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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Designtheoretisches Kolloquium — 11.1987

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Sieg, Elard: Zwei Aspekte der Gestaltung
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https://doi.org/10.11588/diglit.31835#0194
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Neu /1/ verweist in diesem Zusammenhang auf Habermanns (Fachhoch-
schule Darmstadt) Ziel, syntaktische Regeln für den formalen Zeichen-
aufbau analog zum strukturierten Sprachsystem zu entwickeln. Ein
strukturiertes Sprachsystem besitzt allerdings einen bestimmten Zei-
chenvorrat als kollektiv vereinbarten sprachlichen Code Punkt, Linie,
Farben, Helligkeiten als visuelle Zeichenelemente sind aber besten-
falls Zeichenträger, haben also keine dem Morphem bzw. Sem analoge
Elementarbedeutung innerhalb eines Systems vereinbarter Codes. Der Auf
bau einer Syntax unter diesen Voraussetzungen ist nicht möglich. Der
Versuch, ästhetische Formierung allgemein bestimmten strukturellen
Regeln zu unterwerfen, funktioniert bislang wohl nur auf einer Ebene,
die dem Grad der Bewußtheit der Wirkung einer Gestalt nach unterhalb
des diskursiven Denkens liegt; gemeint ist die Ebene perzeptiver
Strukturbildung.

Zitzmann bezieht sich in seinem Beitrag zur Theorie visueller Ge-
staltung /2/ auf die Regelhaftigkeiten der Strukturbildung dieser
Ebene, die er konkret in den anthropomorphen Gestaltungsgesetzen
und den Gestaltfaktoren der Gestalttheorie findet. Diese Gesetze -
besser: Regeln - beschreiben qualitativ die Wirkung bestimmter form-
struktureller Beziehungen und sind letztlich Ausdruck struktureller
Bedingungen im Prozeß der visuellen Wahrnehmung. Phylogenetisch
herausgebildet sind sie Ergebnis ständig akkumulierter Seherfahrun-
gen des Menschen in seiner natürlichen Umwelt und stellen relative
Invarianten im Prozeß der Wahrnehmung dar. Informationstheoretisch
interpretiert widerspiegeln diese Strukturierungsregeln die Optimie-
rung der Informationsaufnahme auf ein Optimum hin im Verhältnis von
Originalität und Redundanz in der formalen Struktur. Sie sind ur-
sprünglich von biologischer, arterhaltender Notwendigkeit. Mit diesen
Strukturierungsregeln sind Elementarbedeutungen qualitativer Art an-
gezeigt, die nullte bzw. erste Stufe der Zeichenbildung.

Zitzmann hat diese Strukturierungsregeln zum inhaltlichen Bestand
seiner Ordnungsprinzipien Über-, Unterordnen und Anordnen gemacht,
auch wenn diese Begriffe das beim ersten Hören nicht "hergeben". Wie
im einzelnen die Wirkung dieser Strukturierungsregeln innerhalb des
didaktischen und methodischen Konzeptes seiner Lehre bewußt gemacht
und geübt werden, soll hier nicht weiter Gegenstand der Erörterung
sein.

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