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GEISLING • URSULAKAPELLE
Ikonographie: Die gekrönte Jungfrau hält eine Märtyrerpal-
me und ein Turmmodell in ihren Händen. Sie trägt ein de-
kolletiertes Kleid mit eng anliegenden Ärmeln, darüber einen
gemusterten Mantel mit goldenem Saum. Ein breiter Mantel-
überschlag verläuft von der betont vorgestreckten Hüfte zum
Rücken und bringt das weiße Innenfutter zum Vorschein. In
Figurentyp und Körperhaltung steht ihr die Hl. Barbara in
den Wandmalereien des Kanonikalhofs näher als die Figur im
Kreuzigungsfenster des Regensburger Domes46. Das einem
älteren, um 1270 angelegten Regensburger Psalter nach 1386
hinzugefügte Stiftungsbild der Kunigunde von Kolowrat zeigt
Maria in einer nah verwandten Auffassung und belegt die Ak-
tualität dieses Figurenmotivs noch zweiJahrzehnte später (Fig.
9/)47. Die Aufnahme Barbaras in den Kreis der Heiligenpatro-
ne könnte mit ihrem persönlichen Attribut des Turmes Zusam-
menhängen, da ein Zweig der Auer-Familie sein Anwesen auf
dem Burgtor besaß, das auch Porta Aweri genannt wurde; diese
Ortsbezeichnung ging auf deren Beinamen »auf dem Burgtor«
über48. Wernt Auer war seit 1363 im Besitz dieses Hauses.
Komposition, Ornament: An den Seiten schräg gestellte, von
Fialen bekrönte Strebepfeiler mit kräftig ausgebildeten Wasser-
schlägen. Hinter diesen befindet sich ein zweites, unprofiliertes
Pfeilerpaar, das den mit Krabben belegten Kielbogen stützt.
Der Aufbau bleibt gegenüber der verräumlicht konstruierten
Figurennische des Hl. Gregor in süd IV ganz in der Fläche ver-
haftet.
Der Hintergrund innerhalb der Architektur ist mit radierten
Blattmustern reich ornamentiert; der Kielbogen dagegen wächst
hinter einem Teppichmuster aus violetten und grünen Kreuz-
blattquadraten auf. Vergleichbare Blattquadrate im farbigen
Wechsel finden sich als Hintergrund im Tabernakelfenster Lhs.
süd XIV des Regensburger Domes49. Trotz starker Korrosion
ist auf dem blauen Mantel auch das außenseitig aufgetragene
Stoffmuster aus Blütenkreisen zwischen Blattkaros stellenwei-
se noch sichtbar, das erneut in der Dalmatik des Hl. Ambrosius
im Regensburger Tabernakelfenster wiederkehrt50.
CVMAT 5958, 5959, Detail T 5960
Großdia T XIII/65
LANGHAUSFENSTER süd IV
Fig. 96, 104, Abb. 42, 46
Lichtes Gesamtmaß: H. ca. 1,65 m, B. ca. 0,35 m.
Einfache Fensterlanzette aus zwei Rechteckfeldern und einer Kopfscheibe.
2/3 PAPST GREGOR DER GROSSER)
Fig. 96, 104, Abb. 42, 46
H./B.: 2: 65,5/33,5 cm5 3: 25,5/31 cm-
Erhaltung: In Feld 2 im Architekturrahmen ein seitenverkehrt
eingesetztes Flickstück. Der ehemals blaue Hintergrund und
der rosafarbige Mantel des Heiligen sind durch Korrosion voll-
ständig verdunkelt. Allein die roten und gelben, stellenweise
auch grünen Farbgläser erwiesen sich gegenüber der Witterung
als resistent, wodurch heute eine verfälschende warmtonige
Farbigkeit dominiert. Geringfügige Ergänzungen. In der Kopf-
scheibe (3) sind mehrere Blattquadrate erneuert; die Bemalung
der Kreuzblume ist stark abgängig. Die seitlichen Zwickel der
ursprünglich genasten Scheibe wurden erst im Zuge der Re-
staurierung von 1907 angesetzt.
