Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 9.1864

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13518#0299

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
291

Zieles durchzuarbeiten. Will man aber, wie das ja in
Ermangelung innerer Gründe so bequem ist, auf die alten
Meister sich berufen, die ja die „Venus" so oft gemalt
haben, so erwiedern wir: Die alten Meister haben schöne
nakte Frauengestalten gemalt und sie Venus genannt,
nichts weiter. Wenn darin allein der Beweis liegt, so
ist er ein sehr schwacher. Bei Titian's berühmter „Ve-
nus" sitzt ein venetianischer Edelknabe mit Puffärmeln
und Barett, der ihr etwas aus der Maudoline verspielt:
Das weiß jeder, und doch behauptet man, es sei eine
„Venus". Dieser Anachronismen wegen sind die großen
Meister nicht groß, sondern trotz dieser Anachronismen.
Oder will man aus dem Grunde, weil Paul Veronese
„Die Hochzeit zu Cana" als das Gastmahl einer An-
zahl von vornehmen venetianischen Nobili mit deren Da-
men darstellt, den Schluß ziehen, daß auch jetzt noch die
Hochzeit zu Cana in diesem Kostüm, oder gar konsequen-
ter Weise in dem heutigen — etwa Christus im Frack und
Maria in der Krinoline! — dargestellt werden müßten? Man
sieht, zu welchen lächerlichen Konsequenzen, diese Traditions-
reiterei führt. Doch genug.

3. Was wir beweisen wollten und nun noch einmal
zusammenfassen, ist dies: Motive, wie das oben angege-
bene, gehören weder zur Historienmalerei noch sind sie über-

haupt malerisch^). Wären sie aber auch beides, so wür-
den sie doch durchaus ung eeignet für eine Schülerkon-
kurrenz sein. Wer von diesen jungen Leuten besitzt wohl
eine hinlängliche Kenntniß von dem Geist des Alterthums,
um, daraus schöpfend, die antiken Ideen in wirklich cha-
rakteristischer Weise zu gestalten? Das wäre kaum einem
fertigen Künstler möglich; wir sagen kaum — denn auch
unseren meisten „fertigen Künstlern" geht jene genaue, nur
aus langjährigem gründlichem Studium, wie es Ge-
ll elli besitzt, zu schöpfende Kenntniß des antiken Lebens
ab, um solche Motive in wirklich antikem Geist zu be-
handeln. Will man den jungen Leuten aber nur Gele-
genheit geben, ihr Wissen in der Darstellung nakter Kör-
persormen zu dokumentiren, so gäbe es dafür wohl näher
liegende Themata, und wenn es auch nur ein Genrebild
aus dem Treiben einer Badeanstalt wäre. M. Sr. *)

*) Wir statuiren nur eine einzige Ausnahme von dieser Re-
get, daß Motive, der klassischen Mythologie entnommen, unma-
lerisch sind, nämlich wenn sie als Wandgemälde für die Dekora-
tion eines bestimmten Raumes behandelt werden, und auch hier
nur dann, wenn sie sehr diskret in der Farbe, etwa in einem
Halbsarbenton gehalten sind. Sie stellen sich dann in die Kate-
gorie des Ornaments und haben als solches eine bedingte Berech-
tigung. D. R.

Wilder aus Wald und Aeld.

Landschaftliche Studien von M. Sr. (Fortsetzung.)

1. Die Eiche. (Schluß.)

Gehen wir jetzt aus die Unterschiede der Gestaltung
in den besondern Arten der Eiche über.

Es giebt in Deutschland drei Hauptarten von Eichen:
1) Die Sommereiche (querous pendiculata) oder Stiel-
eiche (wegen der größeren Länge der Fruchtstiele). 2) Die
Wintereiche (querem robur), auch Steineiche, Trauben-
eiche. 3) Die Cerreiche (quercus cerris).

a) Die Sommereich e, welche sich häufiger in son-
nigen Thälern und am Fuß der Gebirge als aus den
Höhen findet, vollendet ihren Wuchs in 150—200 Jahren
und erreicht eine Höhe von IM—120 Fuß mit 3—4 Fuß
mittleren Stammdurchmesser. Sie hat eine oft 7—8 Fuß
tiessteigende Pfahlwurzel und viele kräftige Seitenwurzeln,
deren Ansatz oft schon einen oder mehrere Fuß über den
Boden zu Tage liegt. Der Stamm, welcher gedrungen
und im Verhältniß zur Länge sehr stark ist, steht meist
senkrecht oder durch seinen Standpunkt geneigt. Seine
Rinde, welche eine dunkle, in's Bräunliche übergehende
Farbe hat, ist vom Fuße auf in rautenförmige Verzwei-
gungen gerissen, die unregelmäßige Rippen bilden. Diese
bewegen sich mit dem Schafte selten parallel, sondern fol-
gen den leiseren oder gewaltsameren Wendungen der Frost-
risse, von denen wenige Eichen frei sind. — Die Aeste ge-
hen kräftig in den verschiedensten Richtungen vom Schaft
aus und machen alle möglichen Versuche, an das Licht
zu kommen. Die Langsamkeit des Wuchses bringt in ihrer
Gestaltung eine große Mannigfaltigkeit der Wendungen
und eine bedeutende Verjüngung nach den Zweigenden
hervor, so daß auch hierin sich der Charakter des Ge-
drungenen, Starren, Unregelmäßigen offenbart. Höher
hinauf, wo die Krone mehr dem Lichte ausgesetzt ist, stre-

ben die Aeste mehr aufwärts und sind weniger belaubt.
In geschlossenen Wäldern ist ihr Stamm bis aus 50 —60
Fuß astfrei, rund und geraden Wuchses. Sie verliert
aber eben dadurch an individuellem Charakter, weil sie
aus ihrer persönlichen Selbstständigkeit zum Glieds einer
Gruppe degradirt wird. Die Krone ist dann dichter be-
laubt und daher im Ganzen massiger, ohne die malerische
Mannigfaltigkeit verschiedener Laubgruppirung, welche die
isolirte Eichengestalt so charakteristisch macht.

Die Wurzeln der Sommereiche gehen senkrechter und
daher tiefer als die der Steineiche, und bedürfen eines
bessern Bodens.

Das Laub der Sommereiche verbindet in seiner Grup-
pirung die spiralförmige mit der wirbelsörmigen Gestalt,
indem die Blätter an den Zweigen selbst wechselnd stehen,
während sie am Ende derselben selbst sternförmige Büschel
bilden, die auch den Laubgruppen die charakteristische Form
verleihen, und also den „Baunischlag" vorzugsweise bestim-
men. Die Form des Blattes ist länglich mit 3—5 Paar
tiefen Seitenausschnitten, welche jedoch gewöhnlich keine
Ecken bilden. Das Eichenblatt ist eins der größten Blät-
ter der deutschen Waldbäume, indem es oft gegen 8 Zoll
lang und über handbreit wird. Es besitzt ein kräftiges
Gerippe und feste Faserbildung. Seine Oberfläche ist
dunkelgrün und glänzend glatt, ohne sammtartige Weich-
heit. Normal gestaltete Blätter sind sehr selten, und es
herrscht in ihrer Formation innerhalb der allgemeinen
Bildungsgrenzen die größte Mannigfaltigkeit.

Die Sommereiche theilt sich wieder in verschiedene Un-
terarten, die wir hier nur der Vollständigkeit wegen an-
führen, da ihre Unterschiede aus dem landschaftlichen Ge-

*
 
Annotationen