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https://doi.org/10.11588/diglit.22059#0103
DIE KATHEDRALE
IN DER REVOLUTIONSZEIT
ie erschöpfende Geschichte der Revolution im Elsass und insbesondere
in Strassburg ist noch immer nicht geschrieben, zum Bedauern von
allen, die sich eine genauere Vorstellung davon zu machen wünschen,
was in jener traurigen Zeit die zahllosen Opfer der neuen Bewegung
zu erdulden gehabt haben. Die Umsturzmänner sind wahrhast erfinderisch gewesen
in Grausamkeiten aller Art. Gerade die Elsässer hat man auf das Tiesste verwundet in
allem, was ihnen besonders lieb und theuer war; und dabei scheinen gewisse Schrist-
steller noch zu glauben, dass die Elsässer eigentlich verpflichtet gewesen wären, all'
das Neue, das man ihnen gewaltsam aufdrängte, mit Dank entgegen zu nehmen.
Das heisst denn doch zu viel verlangt von einem Volke, das nicht von langer
Hand auf einen gewaltsamen Bruch mit seiner Vergangenheit vorbereitet war. Dank den
sprachlichen Verhältnissen war es von der Philosophie des 18. Jahrhunderts ziemlich
unberührt geblieben, ebenso wie von dem zerstörenden Einslüsse des Jansenismus, der
so viele andere Gegenden Frankreichs unterwühlt hatte. Im Elsass hatten allerdings die
monarchischen Anschauungen im Volke niemals tiefe Wurzeln geschlagen; Jahrhunderte
hindurch hatte es unter einem halb republikanischen Regiment gelebt, das sich unge-
hindert unter dem deutschen Kaiserthum entfalten konnte. Nur der Klerus war mehr
in monarchischen Ideen aufgezogen worden; nur er und der Adel waren von Grund aus
royalistisch, und sie beide sind denn auch in gleicher Weise an Hab und Gut, wie
an ihrem Glauben schwer betrosfen worden.
Aller Einfluss des Klerus hätte aber nicht ausgereicht, die grossen Massen aus
ihre Seite zu bringen, wenn die Revolution sich in vernünftigen Schranken gehalten
hätte. Sie war thöricht genug, die Männer, die das Volk ausrichtig verehrte, durch jene
wohlbekannten Leute zu ersetzen, die in unserem Lande ein so trauriges Andenken
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IN DER REVOLUTIONSZEIT
ie erschöpfende Geschichte der Revolution im Elsass und insbesondere
in Strassburg ist noch immer nicht geschrieben, zum Bedauern von
allen, die sich eine genauere Vorstellung davon zu machen wünschen,
was in jener traurigen Zeit die zahllosen Opfer der neuen Bewegung
zu erdulden gehabt haben. Die Umsturzmänner sind wahrhast erfinderisch gewesen
in Grausamkeiten aller Art. Gerade die Elsässer hat man auf das Tiesste verwundet in
allem, was ihnen besonders lieb und theuer war; und dabei scheinen gewisse Schrist-
steller noch zu glauben, dass die Elsässer eigentlich verpflichtet gewesen wären, all'
das Neue, das man ihnen gewaltsam aufdrängte, mit Dank entgegen zu nehmen.
Das heisst denn doch zu viel verlangt von einem Volke, das nicht von langer
Hand auf einen gewaltsamen Bruch mit seiner Vergangenheit vorbereitet war. Dank den
sprachlichen Verhältnissen war es von der Philosophie des 18. Jahrhunderts ziemlich
unberührt geblieben, ebenso wie von dem zerstörenden Einslüsse des Jansenismus, der
so viele andere Gegenden Frankreichs unterwühlt hatte. Im Elsass hatten allerdings die
monarchischen Anschauungen im Volke niemals tiefe Wurzeln geschlagen; Jahrhunderte
hindurch hatte es unter einem halb republikanischen Regiment gelebt, das sich unge-
hindert unter dem deutschen Kaiserthum entfalten konnte. Nur der Klerus war mehr
in monarchischen Ideen aufgezogen worden; nur er und der Adel waren von Grund aus
royalistisch, und sie beide sind denn auch in gleicher Weise an Hab und Gut, wie
an ihrem Glauben schwer betrosfen worden.
Aller Einfluss des Klerus hätte aber nicht ausgereicht, die grossen Massen aus
ihre Seite zu bringen, wenn die Revolution sich in vernünftigen Schranken gehalten
hätte. Sie war thöricht genug, die Männer, die das Volk ausrichtig verehrte, durch jene
wohlbekannten Leute zu ersetzen, die in unserem Lande ein so trauriges Andenken
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