Ikonographie: Der Heilige hält in seiner Linken einen Kreuz-
stab, eine allein dem Papst zustehende Insignie, wie sie im
Querhausfenster süd VII des Regensburger Domes auch von
Petrus geführt wird, der darüber hinaus noch einen Schlüssel
präsentiert51. Einen Hinweis zur Identifikation des Heiligen
kann das Regensburger Tabernakelfenster süd XIV geben, das
die Menger-Werkstatt in der Nachfolge der Geislinger Vergla-
sung ausführte. Die dort inschriftlich bezeichnete Figur des
Papstes Gregor weist bezüglich ihrer Körperhaltung und der
spezifischen Form der Tiara (kegelförmiger Hut mit abschlie-
ßendem Knauf) eine große Nähe zu dem Geislinger Heiligen
auf, doch hält Gregor ein Buch anstelle des Kreuzstabes in den
Händen52. Dennoch hat die Gleichsetzung mit dem erst 1295
Fig. 104. ES Lhs. s IV, 2/3.
M 1:15
heiliggesprochenen Papst einige Wahrscheinlichkeit für sich,
zumal Gregor der Große sicher zu den populärsten Papstheili-
gen zählte und wiederholt auch mit Ferula als einzigem Attri-
but dargestellt wurde.
Der Heilige in Pontifikaltracht wendet sich in spiegelbildlicher
Entsprechung zu Petrus nach links; in seiner Linken hält er
den schräg gestellten Kreuzstab, mit seiner rechten erhobenen
Hand erteilt er den Segen. Der Papst trägt wie alle männlichen
Heiligen in Geisling halblanges, leicht gewelltes Haar und ei-
nen zarten Bart.
Komposition, Ornament, Farbigkeit: Wie im Barbara-Fenster
stützen fialenbekrönte Strebepfeiler einen Kielbogenaufbau.
46 Vgl. Stein-Kecks/Meier 1995, S. 424, Abb. 136 (Kanonikalhof);
Fritzsche 1987, II, Abb. 333 (Qhs. NORD VI, 1/20).
47 Wien, ÖNB, Cod. 1939, fol. 205V. Jenni/Theisen 2004, Textbd.,
Nr. 18, S. 104-106.
4^ Zu dem Besitz dieses Familienzweigs auf dem Burgtor vgl.
Hoernes 2000, S. 101-106.
49 Fritzsche 1987, II, Abb. 481L (6/72 und 6/70).
50 Ebenda, Abb. 480 (4/$d).
GEISLING • URSULAKAPELLE
Ikonographie: Die gekrönte Jungfrau hält eine Märtyrerpal-
me und ein Turmmodell in ihren Händen. Sie trägt ein de-
kolletiertes Kleid mit eng anliegenden Ärmeln, darüber einen
gemusterten Mantel mit goldenem Saum. Ein breiter Mantel-
überschlag verläuft von der betont vorgestreckten Hüfte zum
Rücken und bringt das weiße Innenfutter zum Vorschein. In
Figurentyp und Körperhaltung steht ihr die Hl. Barbara in
den Wandmalereien des Kanonikalhofs näher als die Figur im
Kreuzigungsfenster des Regensburger Domes46. Das einem
älteren, um 1270 angelegten Regensburger Psalter nach 1386
hinzugefügte Stiftungsbild der Kunigunde von Kolowrat zeigt
Maria in einer nah verwandten Auffassung und belegt die Ak-
tualität dieses Figurenmotivs noch zweiJahrzehnte später (Fig.
9/)47. Die Aufnahme Barbaras in den Kreis der Heiligenpatro-
ne könnte mit ihrem persönlichen Attribut des Turmes Zusam-
menhängen, da ein Zweig der Auer-Familie sein Anwesen auf
dem Burgtor besaß, das auch Porta Aweri genannt wurde; diese
Ortsbezeichnung ging auf deren Beinamen »auf dem Burgtor«
über48. Wernt Auer war seit 1363 im Besitz dieses Hauses.
Komposition, Ornament: An den Seiten schräg gestellte, von
Fialen bekrönte Strebepfeiler mit kräftig ausgebildeten Wasser-
schlägen. Hinter diesen befindet sich ein zweites, unprofiliertes
Pfeilerpaar, das den mit Krabben belegten Kielbogen stützt.
Der Aufbau bleibt gegenüber der verräumlicht konstruierten
Figurennische des Hl. Gregor in süd IV ganz in der Fläche ver-
haftet.
