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REGENSBURG • DOMINIKANERKLOSTER ST. BLASIUS
Mittelschiff damals erst knapp bis über den Scheitel der Arkaden errichtet und mit einem provisorischen Notdach
eingedeckt war4. Die Ursache für diese Bauunterbrechung liegt möglicherweise im Konflikt der Stadt mit den Do-
minikanern, die aufgrund ihrer Beliebtheit zunehmend das städtische Stiftungskapital an sich zogen. Der Rat sprach
daher im Jahr 1306 ein Verbot für die Handwerker aus, bei den Dominikanern zu arbeiten sowie Schenkungen und
Grundstückverkäufe an sie zu tätigen5. Erst im späteren 14. Jahrhundert konnten - in zwei Etappen - die Obergaden-
wände errichtet und die Kirche eingewölbt werden. Hierfür liefern die Dendro-Daten des Dachstuhls im mittleren
(1370) und im westlichen Abschnitt (1384) wichtige Anhaltspunkte. Mit dieser Bauphase lässt sich auch das Couron-
nement des großen westlichen Maßwerkfensters verbinden; die Baunaht am Ansatz des Bogens markiert hier die
Höhe der Westwand vor ihrer Fertigstellung.
Mit 72 Metern Länge und 23 Metern Höhe zählt die dreischiffige, durchgängig gewölbte Basilika zu den größten Bau-
ten der Dominikaner in Süddeutschland (Fig. 120, 121). Die Schiffe haben im Osten einen 5/8-Schluss; der Hauptchor
ist gegenüber den Nebenchören um ein Joch verlängert. Die Mittelschiffwände über den Arkaden gehen unterbre-
chungslos in den Chor über, in den vier östlichen Jochen sind sie geschlossen, sodass ein dreiteiliger Langchor ent-
steht. Chor und Langhaus bilden einen geschlossenen, auch am Außenbau nicht zu differenzierenden Baukörper mit
einheitlicher Wandgliederung. Die Kreuzrippengewölbe werden von halbrunden Dienstvorlagen abgefangen; ledig-
lich im Bereich des Chorgestühls sind sie auf halber Höhe durch Hornkonsolen abgekragt. Das Langhaus öffnet sich
zu den Seitenschiffen über kantonierte Achteckpfeiler mit weiten Spitzbogenarkaden. Mit seinen tief herabgezogenen
zweibahnigen Lanzettfenstern hebt sich das Chorpolygon von den massiven, kaum durchfensterten Mittelschiffwän-
den ab. Die zweibahnigen Obergadenfenster sind hier bis in die Gewölbekappen hochgerückt und zeigen nach Wes-
ten hin zunehmend entwickelteres Maßwerk. Aufwendigere Schmuckformen begegnen lediglich in den drei Fens-
tern der Westwand; das sechsteilige Prachtfenster mit gestapelten Kreisen greift das Motiv der stehenden Vierpässe
in den Chorfenstern erneut auf (Fig. 132, Abb. 56).
Die im Süden gelegene Klausur besitzt einen vierflügeligen, annähernd quadratischen Kreuzgang aus der Erbauungs-
zeit der Kirche (Fig. 131). Er war ursprünglich flach gedeckt und wurde in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts,
wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Abhaltung eines Provinzkapitels im Regensburger Konvent, eingewölbt6.
Die zahlreichen Wappen an den Schlusssteinen und Gewölbekonsolen, die mehrfach mit der Jahreszahl 1424 verse-
hen sind, zeugen vom Stiftungseifer des Patriziats und der Zünfte Regensburgs7. Zum Hof des Kreuzgangs hin öff-
nen sich die Flügel mit dreibahnigen Maßwerkfenstern in Stichbogennischen. Die gestaffelten Lanzettgruppen sind
nur selten genast, die flankierenden Bahnen schließen mehrfach mit Kleeblattbögen. Allein das westliche Fenster des
Nordflügels zeigt etwas aufwendigeres Maßwerk.
Geschichte der Verglasung: Bereits in der Renaissancezeit sollen Haupt- und Nebenchorfenster zum Teil ver-
mauert worden sein8. Umfangreichere Barockisierungsmaßnahmen des Inneren sind für das Jahr 1727 belegt; damals
setzte man zum Teil auch die Fenster der Westfassade zu9. Ein Brand im Jahr 1803 vernichtete die offenbar bis dahin
noch weitgehend vorhandene mittelalterliche Verglasung des Hauptchores10. 1866 und ab 1881 wurden die zum Teil
vermauerten Fenster wieder geöffnet; 1928 auch das (große) Westfenster. Seit 1876 war eine Wiederherstellung der
Chorfenster geplant, die jedoch erst 1895 und 1909 durch Carl de Bouche, München, erfolgte11. Jüngere Restaurie-
rungsmaßnahmen an den Verglasungsresten des Westfensters sind dem Augenschein nach nicht zu erkennen.
