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bei den irdischen Gütern, die der Kirche einst zum Unterhalt ihrer Diener und zur Erfüllung
ihrer Aufgaben gewidmet wurden und die sich schliesslich zu einer Quelle ernster Gefahr
für sie entwickelten. Den Fürsten erschien es ganz natürlich, zu Gunsten ihrer Politik aus
diesen Stiftungen, die zum grossen Theil von der Freigebigkeit ihrer eigenen Vorfahren
herstammten, Nutzen zu ziehen; in dieser Absicht benutzten sie das Verleihungsrecht,
das ihnen an Bisthümern und Abteien zustand, um sich treu ergebene Parteigänger und
werthvolle Stützen bei ihren weltlichen Händeln zu schaffen, Der Adel seinerseits sah
sein Vermögen und damit seinen Einssuss unaufhaltsam dahinschwinden, unter der
Einwirkung verschiedener Ursachen, insbesondere der Kreuzzüge, die ihn zu gleicher
Zeit viel Geld und Gut gekostet und seine Reihen gelichtet hatten. Seine Güter bestanden
der Hauptsache nach in Grund und Boden und sonstigem unbeweglichen Vermögen; sie
brachten nur bescheidene und namentlich nur wenig steigerungsfähige Einnahmen,
während die Ausgaben sehr starke Neigung hatten, sich zu erhöhen. Bei jeder Gelegenheit
war das Gleichgewicht im Haushalte gestört, und dann blieb nur die Zussucht zu Anleihen
oder zu theilweiser Veräusserung der Güter übrig. Arbeit in all' ihren verschiedenen
Formen ist bekanntlich die einzige Quelle wahren Reichthums: sie erschasft, erhält und
mehrt ihn; gerade die Arbeit aber blieb dem Adel, nach den Sitten der Zeit wie nach seinem
eigenen Geschmack, völlig fremd.
Im Gegensatz dazu stieg, insbesondere in den Städten, die Wohlhabenheit der
bürgerlichen Kreise von Tag zu Tag, durch Handel und Industrie, durch arbeitsames und
sparsames Leben. Diese Entwicklung konnte dem Adel nicht entgehen; er fühlte neben
sich eine bisher unbekannte Macht, die des beweglichen Vermögens, heranwachsen, ohne
seinerseits ein Mittel zu sinden, auch die eigenen Einnahmen im gleichen Verhältnisse zu
vermehren. Das bedeutete für ihn den Anfang des Verfalls. Nichts war da natürlicher,
als dass er begehrlich auf jene Waldungen und Gemeingüter blickte, die in alter Zeit
seine Vorfahren den Bauern überlassen, auf jene Ackerfelder und Zehnten, mit denen
sie die Klöster und Kirchen ausgestattet hatten. Damals ziemlich werthlos, hatten sie
inzwischen, durch die schwere Arbeit der Bauern, durch die intelligente Bewirthschaftung
der Mönche, Werth gewonnen. Das ganze Streben des Adels ging nun daraufhin,
diese Güter wieder an sich zu bringen. Bezüglich der Gemeingüter kennt man die
Anstrengungen, die er allenthalben machte, um sie wieder in seinen Besitz zu ziehen, man
kennt die endlosen Prozesse, zu denen sie Jahrhunderte hindurch Anlass gegeben haben,
wobei übrigens oft auch das Recht thatsächlich auf Seiten des adeligen Herrn war;
denn auch die Bauern ihrerseits schreckten vor Eingriffen in den Besitz des Adels, wenn
es sich irgendwie machen liess, keineswegs zurück. Man braucht nur an die masslosen
Forderungen zu denken, die bei den Bauernkriegen aufgestellt worden sind.
Bei den Kirchengütern lag die Sache viel einfacher. Unter dem Rechtstitel des
Schirmvogtes konnte man unschwer seinen Besitz auf Kosten der alten Abteien erweitern.

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