Der Hintergrund innerhalb der Architektur ist mit radierten
Blattmustern reich ornamentiert; der Kielbogen dagegen wächst
hinter einem Teppichmuster aus violetten und grünen Kreuz-
blattquadraten auf. Vergleichbare Blattquadrate im farbigen
Wechsel finden sich als Hintergrund im Tabernakelfenster Lhs.
süd XIV des Regensburger Domes49. Trotz starker Korrosion
ist auf dem blauen Mantel auch das außenseitig aufgetragene
Stoffmuster aus Blütenkreisen zwischen Blattkaros stellenwei-
se noch sichtbar, das erneut in der Dalmatik des Hl. Ambrosius
im Regensburger Tabernakelfenster wiederkehrt50.
CVMAT 5958, 5959, Detail T 5960
Großdia T XIII/65
LANGHAUSFENSTER süd IV
Fig. 96, 104, Abb. 42, 46
Lichtes Gesamtmaß: H. ca. 1,65 m, B. ca. 0,35 m.
Einfache Fensterlanzette aus zwei Rechteckfeldern und einer Kopfscheibe.
2/3 PAPST GREGOR DER GROSSER)
Fig. 96, 104, Abb. 42, 46
H./B.: 2: 65,5/33,5 cm5 3: 25,5/31 cm-
Erhaltung: In Feld 2 im Architekturrahmen ein seitenverkehrt
eingesetztes Flickstück. Der ehemals blaue Hintergrund und
der rosafarbige Mantel des Heiligen sind durch Korrosion voll-
ständig verdunkelt. Allein die roten und gelben, stellenweise
auch grünen Farbgläser erwiesen sich gegenüber der Witterung
als resistent, wodurch heute eine verfälschende warmtonige
Farbigkeit dominiert. Geringfügige Ergänzungen. In der Kopf-
scheibe (3) sind mehrere Blattquadrate erneuert; die Bemalung
der Kreuzblume ist stark abgängig. Die seitlichen Zwickel der
ursprünglich genasten Scheibe wurden erst im Zuge der Re-
staurierung von 1907 angesetzt.
Ikonographie: Der Heilige hält in seiner Linken einen Kreuz-
stab, eine allein dem Papst zustehende Insignie, wie sie im
Querhausfenster süd VII des Regensburger Domes auch von
Petrus geführt wird, der darüber hinaus noch einen Schlüssel
präsentiert51. Einen Hinweis zur Identifikation des Heiligen
kann das Regensburger Tabernakelfenster süd XIV geben, das
die Menger-Werkstatt in der Nachfolge der Geislinger Vergla-
sung ausführte. Die dort inschriftlich bezeichnete Figur des
Papstes Gregor weist bezüglich ihrer Körperhaltung und der
spezifischen Form der Tiara (kegelförmiger Hut mit abschlie-
ßendem Knauf) eine große Nähe zu dem Geislinger Heiligen
auf, doch hält Gregor ein Buch anstelle des Kreuzstabes in den
Händen52. Dennoch hat die Gleichsetzung mit dem erst 1295
Fig. 104. ES Lhs. s IV, 2/3.
M 1:15
heiliggesprochenen Papst einige Wahrscheinlichkeit für sich,
zumal Gregor der Große sicher zu den populärsten Papstheili-
gen zählte und wiederholt auch mit Ferula als einzigem Attri-
but dargestellt wurde.
Der Heilige in Pontifikaltracht wendet sich in spiegelbildlicher
Entsprechung zu Petrus nach links; in seiner Linken hält er
den schräg gestellten Kreuzstab, mit seiner rechten erhobenen
Hand erteilt er den Segen. Der Papst trägt wie alle männlichen
Heiligen in Geisling halblanges, leicht gewelltes Haar und ei-
nen zarten Bart.
Komposition, Ornament, Farbigkeit: Wie im Barbara-Fenster
stützen fialenbekrönte Strebepfeiler einen Kielbogenaufbau.
46 Vgl. Stein-Kecks/Meier 1995, S. 424, Abb. 136 (Kanonikalhof);
Fritzsche 1987, II, Abb. 333 (Qhs. NORD VI, 1/20).
47 Wien, ÖNB, Cod. 1939, fol. 205V. Jenni/Theisen 2004, Textbd.,
Nr. 18, S. 104-106.
4^ Zu dem Besitz dieses Familienzweigs auf dem Burgtor vgl.
Hoernes 2000, S. 101-106.
49 Fritzsche 1987, II, Abb. 481L (6/72 und 6/70).
50 Ebenda, Abb. 480 (4/$d).