4 Fischer-Kohnert 1999, S. 54 und Abb. 61; Dehio 22oo8, S. 512.
Die Fälldaten zahlreicher zweitverwendeter Hölzer im neuen Dach-
stuhl ergaben das Jahr 1298 und stammen wohl von der provisorischen
Eindeckung des Langhauses.
5 Kraus 1966, S. 153L
6 Kühl 1986, S. 98; Mader 1933, II, S. 93-98.
7 Mader 1933, II, S. 94.
Niedermayer 1857, S. 65, 68, ohne Quellenangabe; wahrscheinlich
einem Manuskript des Historischen Vereins für Oberpfalz und Re-
gensburg (HVOR) entnommen, das heute jedoch verschollen ist (ehe-
mals Ms. R. 76).
9 Kühl 1986, S. tot.
D Ebenda.
H Die alte Chorverglasung sollte den Armen Schulschwestern in Re-
gensburg übergeben werden, doch ist es unwahrscheinlich, dass sie
noch Reste mittelalterlicher Glasmalerei enthielt, da Niedermayer
1857 solche nicht erwähnt. Vgl. Kühl 1986, S. 101, 104L und Anm. 83.
12 Eppinger, S. 155 (neue Paginierung), zu den Wappen der Dominika-
nerkiche: Gegen Abent. In den Fenstern [es folgen die beiden Wappen
mit Farbangaben]. Vgl. auch Niedermayer 1857, S. 68.
13 Es ist nicht anzunehmen, dass das zu Beginn des 14. Jahrhunderts
bis zum Bogenansatz hochgeführte Westfenster bereits zum damaligen
Zeitpunkt verglast wurde, da in diesem Fall eine vollständige Erneue-
rung durch Stephan Notangst nicht notwendig gewesen wäre.
REGENSBURG • DOMINIKANERKLOSTER ST. BLASIUS
Mittelschiff damals erst knapp bis über den Scheitel der Arkaden errichtet und mit einem provisorischen Notdach
eingedeckt war4. Die Ursache für diese Bauunterbrechung liegt möglicherweise im Konflikt der Stadt mit den Do-
minikanern, die aufgrund ihrer Beliebtheit zunehmend das städtische Stiftungskapital an sich zogen. Der Rat sprach
daher im Jahr 1306 ein Verbot für die Handwerker aus, bei den Dominikanern zu arbeiten sowie Schenkungen und
Grundstückverkäufe an sie zu tätigen5. Erst im späteren 14. Jahrhundert konnten - in zwei Etappen - die Obergaden-
wände errichtet und die Kirche eingewölbt werden. Hierfür liefern die Dendro-Daten des Dachstuhls im mittleren
(1370) und im westlichen Abschnitt (1384) wichtige Anhaltspunkte. Mit dieser Bauphase lässt sich auch das Couron-
nement des großen westlichen Maßwerkfensters verbinden; die Baunaht am Ansatz des Bogens markiert hier die
Höhe der Westwand vor ihrer Fertigstellung.
Mit 72 Metern Länge und 23 Metern Höhe zählt die dreischiffige, durchgängig gewölbte Basilika zu den größten Bau-
ten der Dominikaner in Süddeutschland (Fig. 120, 121). Die Schiffe haben im Osten einen 5/8-Schluss; der Hauptchor
ist gegenüber den Nebenchören um ein Joch verlängert. Die Mittelschiffwände über den Arkaden gehen unterbre-
chungslos in den Chor über, in den vier östlichen Jochen sind sie geschlossen, sodass ein dreiteiliger Langchor ent-
steht. Chor und Langhaus bilden einen geschlossenen, auch am Außenbau nicht zu differenzierenden Baukörper mit
einheitlicher Wandgliederung. Die Kreuzrippengewölbe werden von halbrunden Dienstvorlagen abgefangen; ledig-
lich im Bereich des Chorgestühls sind sie auf halber Höhe durch Hornkonsolen abgekragt. Das Langhaus öffnet sich
zu den Seitenschiffen über kantonierte Achteckpfeiler mit weiten Spitzbogenarkaden. Mit seinen tief herabgezogenen
zweibahnigen Lanzettfenstern hebt sich das Chorpolygon von den massiven, kaum durchfensterten Mittelschiffwän-
den ab. Die zweibahnigen Obergadenfenster sind hier bis in die Gewölbekappen hochgerückt und zeigen nach Wes-
ten hin zunehmend entwickelteres Maßwerk. Aufwendigere Schmuckformen begegnen lediglich in den drei Fens-
tern der Westwand; das sechsteilige Prachtfenster mit gestapelten Kreisen greift das Motiv der stehenden Vierpässe
in den Chorfenstern erneut auf (Fig. 132, Abb. 56).
