauformen im Langhaus Bestätigung findet.
Die Gestalt der Scheidarkaden und der Fenstermaßwerke in den Seitenschiffen, wie sie gegen 1300 auch an anderen
Bauten Regensburgs anzutreffen sind, deuten auf die Nutzung des Langhauses in seiner gesamten Ausdehnung be-
reits zu diesem Zeitpunkt hin. Zahlreiche Gerüstbalken und Balkenlöcher im Dachraum belegen jedoch, dass das
1 Kühl 1986, S. 85.
2 Kühl 1986, S. 93. Für einen Neubau spräche auch die Übereignung
zweier südlich des Kreuzgangs gelegenen Grundstücke im Jahr 1258
zur Erweiterung des Oratoriums, das sich innerhalb des heutigen Cho-
res befunden haben muss. Abt Ulrich und der Konvent von St. Emmer-
am verleihen dem Kloster areas duas [...] sitas a septentrionali parte a
latere oratorii et claustri fratrum [...] vicoparvi dividente [..l\pro neces-
sitate dilatandi oratorii sui. Hierzu s. Kraus 1966, S. 146.
3 Ähnlich argumentiert bereits Fischer-Kohnert 1999, S. 54L Woll-
te man das Jahr der Kirchweihe von 1254 bereits auf die Altäre im neu-
en Chor beziehen, dann wäre »eine Bauzeit von 25 Jahren für diesen
Bauteil [Chorgewölbe]« zu lang. So verbindet Fischer-Kohnert die
älteren Baudaten mit der Errichtung der Klosterklausur. Im 1273 er-
wähnten vetus Oratorium erkennt sie die erste Blasiuskapelle, die im-
mer noch im Gebrauch war, während man bereits am novum monaste-
rium baute. Vgl. Kühl 1986, S. 93; dagegen Hubel 2000, S. 1110-1112
(ebenso Dehio 22oo8, S. 5ii), der weiterhin von einem Baubeginn des
Chores vor dem Jahr 1246 ausgeht. - Sollte der Baubeginn der beste-
henden Kirche nicht, wie bislang angenommen, in die I24oer-Jahre,
sondern erst in die 6oer-Jahre des 13. Jahrhunderts fallen, so wäre
auch die wegweisende Rolle der Regensburger Dominikanerkirche in
Bezug auf die Gestalt der Chorschlüsse bei den Mendikanten zu rela-
tivieren, die sich in der Betonung der Wandhaftigkeit und der »Ver-
einheitlichung des Gewölbe-Wand-Vorlagensystems zu einem graphi-
schen Liniengerüst« zeigt; vgl. Gross 1933 und Schenkluhn 2000,
S. 110-114, 122 (Zitat). Damit würden Bauten wie die Kölner Mino-
ritenkirche als Ideengeber für St. Blasius in den Vordergrund rücken
(Schenkluhn 1985, S. 214-230), möglicherweise auch die 1268 vom
Regensburger Bischof Albertus Magnus geweihte Esslinger Domini-
kanerkirche St. Paul (Jaeger 1994). Die bemerkenswerte Form des in
das Langhaus eingezogenen Chores, auch Binnenlangchor genannt,
beruht auf regionalen Besonderheiten und hatte bei den Mendikanten
keine nennenswerte Nachfolge.
Bibliographie: Vogl Ü672, S. 152 (in den Kirchenfenstern Wappen der Zünfte und Handwerker); Niederma-
yer 1856, S. 577 (beim Brand der Kirche zu Beginn des 19. Jahrhunderts ging die Verglasung des Chores wie auch
des Westfensters zugrunde; das Maßwerk letzteren Fensters habe Reste alter Glasmalerei bewahrt); Niedermayer
1857, S. 65, 68 (zitiert aus älteren Aufzeichnungen, die mehrere Fensterstiftungen für den Kreuzgang und das große
Westfenster erwähnen); Lotz 1863, S. 405 (Reste im großen Westfenster); Walderdorff 1869, S. 93E (wie Nieder-
mayer 1857); Busch 1932, S. 140 und Anm. 472 (verbindet die heute im Bayerischen Nationalmuseum zu München
aufbewahrten Verglasungsreste der Minoritenkirche fälschlich mit der Dominikanerkirche und weist auf die durch
Brand zerstörte Chorverglasung hin); Bosl 1962, S. 8, 29 (zitiert aus einem Aktenvermerk über die Einsendung von
Glasmalereien aus dem Kreuzgang der Dominikaner an die Zentralgalerie in München im Jahr 1810); Hubel 1981,
S. 146 (die verlorene Verglasung der Dominikanerkirche könnte ein Werk des um 1300 am Südchor des Regensburger
Domes tätigen Ateliers gewesen sein); Kühl 1986, S. 101, 104, 108 (Hinweise zu weiteren, in den Quellen erwähnten
Glasmalereien); Fritzsche 1987,1, S. 165 (folgt Hubel 1981); Hubel 2000, S. 1112 (Reste mittelalterlicher Farbver-
glasung im südlichen [sic!] und im mittleren Fenster der Westfassade); Dehio 22oo8, S. 515 (wie Hubel 2000).
