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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Designtheoretisches Kolloquium — 12.1988

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Werler, Karl-Heinz: Computergrafie: Grundzüge einer Computeranwendung in der freien Grafik
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https://doi.org/10.11588/diglit.31836#0163
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COMPUTERGRAFIE

Grundzüge einer Computeranwendung in der freien Grafik

Der Begriff „Computerkunst" führt oftmals bei Personen ohne eigene Erfahrung im Um-
gang mit dem Computer zu falschen Assoziationen und demzufolge zu daraus abgeleite-
ten, unberechtigten Schlußfolgerungen und unzutreffenden Vorstellungen über die tat-
sächliche Rolle des Computers bei seiner Anwendung im Bereich der bildenden Kunst.
Aus Unkenntnis des wahren Sachverhaltes werden sowohl Voreingenommenheit und Ab-
lehnung aufgebaut, aber auch Euphorie und Hoffnungen geweckt.

Eine richtige Einordnung des Computers in den Fachprozeß ist die Voraussetzung einer
produktiven Auseinandersetzung mit diesem technischen Hilfsmittel für die Bewältigung
der Aufgaben im jeweiligen Fachgebiet. Ohne dieses Wissen werden die kreativen und ef-
fektiven Möglichkeiten moderner Computertechnik verkannt bzw. ihre Leistungsfähigkei-
ten und Wirkungen im Fachgebiet unter- oder auch überschätzt. Das führt zur Ablehnung,
blockiertein Aufeinanderzugehen von Künstlern bzw. Kunstwissenschaftlern und Informa-
tikern. Oft wird sogar der Dialog miteinander als unseriös abgetan.

Ein ewiges Problem im Verständnis von Wissenschaftler und Künstler tut sich hier wieder
einmal auf, ein Verhältnis, welches bereits vor mehr als 50 Jahren den Leipziger Nobel-
preisträger Wilhelm Ostwald in seiner Arbeit über das Erfinden zu folgender Feststellung
veranlaßte:

„Und noch heute wird. der Gedanke, Kunstwerke durch Anwendung der Wissenschaft
besser und wirksamer zu gestalten mit Hohnschrei empfangen und insbesondere die
Künstler, welche dadurch die allergrößte Förderung erfahren würden, lehnen ihn mit mo-
ralischer Entrüstung als unlauteren Wettbewerb ab" [1],

Wie sind sonst Diskussionsansätze zum Komplex „Computer-Kunst", in der Zeitschrift „Bil-
dende Kunst" 1986/87 geführt, zu verstehen. Sind sie Ausdruck einer gewollten Ableh-
nung und von Bestrebungen, das Feld traditioneller, „handgemachter" Kunst frei von Aus-
wirkungen neuer Techniken zu halten, was aus folgenden Zitaten zu deuten ist: „Der
Computer hat keine Gefühle, keine Phantasie. Künstlerische Bilder wird er also niemals
machen, da er die Wirklichkeit nicht subjektiv werten kann ... Mit der Weiterentwicklung
freier Grafik hat das nichts zu tun" [2].

Oder kann man die Feststellung: „Das Potential des Computers für Phantasie und schöpfe-
rische Expansion der Sinne und des Denkens ist prinzipiell unbegrenzt, aber dies vor-
nehmlich jenseits der bildenden Kunst" [3] als vorsorgliches Offenhalten einer Tür zu
neuen Freiräumen im Denk- und Produktionsprozeß verstehen?

Aus den dort angerissenen Fragestellungen und versuchten Antworten leitet sich durch-
aus der Eindruck einer gewissen Angst vor einer Rationalisierung und damit notwendig
folgenden Entmystifizierung der Prozesse der bildenden Kunst ab. Es ist eine Angst, die
anfänglich wohl alle zunächst spektakulär erscheinenden Anwendungen des Computers
begleiteten und damit eher wieder zu einer Mystifizierung des Computers führten.
Greifen wir drei Gedankten heraus, die sich mit dem Begriff „Computerkunst" unweiger-
lich verbinden:

Befreien wir uns zukünftig von einer engen Verknüpfung der Worte „Computer" und

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