Die im Süden gelegene Klausur besitzt einen vierflügeligen, annähernd quadratischen Kreuzgang aus der Erbauungs-
zeit der Kirche (Fig. 131). Er war ursprünglich flach gedeckt und wurde in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts,
wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Abhaltung eines Provinzkapitels im Regensburger Konvent, eingewölbt6.
Die zahlreichen Wappen an den Schlusssteinen und Gewölbekonsolen, die mehrfach mit der Jahreszahl 1424 verse-
hen sind, zeugen vom Stiftungseifer des Patriziats und der Zünfte Regensburgs7. Zum Hof des Kreuzgangs hin öff-
nen sich die Flügel mit dreibahnigen Maßwerkfenstern in Stichbogennischen. Die gestaffelten Lanzettgruppen sind
nur selten genast, die flankierenden Bahnen schließen mehrfach mit Kleeblattbögen. Allein das westliche Fenster des
Nordflügels zeigt etwas aufwendigeres Maßwerk.
Geschichte der Verglasung: Bereits in der Renaissancezeit sollen Haupt- und Nebenchorfenster zum Teil ver-
mauert worden sein8. Umfangreichere Barockisierungsmaßnahmen des Inneren sind für das Jahr 1727 belegt; damals
setzte man zum Teil auch die Fenster der Westfassade zu9. Ein Brand im Jahr 1803 vernichtete die offenbar bis dahin
noch weitgehend vorhandene mittelalterliche Verglasung des Hauptchores10. 1866 und ab 1881 wurden die zum Teil
vermauerten Fenster wieder geöffnet; 1928 auch das (große) Westfenster. Seit 1876 war eine Wiederherstellung der
Chorfenster geplant, die jedoch erst 1895 und 1909 durch Carl de Bouche, München, erfolgte11. Jüngere Restaurie-
rungsmaßnahmen an den Verglasungsresten des Westfensters sind dem Augenschein nach nicht zu erkennen.
4 Fischer-Kohnert 1999, S. 54 und Abb. 61; Dehio 22oo8, S. 512.
Die Fälldaten zahlreicher zweitverwendeter Hölzer im neuen Dach-
stuhl ergaben das Jahr 1298 und stammen wohl von der provisorischen
Eindeckung des Langhauses.
5 Kraus 1966, S. 153L
6 Kühl 1986, S. 98; Mader 1933, II, S. 93-98.
7 Mader 1933, II, S. 94.
Niedermayer 1857, S. 65, 68, ohne Quellenangabe; wahrscheinlich
einem Manuskript des Historischen Vereins für Oberpfalz und Re-
gensburg (HVOR) entnommen, das heute jedoch verschollen ist (ehe-
mals Ms. R. 76).
9 Kühl 1986, S. tot.
D Ebenda.
H Die alte Chorverglasung sollte den Armen Schulschwestern in Re-
gensburg übergeben werden, doch ist es unwahrscheinlich, dass sie
noch Reste mittelalterlicher Glasmalerei enthielt, da Niedermayer
1857 solche nicht erwähnt. Vgl. Kühl 1986, S. 101, 104L und Anm. 83.
12 Eppinger, S. 155 (neue Paginierung), zu den Wappen der Dominika-
nerkiche: Gegen Abent. In den Fenstern [es folgen die beiden Wappen
mit Farbangaben]. Vgl. auch Niedermayer 1857, S. 68.
13 Es ist nicht anzunehmen, dass das zu Beginn des 14. Jahrhunderts
bis zum Bogenansatz hochgeführte Westfenster bereits zum damaligen
Zeitpunkt verglast wurde, da in diesem Fall eine vollständige Erneue-
rung durch Stephan Notangst nicht notwendig gewesen wäre.