Gegenwärtiger Bestand: In einigen wenigen Maßwerkzwickeln des großen, sechsbahnigen Prachtfensters über
dem Westportal sind Reste der ursprünglichen Farbverglasung erhalten (Fig. 132, Abb. 56).
Geschichte des Baues: Im Jahr 1229 übertrug Bischof Siegfried den Dominikanern die Kapelle St. Blasius mit
zugehöriger Hofstatt aus dem Besitz des Domkapitels. Bereits im folgenden Jahr wurde ein erster Ablass erteilt, der
die Absicht der Mönche zur Errichtung von Kirche und Kloster bekundet1. Ein weiterer Ablass von 1246 bezeugt,
dass mit dem Bau der Kirche bereits begonnen worden war. 1254 erfolgte eine Weihe, im darauffolgenden Jahr tagte
das Provinzkapitel im Kloster. All diese Angaben sind möglicherweise mit dem Vorgängerbau der heutigen Kirche
zu verbinden, worauf ein 1271 datierter Ablass Bischof Ottos von Minden hindeutet. In diesem wird mitgeteilt, dass
die Brüder von Neuem zu bauen begonnen hätten; zudem ist 1273 von einem vetus Oratorium die Rede, obschon das
novum monasterium bereits im Bau war2. Die dendrochronologisch erschlossene Eindeckung des Chores für das
Jahr 1279 wäre demzufolge auf den Kirchenneubau zu beziehen, der kaum mehr als ein Jahrzehnt zuvor begonnen
worden war3. Offenbar war aufgrund des enormen Zuspruchs des Ordens innerhalb kurzer Zeit die Neuerrichtung
der Anlage in größeren Dimensionen notwendig geworden. Weitere Ablässe in den 1270er- und 8oer-Jahren lassen
auf einen raschen Baufortgang schließen, der in der Einheitlichkeit der Bauformen im Langhaus Bestätigung findet.
Die Gestalt der Scheidarkaden und der Fenstermaßwerke in den Seitenschiffen, wie sie gegen 1300 auch an anderen
Bauten Regensburgs anzutreffen sind, deuten auf die Nutzung des Langhauses in seiner gesamten Ausdehnung be-
reits zu diesem Zeitpunkt hin. Zahlreiche Gerüstbalken und Balkenlöcher im Dachraum belegen jedoch, dass das
1 Kühl 1986, S. 85.
2 Kühl 1986, S. 93. Für einen Neubau spräche auch die Übereignung
zweier südlich des Kreuzgangs gelegenen Grundstücke im Jahr 1258
zur Erweiterung des Oratoriums, das sich innerhalb des heutigen Cho-
res befunden haben muss. Abt Ulrich und der Konvent von St. Emmer-
am verleihen dem Kloster areas duas [...] sitas a septentrionali parte a
latere oratorii et claustri fratrum [...] vicoparvi dividente [..l\pro neces-
sitate dilatandi oratorii sui. Hierzu s. Kraus 1966, S. 146.
3 Ähnlich argumentiert bereits Fischer-Kohnert 1999, S. 54L Woll-
te man das Jahr der Kirchweihe von 1254 bereits auf die Altäre im neu-
en Chor beziehen, dann wäre »eine Bauzeit von 25 Jahren für diesen
Bauteil [Chorgewölbe]« zu lang. So verbindet Fischer-Kohnert die
älteren Baudaten mit der Errichtung der Klosterklausur. Im 1273 er-
wähnten vetus Oratorium erkennt sie die erste Blasiuskapelle, die im-
mer noch im Gebrauch war, während man bereits am novum monaste-
rium baute. Vgl. Kühl 1986, S. 93; dagegen Hubel 2000, S. 1110-1112
(ebenso Dehio 22oo8, S. 5ii), der weiterhin von einem Baubeginn des
Chores vor dem Jahr 1246 ausgeht. - Sollte der Baubeginn der beste-
henden Kirche nicht, wie bislang angenommen, in die I24oer-Jahre,
sondern erst in die 6oer-Jahre des 13. Jahrhunderts fallen, so wäre
auch die wegweisende Rolle der Regensburger Dominikanerkirche in
Bezug auf die Gestalt der Chorschlüsse bei den Mendikanten zu rela-
tivieren, die sich in der Betonung der Wandhaftigkeit und der »Ver-
einheitlichung des Gewölbe-Wand-Vorlagensystems zu einem graphi-
schen Liniengerüst« zeigt; vgl. Gross 1933 und Schenkluhn 2000,
S. 110-114, 122 (Zitat). Damit würden Bauten wie die Kölner Mino-
ritenkirche als Ideengeber für St. Blasius in den Vordergrund rücken
(Schenkluhn 1985, S. 214-230), möglicherweise auch die 1268 vom
Regensburger Bischof Albertus Magnus geweihte Esslinger Domini-
kanerkirche St. Paul (Jaeger 1994). Die bemerkenswerte Form des in
das Langhaus eingezogenen Chores, auch Binnenlangchor genannt,
beruht auf regionalen Besonderheiten und hatte bei den Mendikanten
keine nennenswerte Nachfolge.