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Demmin, August
Handbuch der bildenden & gewerblichen Künste: geschichtliche, archäologische, biographische, chronologische, monogrammatische und technische Encyclopaedie der Baukunst, Bilderkunde, Bildhauerei, Buchbinderei, Buchdruckerei, Buchmalerei ... (Band 1): Encyclopädie der Schriften-, Bilder und Wappenkunde, Trachten, Geräthkunst, Gefässkunde, der bürgerlichen und kirchlichen Baukunst, Kriegsbaukunst und Schiffsbaukunst: mit über 1000 Abbildungen — Leipzig, [1877]

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https://doi.org/10.11588/diglit.23810#0134
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126

Erster Theil. Wappenkunde.

Tacitus legt dem Arminius (Historiae I, 59) die Aeusserung" in den
Mund: cerni adhuc Germanorum in lucis signa Romana, quae Diis
patriis suspenderit (noch sehe man in den deutschen Wäldern die
Feldzeichen der Römer, welche er den heimischen Göttern zu Ehren
da aufgehängt habe); dieser Ausspruch, zusammengehalten mit einer
anderen Stelle (de moribus Germanorum C. VII): Effigiesque et
signa quaedam detracta lucis in proelium ferunt, erklärt durch
Historiae VI, 22: hinc veteranarum cohortium signa, inde de-
promptae silvis lucisque ferarum imagines, ut cuique genti inire
proelium mos est; also mit der Sitte, Götterbilder und Feldzeichen
aus den heiligen Hainen in die Schlacht zu tragen, worunter Dar-
stellungen wilder Thiere sich befanden, sowie endlich mit der Sitte,
dass es für schmachvoll galt, den Schild im Kampf einzubüssen, —
trägt dazu bei, die im Obigen wiedergegebene Meinung Gatterer's
über den Ursprung des Wappenwesens zu rechtfertigen.

Zu Beginn des 10. Jahrhunderts waren die Turniere in Deutsch-
land schon allgemein verbreitet. — Von den 180 grösseren regel-
rechten Turnieren oder Waffenspielfesten, welche die Geschichte
verzeichnet hat, ist das erste in Deutschland 842 unter Karl dem
Kahlen in Strassburg abgehalten worden. Ihm ging nur das 811
in Barcelona bei Krönung des Grafen Linofre stattgehabte grosse
Stechen voraus (siehe S. 61 meiner Waffenkunde). — Bald darauf
wurden die Wappen erblich, also Familienabzeichen, und als solche
durch die Franken in Gallien eingeführt; die Normannen, denen Manche
diese Einführung zuschreiben, führten zu jener Zeit noch immer nur
persönliche, nicht erbliche Wappen, meist mit phantastischen Thier-
bildern. Seit dieser Zeit, also lange vor den Kreuzzügen, musste der
Ritter an der Schranke des Kampfplatzes Schild und Helm aufhängen,
damit der Herold seine Turnierfähigkeit prüfen konnte. Im 11. Jahr-
hundert, bei Beginn der Kreuzzüge, hatte beinahe ganz Europa die
Schildzeichen und Helmzeichen angenommen, und seitdem blühte
die Heraldik bei allen christlichen Völkern, sowie bei den Mauren
Spaniens. Da etwa um dieselbe Zeit die Familiennamen entstanden,
indem Bürgerliche sich nach ihrem Stand, Adelige aber nach ihrem
Besitz Zunamen beilegten, so wurden bei Theilung von Familien auch
Veränderungen des Wappens durch Beizeichen etc. nöthig. — Wie
erwähnt, kündete, d. h. erklärte, beim Turnier der Herold nach

(cf. auch Verg. VIII, v. 588: et pictis conspectus in armis) mit Gold und Silber ver-
zierte Waffen gewesen seien; Servius aber, der Exeget des Vergilius, erwähnt zu Verg.
Aen. XI, 93, dass Bacchylides in seinen Dithyramben berichte, die Arkadier hätten
auf ihren Schilden die Figuren der Götter gemalt getragen (cf. auch Verg. Aen. VII,
v. 796: picta arma Amazonum). Ob das ,,pura" und „alba parma" nur Schilde ohne
Wappen oder nur allgemein unverzierte Waffen bezeichnet, ist dunkel; jedenfalls
durften aber die Anfänger im Kriegerstand noch keine picta arma tragen, denn dies
galt sicherlich als Auszeichnung. Uebrigens schon Aeschylos in den Septem ad The-
bas, v. 588 seq., sagt: orjua ä ovx tnrjv xuyj.o) ovyap doxtlv ctQiOTog, all tivai &iku.
also = kein Zeichen war auf dem Schildrunde, denn er will nicht der Beste scheinen,
sondern der Beste sein; auch Euripides, Phoen. v. II 19, spricht von uarj/xa onka -
Waffen ohne Zeichen oder Bilder. — Der Brauch entstand also nicht zuerst bei den ger-
manischen Völkern des Nordens. Das älteste Wappenbild dürfte demnach wohl das
Haupt der Medusa an der Aegis der Pallas Athene sein. Anm. d. Uebers.
 
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