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mals noch türkischen, im herrlichen Sonnenschein vor nns liegenden
Küste von Epirus dnrch den Golf von Korinth und den für
kleinere Schisfe zugänglichen Kanal des Isthmus direkt nach
Athen. Vom Kongresse selbst, der megen des Zusammentreffens
mit dem Universitätsjubiläum sehr unordentlich geleitet wurde,
habe ich nur wenig gesehen, doch einige wertoolle Bekanntschaften
gemacht. Die interessanteste war jedenfalls die des Königs. Er
gab im Palaste des Kronprinzen einen Empfang, zu dem auch
ich als Delegierter eingeladen war, und hier stand König Eeorgios
zwanglos und von Orientalisten umschwärmt in der Mitte eines
großen, doch mehr behaglich als lururiös ausgestatteten Saales.
Mein alter Bekannter, Professor Lambros, zeitiger Rektor der
Universität und Präsident des Kongresses, stellte mich dem König
vor, und ich hatte mit diesem eine längere, sehr angenehme Unter-
haltung. Schon am 12. April, während noch der Kongretz tagte,
verließen wir Athen und fuhren mit zusammengestellten Rund-
reisebilletten, in welchen Eisenbahnen, Dampfschiffe, Wagen, Pferde
zum Ritt auf Akrokorinth und Hotels nach Tag und Stunde aufs
beste vorgesehen waren, zunächst nach Mykene, wo ich auf der
Höhe zwischen der Burg und dem Trümmerfeld der Stadt an
passendster Stelle den hier spielenden Eingang der Electra des
Sophokles mit Diotima zusammen las. Drei griechische Knaben
blickten mir über die Schulter ins Vuch, ich ließ sie lesen, welches
sie ganz richtig ausführten, und, bei der nahen Verwandtschaft
des Neugriechischen mit der alten Sprache, wie ich annehmen
darf, auch dem Jnhalt nach richtig verstanden haben. Von
Mykene ging es nach Argos über Tiryns mit seinen kolossalen
Mauern und Gewölben nach Nauplia, von wo wir in langer, er-
müdeuder Wagenfahrt durch teilweise öde Gegenden Epidauros
und sein berühmtes Theater erreichten. Wir stiegen zu den
höchsten Sitzen hinauf, wo gerade auch einige Engländerinnen
herumkletterten, und ich forderte Diotima auf, stehenzu-
bleiben, um die Akustik zu prüfen, während ich zur Bühne
hinuntereilte, um dort etwas vorzutragen. Jetzt werden wir
wohl „Die Wacht am Nhein" zu hören bekommen, sagten die
englischen Gänschen. Ich rezitierte einiges aus Äschylos und So-
phokles ohne besondere Anstrengung der Lungen, und es war
 
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