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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Designtheoretisches Kolloquium — 12.1988

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Albrecht, Jürgen; Saalborn, Friedrich: Entwicklung und industrielle Erprobung des Programmsystems DECOS
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https://doi.org/10.11588/diglit.31836#0158
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3.5. Gebrauchsgrafik

Die Anwendung von Computertechniken in der Gebrauchsgrafik und für künstlerische
Zwecke ist international längst übliche Praxis. An unserer Hochschule ist Jochen FIEDLER
der erste Künstler, der solche Techniken als Arbeitsmittel eingesetzt, und mit dem DE-
COS-System Versuche unternommen hat. Er hat mit grafischen Strukturen experimentiert,
die zu Versuchszwecken generiert worden waren. Dabei wurde die Siebdrucktechnik ein-
gesetzt, die im Gegensatz zur derzeitig verfügbaren Rechentechnik gute Kolorierungs-
möglichkeiten bietet.

Die Grafik auf der Umschlagseite dieser Broschüre zeigt ein Ergebnis dieser experimentel-
len Arbeiten. Sobald das DECOS-System an unserer Hochschule verfügbar ist, wird der
Fachbereich Gebrauchsgrafik mit Sicherheit zu den Nutzern dieser Technik gehören.

4. Anwendererfahrungen

Die bisherigen Anwendererfahrungen haben gezeigt, daß der in der Decos-Formel zum
Ausdruck kommende Basisalgorithmus des Systems unter den gegenwärtigen techni-
schen Voraussetzungen anwendergerecht ist. Diese Erkenntnis ist von grundsätzlicher Be-
deutung, weil sie die Grundkonzeption des Systems betrifft und die vom Nutzer anzuwen-
dende Technologie determiniert.

Es ist für den Nutzer erforderlich, diesen Algorithmus zu begreifen, weil er allen technolo-
gischen Überlegungen zugrunde liegt. Das führt in der Anfangsphase zwar zu erheblichen
mentalen Belastungen, letztendlich ermöglicht aber gerade dieser Basisalgorithmus erst
die modulare Arbeitsweise, die einfachste Erzeugung einer praktisch unendlichen Varian-
tenvielfalt und die universelle Wiederverwendbarkeit der sog. Jeeren' Objekte.

Eine weitere wesentliche Erfahrung, die bei der Nutzung der Computertechnik gewonnen
wurde besteht darin, daß sich die Arbeitsweise des Gestalters unter dem Einfluß dieser
Technik ändert, besser gesagt: ändern muß. Jede Arbeitsweise ist von den zur Anwen-
dung kommenden Werkzeugen abhängig. Das gilt insbesondere auch für den Einsatz von
CAD-Techniken. Die Frage, wie sich die Arbeitsweise von Designern unter diesen Bedin-
gungen verändert ist deshalb so schwierig zu beantworten, weil heute solche Technik nur
punktuell existiert und deshalb wenig Erfahrungen über den Umgang von Designern mit
dieser Technik vorliegen.

Unsere Erfahrungen bei der industriellen Produktentwicklung unter Nutzung des DECOS-
Systems zeigen, daß sich die Arbeitsweise von Gestaltern an einem CAD-System von der
üblichen Arbeitsweise wie folgt unterscheidet (die Aufzählung stellt keine Rangfolge dar):

- Die CAD-Technik stellt nicht das alleinige Werkzeug dar, sondern während des gestal-
terischen Entwicklungsprozesses findet ein ständiger Wechsel zwischen konventionel-
len und rechentechnischen Werkzeugen statt.

- Abhängig von der Komplexität der in einem System angebotenen Werkzeuge ist eine
erhebliche Anlernzeit erforderlich, bevor das System mit allen Raffinessen beherrscht
wird. Bei DECOS-System beträgt die Anlernzeit ca. 300 bis 500 Stunden.

- Es ist notwendig, vor Arbeitsbeginn am CAD-System die gestalterische Aufgabenstel-
lung zu klären. Am System muß der Nutzer wissen, was er vom System will, das System
sagt ihm das nicht. Es liefert auch nicht automatisch ,gute' Entwürfe.

- Am System steht der Gestalter permanent unter Zeitdruck und Entscheidungszwang,
weil jede Rechnerstunde Geld kostet (90 bis 150 Mark, bei größeren Rechnern bis zu
1000 Markl), und der Rechner sehr schnell arbeitet und ständig auf neue Eingaben war-
tet.

- Der Gestalter muß die Möglichkeiten des Systems gut kennen, um computergerecht ar-

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